KCK: Das Modell der demokratischen Nation ist die Lösung für Syrien

Die Alternative zum monistischen Nationalstaatsmodell in Syrien ist das Modell der demokratischen Nation, mit dem die gleichberechtigte, demokratische und freie Koexistenz aller Bevölkerungsgruppen gewährleistet wird.

Alternative zum monistischen Nationalstaatsmodell

Der Ko-Vorstand des Exekutivrats der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) hat in einer Stellungnahme zum Sturz des Baath-Regimes in Syrien darauf hingewiesen, dass das in den Nahen Osten exportierte Nationalstaatssystem der Realität widerspricht. In der neuen Ära empfehlen die Ko-Vorsitzenden der KCK das Modell der demokratischen Nation, das alle Bevölkerungsgruppen einschließt. Voraussetzung für eine demokratische Entwicklung sei die Freiheit der Frauen, das kurdische Volk kann eine entscheidende Rolle spielen, so die KCK. In der Erklärung heißt es:

Neue Ära in Syrien

Infolge der Entwicklungen in Syrien in den letzten zwei Wochen ist das Baath-Regime gestürzt worden und das Land ist in eine neue Ära eingetreten. Wir hoffen, dass die neue Situation dazu führen wird, dass alle Völker Syriens frei und gleichberechtigt zusammenleben können. Jahrzehntelang haben die Völker Syriens hart für die Schaffung eines demokratischen Syriens und die Entwicklung eines freien, demokratischen und gleichberechtigten Lebens in Syrien gekämpft und einen hohen Preis für diese Sache gezahlt. Wir sind davon überzeugt, dass das syrische Volk über die Erfahrung, das Bewusstsein und die Weisheit verfügt, um das zu verwirklichen, was es sich seit so vielen Jahren zum Ziel gesetzt hat. Wir hoffen, dass die Sehnsucht des syrischen Volkes erfüllt wird.

Das Nationalstaatsmodell widerspricht der Realität im Nahen Osten

Der Zusammenbruch des Baath-Regimes hat einmal mehr bewiesen, welches Ende das monistische Nationalstaatensystem nehmen wird. Das von der kapitalistischen Moderne erfundene und in den Nahen Osten exportierte Nationalstaatensystem ist die Hauptursache für die gesellschaftlichen Probleme, die im Nahen Osten im vergangenen Jahrhundert aufgetreten sind, sich vertieft haben und schließlich in eine Sackgasse geraten sind. Die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten haben erneut deutlich gezeigt, dass das Nationalstaatsmodell, das die Unterschiede, die Vielfalt und den Pluralismus in der Gesellschaft leugnet und auf Monismus basiert, der menschlichen Realität am meisten widerspricht und das schädlichste Modell für die Gesellschaft ist. Rêber Apo [Abdullah Öcalan] analysierte die Realität des monistischen Nationalstaatsmodells eingehend und zeigte den Widerspruch dieses Systems zum Wesen des Menschen und der Gesellschaft auf. Er wies darauf hin, dass die Gesellschaft dieses System nicht länger tolerieren kann und dass es unweigerlich überwunden werden wird. Das würde den Weg für einen demokratischen Wandel im Nahen Osten ebnen. Die Entwicklungen in Syrien haben diese historische Analyse von Rêber Apo bestätigt. Trotz aller Entwicklungen in Syrien in den letzten 14 Jahren hat das Baath-Regime diese Realität nicht erkannt; stattdessen beharrte es auf dem monistischen Nationalstaatssystem, leitete keinen demokratischen Wandel ein und hat letztendlich sein Ende gefunden.

Monismus versus Vielfalt

Als KCK sind wir ständig bemüht, das monistische Nationalstaatssystem in Syrien zu überwinden und einen demokratischen Wandel herbeizuführen. Das haben wir der syrischen Regierung wiederholt mitgeteilt. Wir haben erklärt, dass das monistische Nationalstaatsverständnis in Syrien aufgegeben werden und Schritte unternommen werden sollten, um den demokratischen Wandel zu verwirklichen, den das Land braucht. Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass dieser Prozess nicht hinausgezögert wird, damit die Menschen nicht noch mehr leiden. Dafür haben wir uns intensiv eingesetzt. Das kurdische Volk hat für eine demokratische Entwicklung in Syrien gekämpft und die Grundlagen dafür geschaffen. Es ist bekannt, dass die Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES) sich für die Demokratisierung Syriens einsetzt. Das Baath-Regime bestand jedoch auf dem monistischen Nationalstaat, was dazu führte, dass sich die Krise in Syrien verschärfte, die Lösung der Probleme aufgeschoben wurde und die Völker noch mehr litten.

Freie Koexistenz aller Bevölkerungsgruppen

Das Wichtigste, wonach sich die Syrerinnen und Syrer sehnen, ist eine demokratische Entwicklung. In einem demokratischen Syrien können alle Völker mit ihren unterschiedlichen Sprachen, Menschen aller Glaubensrichtungen und alle unterschiedlichen Kulturen gleichberechtigt und frei zusammenleben. Es ist die Lösung für die Probleme in Syrien. Die kurdischen, arabischen, drusischen, turkmenischen, assyrischen, ezidischen, armenischen, alawitischen, sunnitischen und alle anderen Bevölkerungsgruppen können auf dieser Grundlage ein neues Leben erschaffen, frei und gleichberechtigt zusammenleben und ein neues Syrien aufbauen, in dem die Rechte aller anerkannt werden. Die Entwicklung in Syrien könnte sich positiv auf den gesamten Nahen Osten auswirken und einen großen Beitrag zur Demokratisierung des Nahen Ostens leisten. Das kurdische Volk hat mit seinem Kampf bewiesen, dass es die dynamischste Kraft dafür ist. Als KCK werden wir unsere Haltung beibehalten und für die Entwicklung des Modells der demokratischen Nation kämpfen, das ein solches Leben vorsieht und auf Pluralismus, Vielfalt und dem Zusammenleben von Vielfalt in Einheit basiert. Um es noch einmal zu betonen: Die Alternative zum monistischen Nationalstaatsmodell, das die Ursache aller Probleme ist, ist das Modell der demokratischen Nation, in der die gleichberechtigte, demokratische und freie Koexistenz aller Bevölkerungsgruppen gewährleistet ist.

Freiheit der Frauen

In diesem Zusammenhang muss auch betont werden, dass die Freiheit der Gesellschaft nur durch die Befreiung der Frauen erreicht werden kann. Freie Frauen stehen für das Wesen und die Bedeutung der Gesellschaft. Das neue Syrien, das geschaffen werden soll, kann nur durch die Freiheit der Frauen demokratisch und frei sein. Im Kampf für die Befreiung der Frauen darf es keine Kompromisse und keine Rückschritte geben.

Der türkische Staat verhindert einen demokratischen Wandel

Der türkische Staat ist das größte Hindernis auf dem Weg zu einem demokratischen, freien Syrien, nach dem sich die Völker sehnen. Um die Entwicklung eines demokratischen und freien Lebens in Syrien zu verhindern, greift er Syrien seit vielen Jahren an und hält es besetzt. Trotz des Sturzes des Baath-Regimes hat der türkische Staat diese Haltung nicht aufgegeben. Der türkische Staat hat, genau wie das Baath-Regime, eine monistische Nationalstaatsmentalität. Mit seinen Angriffen und Aggressionen versucht er, das Verständnis von Herrschaft und das monistische System selbst in Syrien aufrechtzuerhalten. Der türkische Staat strebt nicht nur einen Völkermord an den Kurdinnen und Kurden an, sondern will auch einen demokratischen Wandel in Syrien verhindern, um die Fortsetzung des monistischen Nationalstaatssystems und des despotischen Regierungsverständnisses zu gewährleisten. Mit dieser Absicht hat der türkische Staat die sogenannte Syrische Nationalarmee (SNA) gegründet. Er greift Syrien selbst an und führt Angriffe durch die SNA aus. Mit diesem Vorgehen bedroht der türkische Staat die Einheit und Integrität Syriens und eine Entwicklung des Landes. Die syrischen Völker und Kräfte, die sich für ein neues, geeintes, demokratisches und freies Syrien einsetzen, dürfen dieses Vorgehen nicht akzeptieren und müssen sich gegen die Angriffe des türkischen Staates und der SNA wehren. Sie müssen sich dem Widerstand des kurdischen Volkes und der Völker Nord- und Ostsyriens anschließen.

Aufruf zu Solidarität und Widerstand

Wir rufen die demokratischen Kräfte der Welt auf, sich gegen die Invasion und die Vernichtungsangriffe des türkischen Staates zu stellen, sich dem Widerstand des kurdischen Volkes und der syrischen Völker anzuschließen und eine starke solidarische Haltung zu zeigen.

Alle Völker Nord- und Ostsyriens, insbesondere das kurdische Volk, müssen ihren Widerstand gegen die Angriffe des türkischen Staates und der im Auftrag des türkischen Staates handelnden SNA weiter verstärken. Unsere Völker müssen sich auf der Grundlage der Strategie des revolutionären Volkskrieges organisieren und ihre Selbstverteidigungsfähigkeiten ausbauen. Wenn sie sich auf dieser Grundlage organisieren, werden der Widerstand und der Kampf der Völker gegen alle Arten von Aggression siegen.

Der kurdische Kampf spielt eine entscheidende Rolle

Mit seinem Kampf hat das kurdische Volk einen großen Beitrag geleistet und eine entscheidende Rolle bei der Überwindung des monistischen Nationalstaatensystems und des despotischen Regierungsverständnisses im Nahen Osten gespielt. Wenn der Grundstein für die Entwicklung eines neuen und demokratischen Syriens gelegt wird, spielt der Kampf des kurdischen Volkes dabei eine entscheidende Rolle. Es hat Anteil an der Entstehung einer solchen Entwicklung nicht nur in Syrien, sondern auch im Nahen Osten. Es kann weder ein Syrien noch einen Nahen Osten geben, in dem die Realität und die Rechte des kurdischen Volkes nicht anerkannt werden. Das kurdische Volk wird einen Platz im neuen Syrien und im Nahen Osten haben.

In diesem Zusammenhang gratulieren wir allen Völkern Syriens. Wir sind davon überzeugt, dass die Völker gemeinsam ein gleichberechtigtes, demokratisches und freies Syrien schaffen werden. Wir rufen alle dazu auf, auf dieser Grundlage zu handeln.