Karayılan: Wer beharrlich auf Krieg setzt, wird verlieren

Murat Karayılan mahnt mit Blick auf die Möglichkeit zur Lösung der kurdischen Frage, Abdullah Öcalans ausgestreckte Hand anzunehmen. „Andernfalls geht der Krieg weiter und es ist ausgeschlossen, dass der türkische Staat diesen Krieg gewinnt.“

Interview zur Lage in Nahost

Murat Karayılan, Mitglied des Exekutivrats der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und Oberkommandierender der Volksverteidigungskräfte (HPG), hat sich in einem ANF-Interview zu aktuellen Themen geäußert, darunter zur Lage in Syrien und dem Kriegsgeschehen in Südkurdistan. Im Hinblick auf die derzeitigen Bemühungen um eine Wiederbelebung des Dialogprozesses mit Abdullah Öcalan betonte er, dass Frieden nicht durch Krieg und Drohungen erreicht werden könne.

Wir befinden uns im Monat Januar, einem Monat, der für den Widerstand der kurdischen Befreiungsbewegung im Hinblick auf bedeutende Gefallene eine besondere Bedeutung hat. Wollen Sie dazu etwas sagen?

Zuerst gedenke ich aller Januar-Gefallener mit Respekt, insbesondere unserer Freundinnen Sakine Cansız, Leyla Sorxwîn und Rûbar Dicle. Natürlich haben wir nicht nur im Januar, sondern auch in anderen Monaten wertvolle Gefallene verloren. Am 4. Januar 2016 wurden Sêvê Demir, Fatma Uyar, Pakize Nayır und Islam Atak während des Widerstands um Selbstverwaltung brutal ermordet. Der 6. Januar ist der Tag, an dem unser geschätzter Kommandant Rûbar Dicle (Hüseyin Poyraz) zusammen mit den Genossen Xelîl (Nihat Ayaz) und Murat (Ahmet Kılıç) in den Medya-Verteidigungsgebieten bei einem feigen Angriff gefallen ist.

Der Mord an Sakine Cansız, Mitbegründerin unserer Partei und Pionierin der Frauenbewegung, sowie Fidan Doğan und Leyla Şaylemez infolge eines heimtückischen und brutalen Terrorakts durch den türkischen Geheimdienst am 9. Januar 2013 in Paris, der überdies in einer Phase des Lösungsprozesses verübt wurde, markiert eine eigenständige Zäsur in der Kette der Verluste. Jahre später wurde ein ähnlicher Anschlag durchgeführt, bei dem Evîn Goyî, Mitglied des KCK-Exekutivrats, sowie Abdurrahman Kızıl und Mîr Perwer ermordet wurden. Dass diese Morde erneut in Paris geschahen, ist bemerkenswert. Sollte die französische Regierung diese Verbrechen nicht vollständig aufklären, wird sie selbst unter Verdacht rücken.

Auch im Jahr 2023 hatten wir wertvolle Gefallene in Gabar und Besta. Am 9. Januar 2023 schlossen sich Evrim, Hogir, Şervan und Rênas nach selbstlosem Widerstand der Karawane der Gefallenen an. Ebenso fielen unsere Genossin Leyla Sorxwîn (Hamiyet Yalçınkaya), Mitglied des PKK-Zentralkomitees und des Kommandorats der HPG, zusammen mit fünf weiteren Freunden am 23. Januar 2023 nach einem dreitägigen Kampf in Besta. Auch am 14. Januar 2020 haben wir unseren Weggefährten Sabri Bagok verloren. Letztes Jahr starben unsere Genossen Serxwebûn Serhat und Rizgar Çavreş am 12. Januar im Rahmen der „Revolutionären Offensive“. Es gab auch viele andere Verluste. In ihrer Person verneige ich mit Respekt und Dankbarkeit vor allen Gefallenen, die wir im Januar verloren haben. Ich verspreche, ihre Erinnerung im Freiheitskampf für Kurdistan und im Kampf um die Freiheit unseres Vorsitzenden lebendig zu halten.

Nach dem Besuch des Abgeordneten Ömer Öcalan auf Imrali im Oktober hat nun auch die Delegation der DEM-Partei Abdullah Öcalan treffen können. Diese Gespräche nehmen nun einen elementaren Platz auf der politischen Agenda ein. Die eine Seite vertritt die Ansicht einer neuen Dialogphase, andere wiederum argumentieren mit Blick auf einen abwertenden Diskurs, dass sich an der Haltung der Regierung nichts geändert hat. Was denken Sie darüber?

Ja, nach einer langen Phase der Isolation war der Besuch von Ömer Öcalan und später der DEM-Delegation bei unserem Vorsitzenden auf Imrali eine bedeutende Entwicklung. Dadurch erhielten wir Informationen über seinen Gesundheitszustand und konnten seine Botschaften vernehmen. Das hat unser Volk und unsere Bewegung sehr erfreut. Besonders wertvoll war der Besuch von Sırrı Süreyya Önder und Pervin Buldan, die schon in der Vergangenheit an Gesprächen für eine Lösung mit Rêber Apo teilgenommen hatten.

Rêber Apo hat in den letzten 32 Jahren jede Gelegenheit genutzt, um eine politische und demokratische Lösung der kurdischen Frage zu ermöglichen. Er strebt bezugnehmend auf den Aufruf des MHP-Vorsitzenden Devlet Bahçeli eine Lösung an und hat in dieser Hinsicht bedeutende Anstrengungen unternommen.

Gegenwärtig ist die DEM-Partei mit verschiedenen politischen Parteien in der Türkei im Austausch. Diese Bemühungen sind sehr wertvoll. Als Bewegung haben wir offiziell erklärt, dass wir hinter dem von Rêber Apo initiierten Prozess stehen. Unsere Bewegung ist unserem Vorsitzenden absolut loyal und hat volles Vertrauen in ihn. Daran besteht kein Zweifel.

Von Seiten der Regierung scheint es jedoch keine vergleichbare Sensibilität zu geben.

Angesichts der Bedeutung und historischen Tragweite dieses Themas ist klar, dass das Problem nicht durch einseitige Ansätze gelöst werden kann. Bisher gibt es keine Anzeichen für eine neue Dialogphase auf staatlicher Ebene. Stattdessen hören wir täglich Drohungen, Gewalt und Aufrufe zur Vernichtung. Das ist ein Widerspruch. Es ist offensichtlich, dass es im Vorfeld einige geheime Gespräche zwischen Vertretern des Staates und Rêber Apo gegeben hat, aber die Regierung scheint bisher nicht gewillt, öffentlich Stellung dazu zu beziehen.

Es sollte klar sein, dass die Bemühungen unseres Vorsitzenden zur Förderung der türkisch-kurdischen Geschwisterlichkeit und zur Entwicklung einer Lösung in dieser entscheidenden Phase der Geschichte von großer Bedeutung sind. Diese Bemühungen sind nicht gewöhnlich, sondern historisch. Sie betreffen das Wohl und die Zukunft der gesamten Gesellschaft der Türkei. Deshalb verdienen diese Bemühungen eine positive Antwort. Doch stattdessen gibt es bisher nur Verhaltensweisen und Äußerungen, die ernsthafte Besorgnis hervorrufen.

Welche Rolle spielt dabei die Sprache der Regierung und der Medien?

Einige Autorinnen und Autoren der freien Presse bezeichnen die Sprache der türkischen Medien als „giftig“. Diese Sprache, insbesondere in Medien, die unter dem Einfluss der AKP stehen, ist nicht nur giftig, sondern auch provokativ. Sie scheint darauf abzuzielen, die Bemühungen um eine Lösung zu sabotieren und stattdessen den Konflikt zu vertiefen. Es handelt sich um eine Sprache, die nicht zur Förderung von Geschwisterlichkeit und innerem Frieden beiträgt, sondern Feindseligkeit und Hass schürt.

Die anhaltende Verwendung herabsetzender Begriffe wie „Terroristenführer“ und „Kindermörder“ gegenüber unserem Vorsitzenden ist nicht nur provokativ, sondern auch respektlos gegenüber dem Willen unseres Volkes. Abdullah Öcalan ist nicht lediglich eine einzelne Person, sondern ein Symbol des kurdischen Widerstands. Jede abfällige Bemerkung ihm gegenüber kommt einer Respektlosigkeit dem kurdischen Volk gegenüber gleich. Der Versuch, Abdullah Öcalan, die kurdische Freiheitsbewegung und das kurdische Volk voneinander zu trennen, ist Teil der Spezialkriegstaktik.

Jeder weiß, dass die Mehrheit des kurdischen Volkes hinter Abdullah Öcalan steht. Deshalb suchen sie jetzt den Dialog mit ihm. Einerseits sehen sie sich gezwungen, bei Rêber Apo Hilfe zu suchen, andererseits verwenden sie weiterhin abwertende und beleidigende Begriffe. Das zeigt, dass es sich um die allseits bekannte Spezialkriegsführung handelt. Auch die oppositionellen Medien greifen auf verschiedene Arten an und verwenden abfällige Begriffe.

Es heißt immer wieder, dass die kurdische Freiheitsbewegung militärisch in einer schwierigen Phase sei und kurz davor stünde, die Waffen niederzulegen. Wie bewerten Sie solche Aussagen?

Wenn unsere Bewegung wirklich so schwach wäre, wie sie behaupten, würden sie wohl kaum einen Dialog mit unserem Vorsitzenden suchen. Es gäbe keinen Grund, an der Tür von Rêber Apo zu klopfen. Es ist klar, dass unsere Bewegung Kraft und Willen besitzt und eine entscheidende Rolle bei der Lösung der Zukunft der Türkei spielt. Deshalb versuchen sie, einige Entwicklungen einzuleiten. Doch der verwendete Ton, die Sprache und die Herangehensweise stehen dem entgegen. Mit dieser Sprache und Haltung kann kein Prozess vorankommen. Daher müssen sie ihren Ton ändern. Wenn sie bei ihrer Annäherung an das kurdische Volk aufrichtig sind und ihre Aussagen über inneren Frieden und Brüderlichkeit keine hohlen Worte, müssen sie zuerst die Kriegsrhetorik und ihr Verhalten ändern. Wo hat man je gesehen, dass Frieden durch Krieg und Drohungen erreicht wird?

Was sollte sich in der aktuellen Situation ändern?

Zunächst müssen die Regierungsvertreter sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass das kurdische Volk ein Vertrauensproblem gegenüber dem türkischen Staat hat. Es besteht Bedarf an vertrauensbildenden Maßnahmen. Der Staat muss sowohl durch sein Verhalten als auch durch seine Sprache dieses Vertrauen vermitteln und praktische Schritte unternehmen. Die Isolation von Rêber Apo ist noch nicht aufgehoben, die Militärgewalt dauert an und besonders die Luftangriffe werden täglich fortgesetzt. Auch die Repression gegen unser Volk wird nicht beendet. Erst kürzlich gab es Berichte von 65 Festnahmen auf einen Schlag. Die faschistische Unterdrückungspolitik hält also an. In Rojava herrscht ein Kriegszustand, und die feindliche Haltung wird konsequent fortgesetzt. Das bedeutet, dass es keinerlei Änderung in der Politik der Zerstörung und Vernichtung gibt. Ein Beispiel: Der stellvertretende Vorsitzende der MHP hat mehrmals gefordert, dem Tod nahestehende kranke Gefangene sowie ältere Häftlinge freizulassen. Das ist eine menschliche und in jedem Land normale Forderung, aber von der AKP-Seite gibt es keinerlei Reaktion. Sie bleiben verschlossen gegenüber diesem Wunsch. Kann dies als guter Wille und ein lösungsorientierter Ansatz betrachtet werden? Offensichtlich ist dies bei der AKP nicht der Fall.

Bedeutet das, dass die MHP mehr Bereitschaft zur Lösung zeigt als die AKP?

Nach unserer Beobachtung ist die Mehrheit der politischen Akteure in der Türkei eigentlich für eine Lösung der kurdischen Frage im Sinne von Abdullah Öcalan. Trotz einer vorsichtigen und zögerlichen Haltung gab es Äußerungen zur Unterstützung des Prozesses. Andererseits sind es Tayyip Erdoğan und die AKP, die ihre Haltung nicht klar zeigen, die Kriegsrhetorik nicht aufgeben und am Krieg in der Praxis festhalten. Das ist die aktuelle Situation. Anstatt die Realität anzuerkennen, wird weiterhin auf Spezialkriegsmethoden und eine psychologische Kriegsführung gesetzt. Wenn ein echter Lösungsprozess eingeleitet werden soll, muss zur Wahrheit zurückgekehrt werden. Dieser Kriegsdiskurs und das entsprechende Verhalten müssen aufgegeben werden.

Was genau meinen Sie damit?

Es wird versucht, in der Gesellschaft eine gewisse Wahrnehmung zu erzeugen – nicht nur innerhalb der Türkei, sondern auch auf internationaler Ebene. Dabei wird eine Sprache verwendet, die von Desinformation geprägt ist. Sie versuchen, den Prozess mit falschen und unrealistischen Aussagen zu lenken. Zum Beispiel sagen sie: „Das innere kurdische Problem der Türkei existiert nicht mehr, aber das äußere kurdische Problem, das die Zerstückelung der Türkei anstrebt, muss gelöst werden.“ Das ist ein Versuch, eine Wahrnehmung im Sinne der eigenen Politik zu schaffen. Sie behaupten: „Es gab ein kurdisches Problem, und wir haben es gelöst.“ Aber was haben sie gelöst? Derzeit befinden sich etwa 10.000 kurdische Politikerinnen und Politiker im Gefängnis. Jeden Tag gibt es Bombardierungen, jeden Tag fliegen Kampfflugzeuge, jeden Tag herrscht Krieg. Wie kann das eine Lösung sein? Kann ein gesellschaftliches Problem durch Massaker, Gewalt und Mord gelöst werden? Offensichtlich nicht.

Andererseits behaupten sie, dass unsere Bewegung geschwächt sei und wir militärisch fast keine Kraft mehr hätten. Zuletzt sagten sowohl Tayyip Erdoğan als auch sein Außenminister: „Der Kreis schließt sich, die Zeit der Organisation läuft ab; bald werden sie erschöpft sein und vernichtet werden.“ Die Wahrheit ist jedoch genau das Gegenteil. Wir befinden uns in einer Phase, in der wir dem Erfolg und der Erreichung von Ergebnissen näher sind als je zuvor in unserer Geschichte des Kampfes.

Zu Beginn unseres Gesprächs habe ich die Gefallenen von Gabar und Besta erwähnt. Wenn in Besta drei Tage lang Kämpfe stattfinden und ein Mitglied unseres Zentralkomitees dabei den Gefallenentod erleidet und weiterhin sowohl Mitglieder unseres Zentralkomitees als auch des Kommandorats innerhalb der offiziellen Grenzen der Türkei präsent sind und wenn unsere Guerillakräfte in allen Grenzgebieten des Landes stationiert sind, wie kann man dann behaupten, diese Bewegung sei besiegt? Außerdem finden jedes Jahr zahlreiche Aktionen und Gefechte statt. Daher herrscht in Nordkurdistan, also innerhalb der Grenzen der Türkei, ein Kriegszustand. Jedes Jahr werden unzählige Militäroperationen durchgeführt.

Ein besonders bemerkenswerter Punkt ist, dass es seit vier Jahren ein Besatzungsprojekt in den Medya-Verteidigungsgebieten gibt, also in den Gebieten Südkurdistans, unterstützt von der NATO, der PDK und dem irakischen Staat. Ziel dieses Projekts war es, uns innerhalb von zwei bis drei Monaten zu besiegen und die Medya-Verteidigungsgebiete zu zerstören, aber sie konnten das Zap-Tal auch nach vier Jahren noch nicht betreten. Trotz einer noch nie dagewesenen Intensität an Luftangriffen, trotz modernster Kriegstechnologie, dem Einsatz von international geächteten Waffen sowie Dorfschützern, Söldnergruppen aus Syrien, der PDK und irakischen Kräften konnten sie in Zap und Metîna keine Ergebnisse erzielen. Was haben sie erreicht? Was konnten sie gewinnen?

Der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler erklärte Ende November [in Anspielung auf die „Operation Klauenschloss“], man hätte das Schloss geschlossen.

Das sind Verdrehungen von Tatsachen. Ich weiß nicht, möglicherweise legen diese Personen ähnlich lautende Berichte auch ihren Vorgesetzten vor und geben entsprechende Erklärungen ab, aber keine dieser Aussagen entspricht der Realität. Jene, die behaupten, das Schloss sei zu, sollten gefragt werden, wie genau das vonstattengegangen sein soll. Sie wollten mit Unterstützung der PDK und des Irak zwischen Amêdî und Dêrelûk entlang des Girê Bahar [Hügel] eine Straße bauen und eine neue Versorgungsroute errichten, doch sie scheiterten. Sie unterlagen dem beharrlichen Kampf unserer Guerilla und ihrer enormen Widerstandsfähigkeit.

Und was ist mit den Erklärungen und Aufnahmen staatlicher Stellen über den angeblichen Verlauf im Krieg gegen die Guerilla?

Die gesamte Öffentlichkeit und unser Volk sollten wissen: Trotz aller Mittel, die sie einsetzt, konnte die türkische Armee in den letzten vier Jahren keine Kontrolle über das Zap-Tal erlangen. Keine türkische Streitkraft hat jemals den Zap-Fluss überquert oder erreicht. Unsere Hauptlager befinden sich in der Nähe von Parlamento Şikeftî, und der strategisch wichtige Girê Cûdî, der das gesamte Zap-Tal überblickt, wird von der Guerilla kontrolliert. Ja, die türkische Armee hat einige hohe Hügel östlich des Zap-Flusses eingenommen, aber das Tal selbst ist weiterhin in unserer Hand, und unsere Kräfte sind dort stationiert. Seit vier Jahren konnten sie unsere Kräfte aus diesen Gebieten nicht vertreiben und das Tal nicht betreten.

Der türkische Staat hat nur an zwei Stellen Kontakt zum Zap-Fluss: Eine davon liegt im Norden an der Grenze bei Çelê (tr. Çukurca), die andere ist ein Stützpunkt hinter dem Dêrelûk-Staudamm, der mit Hilfe der PDK errichtet wurde. In dem zentralen Bereich, den wir als das eigentliche Zap-Tal betrachten, haben sie keinerlei Einfluss. Niemand konnte es betreten. Unsere Guerilla verteidigt dieses Gebiet weiterhin, und es steht unter unserer Kontrolle. Wenn sie das Gegenteil behaupten, sollen sie doch ihre als Journalisten getarnten Spezialkräfte zum Zap-Fluss bringen und es beweisen. Sie werden es nicht schaffen, denn diese Gebiete stehen nicht unter der Kontrolle der türkischen Armee. Sie wollten die „Schlossstrategie“ mithilfe der PDK aus dem Süden abschließen, doch auch das ist ihnen nicht gelungen. Ihre Aussage, „der Riegel ist vorgeschoben“ entspricht nicht der Realität. Das ist nicht nur eine Irreführung der Öffentlichkeit, sondern auch ein Versuch, Karriere zu machen und persönliche Vorteile zu erlangen.

Derzeit leisten unsere Guerillakräfte in Metîna, Zap, Avaşîn und Xakurke weiterhin Widerstand, und in diesen Gebieten dauern die Kämpfe an. Die türkische Armee, angeblich die zweitgrößte Armee der NATO, setzt modernste Technologie ein, doch sie konnte die Guerilla in diesen Gebieten seit vier Jahren nicht vertreiben. Unter diesen Umständen zu behaupten, die PKK sei militärisch geschwächt, ist absurd.

Die Wahrheit ist, dass die kurdische Freiheitsguerilla mit ihrem hohen Engagement, ihrer Opferbereitschaft, ihrer entwickelten Taktik und ihrer militärischen Leistung eine überraschende Widerstandskraft gezeigt hat und mit nur wenigen Kräften und geringen Verlusten seit vier Jahren die zweitgrößte Armee der NATO aufhält. In einer solchen Situation zu sagen, die PKK sei geschwächt, ist reiner Unsinn. Die Ergebnisse des Krieges sprechen für sich.

Ein Thema, das in diesem Kontext permanent angesprochen wird, ist die vorgeblich unzerstörbare Kriegstechnologie. Auf der anderen Seite sehen wir, dass die Guerilla gegen diese Technik erfolgreich vorgeht. Diese Ergebnisse spiegeln sich auch in den Bilanzen der HPG wider.

Seit Aufklärungs- und Kampfdrohnen im Inventar der türkischen Armee sind, existiert die Mär, dass die Guerilla sich mithilfe dieser Waffen endgültig vernichten lässt. Der ehemalige Innenminister, dessen Name nicht erwähnt werden muss, sagte 2016: „Im April 2017 wird niemand mehr über die PKK sprechen, denn sie wird vernichtet sein.“ Solche Ankündigungen wurden in der Folgezeit immer wieder wiederholt, sogar konkrete Zeitpläne wurden genannt. Und was ist passiert? Der Krieg dauert bis heute an und geht weiter. Jetzt hat die PKK eine Antwort auf die Drohnentechnik gefunden. Wir haben die Fähigkeit entwickelt, entsprechende Luftverteidigungssysteme einzusetzen, und haben bis heute diverse Drohnen, von Aksungur über Akıncı und hin zu Bayraktar TB2 und ANKA abgeschossen. Warum gesteht der Verteidigungsminister das nicht ein? Warum tritt er nicht vor die Öffentlichkeit und nennt die Zahl der von uns abgeschossenen Drohnen? Wenn er den Mut hat, soll er die Wahrheit aussprechen. Es existieren Aufnahmen davon. Das Vertuschen der Wahrheit ändert nichts an den Tatsachen.

Die militärischen Kräfte der PKK haben durch ihre Kampferfahrung, ihre Fähigkeiten und Erfolge auf dem Schlachtfeld ein technologisches Niveau erreicht, das die technischen Angriffe des türkischen Staates ausgleicht und sogar übertrifft. Und wir werden dies noch weiterentwickeln. Derzeit verfügen wir über die Fähigkeit, alle relevanten Ziele des türkischen Staates in Nordkurdistan und sogar in Teilen des Mittelmeerraums und Zentralanatoliens technologisch anzugreifen. Wenn wir dies bisher nicht getan haben, gibt es dafür Gründe, aber wenn es notwendig wird, können wir es tun. Wir sind in der Lage, eine breite Palette von wirtschaftlichen und militärischen Zielen zu treffen, einschließlich verschiedener Raffinerien. Wir verfügen über die technischen Mittel dazu. Es ist also völlig klar, dass es keine Schwächung gibt. Wir sprechen mit Fakten, nicht mit leerer Propaganda. Ich sage das auf der Grundlage konkreter Daten. Wenn wir so schwach wären, wie behauptet wird, könnten wir hier längst nicht mehr existieren.

Sie wollten uns in den Medya-Verteidigungsgebieten innerhalb von drei Monaten vernichten. Dafür haben sie umfangreiche Anstrengungen unternommen, um Unterstützung von der NATO, dem Irak und der PDK zu erhalten. Neben intensiven diplomatischen Bemühungen unternahmen sie auch erhebliche militärische Anstrengungen, aber das Ergebnis ist klar. Trotz der Nutzung aller militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Mittel sowie der geostrategischen Lage der Türkei konnten sie keinen Erfolg erzielen. Es gibt weder einen Sieg noch eine Niederlage, aber sie versuchen, der Öffentlichkeit das Bild zu vermitteln, dass sie einer besiegten Organisation gegenüberstehen und diese daher gezwungen sei, sich zu ergeben. Diese Haltung ist sehr gefährlich und könnte schwerwiegende Folgen haben. Tayyip Erdoğan sagt: „Entweder werden sie ihre Waffen niederlegen, oder sie werden mit ihren Waffen begraben.“ Aber warum hat er das bisher nicht getan, wenn er die Macht dazu hat? Zunächst einmal sollte Recep Tayyip Erdoğan den übertriebenen Berichten, die ihm vorgelegt werden, nicht Glauben schenken und erkennen, dass wir Apoisten ehrenvolle Menschen sind, die bereit sind, für unsere Überzeugungen jeden Preis zu zahlen. Wir haben uns niemals einer Drohung gebeugt und werden es auch in Zukunft nicht tun. Aber wenn die historischen Bemühungen unseres Vorsitzenden anerkannt werden, sind wir bereit, im Sinne dieses Prozesses zu handeln.

Faktisch sagt Erdoğan vor aller Augen: „So wie wir euch in die Gräben gesteckt haben, werden wir es jetzt wieder tun.“ Hierbei handelt es sich um eine eindeutige Haltung, die die Gräueltaten von Cizîr und eine der größten Grausamkeiten der Geschichte rechtfertigt. Was ist in Cizîr passiert? Niemand wurde in die Gräben gesteckt. In diesen Kellern wurden verwundete Menschen mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leibe verbrannt. Es war eines der grausamsten Verbrechen des 21. Jahrhunderts. Ja, es gibt jetzt auch Massaker in Gaza, aber nirgendwo sonst hat man gehört, dass Menschen bei lebendigem Leib mit Benzin übergossen und verbrannt wurden. Aber sie haben es getan. Unschuldige, wehrlosen Zivilisten – Frauen, Kinder, Jugendliche, Alte – wurden nur deshalb massakriert, weil sie ihre Sprache, Identität und Ehre verteidigen wollten. Selbst heute stehen die Täter zu ihrer Tat. Wenn der Staat solche Gräueltaten begeht, wird jede Art von Töten, jedes Massaker, als legitim betrachtet, aber wenn wir als Volk im Rahmen unseres legitimen Selbstverteidigungsrechts Widerstand leisten, wird es als Terror bezeichnet.

Zusammengefasst: Wenn sie wirklich ehrlich sind, kann niemand mit diesen Spezialkriegsmethoden Erfolg haben. Zu sagen, dass man gesiegt hat, obwohl man nicht gewonnen hat, und mit realitätsferner Kriegspropaganda wie „Das Ende ist nah, die PKK wird bald vernichtet sein“ eine Atmosphäre der Kapitulation zu schaffen, wird nirgendwo hinführen. Einige dieser Kriegsschreiberlinge behaupten auf der Grundlage dieser übertriebenen Berichte, „der Wind weht zugunsten der Türkei“. Doch die Entwicklungen in der Region zeigen genau das Gegenteil. Der Sturz des 61 Jahre alten Baath-Regimes hat in Syrien einen neuen Prozess eingeleitet. Tatsächlich wurde nicht nur in Syrien ein neuer Prozess eingeleitet; der Sturz des Baath-Regimes hat eine neue Ära in der gesamten Region eingeläutet. Zuerst begann es in Palästina, dann in Libanon und schließlich führten die Entwicklungen in Syrien dazu, dass die Neugestaltung der Region noch konkreter wurde.

Werden die Kurden an der Neugestaltung der Region mitwirken?

Es ist unvermeidlich, dass die Kurdinnen und Kurden in diesem Prozess eine Rolle spielen. Die eigentliche Entwicklung findet an diesem Punkt statt. So wie es in der Region elementare Völker gibt, gehört das kurdische Volk, eines der ältesten Völker der Region, aufgrund der Fortschritte, die es in den letzten Jahren erzielt hat, auf nationaler und internationaler Ebene ebenfalls zu den Akteuren der Neugestaltung. Es scheint sicher, dass sie ihren Platz in diesem Prozess einnehmen werden.

Ist das der Hauptgrund für die Besorgnis des türkischen Staates?

Ja, das ist ihre größte Sorge. Das ist der Hauptgrund für ihre Angst. Doch es gibt auch eine Achse, auf der Rêber Apo den Prozess entwickeln möchte. Er strebt eine Lösung auf der Grundlage der Geschwisterlichkeit und Einheit des kurdischen und türkischen Volkes an. Dies ist ein Projekt, das die Ängste und Sorgen aller Gesellschaftsschichten in der Türkei beseitigen kann. Anstatt darauf einzugehen, greifen sie jedoch zu Drohungen und Methoden wie Sabotage. Sie sollten sich selbst fragen, was das bedeutet.

Bedeutet das, dass die PKK mehrere Optionen hat?

Selbstverständlich hat die PKK derzeit viele Optionen. Uns stehen enorme Möglichkeiten offen. Auch der türkische Staat weiß das, doch er verschweigt es der Öffentlichkeit. Deshalb wurde erkannt, dass die seit vielen Jahren aufrechterhaltene Isolation auf Imrali zumindest teilweise überwunden werden muss. Rêber Apo spielt sowohl für die Lösung der Probleme der Türkei als auch der gesamten Region eine Schlüsselrolle. Das ist eine Tatsache. Die Türkei wird entweder diesen Weg der Lösung einschlagen, oder sie wird die Entwicklungen, die außerhalb ihres Einflusses stattfinden und stattfinden werden, hinnehmen müssen. Daher sollte sie die Illusionen über eine angebliche „überlegene Intelligenz“ aufgeben und erkennen, dass sie mit Gewalt und Drohungen keine Ergebnisse erzielen wird. Wenn sie weiterhin denkt, dass sie alles zerstören und durch Drohungen zu ihren Zielen kommen könnte, irrt sie sich.

Am 27. November gab es parallel zu den Entwicklungen in Syrien auch Ereignisse in Rojava und Nord- und Ostsyrien. Der türkische Staat konzentriert seine Politik auf Ihre Bewegung und hält an der Strategie der Drohungen und Angriffe fest. Was soll man davon halten?

In der kurdischen Frage stellt Rojava ein besonderes Fenster dar. Dort herrscht eine revolutionäre Situation, die auf internationaler Ebene weitaus bekannter ist. Sie sagen ständig „PKK, PYD, YPG“, aber das ist nichts anderes als eine konstruierte Behauptung, eine spezielle Kriegssprache. Dort gibt es kein Problem mit der PKK in dem Sinne, wie sie es darstellen. Das Problem besteht darin, die PKK als Vorwand zu nutzen, um Rojava ins Visier zu nehmen. Natürlich war die PKK dort, hat zur Revolution beigetragen, gekämpft und fast 2.000 Gefallene sowie zahlreiche Verwundete zu beklagen. Danach hat sie sich zurückgezogen. Es mag sein, dass sich möglicherweise einige Kriegsversehrte in Rojava niedergelassen haben. Das bedeutet jedoch nicht, dass die PKK dort präsent ist. Zweifelsohne sind diese Behauptungen des türkischen Staates lediglich Vorwände, um die Region anzugreifen.

In Rojava leben Kurden, Araber, Assyrer, Aramäer und Armenier. Sie haben gemeinsame Verteidigungskräfte, gemeinsame Verwaltungen und ein demokratisches System aufgebaut. Es entsteht ein System, das auf der Befreiung der Frau und einem ökologischen Verständnis basiert. Der türkische Staat ist darüber sehr verärgert und möchte es zerstören. Das wird ganz offen propagiert.

Könnte Rojava denn vernichtet werden?

Keineswegs.

Warum nicht?

Nach unseren Beobachtungen haben die Führungspersönlichkeiten von Nord- und Ostsyrien aus den vergangenen Erfahrungen gelernt. Eine Wiederholung von dem, was in Efrîn, Serêkaniyê oder Girê Spî geschah, ist nicht so leicht möglich. Allerdings muss man sagen, dass der türkische Staat auch in dieser Hinsicht seine Spezialkriegsmethoden und psychologische Propaganda einsetzt, um die Realität zu verschleiern.

Nach unseren Informationen haben die militärischen Kräfte in Tel Rifat und Şehba freiwillig entschieden, sich zurückzuziehen. Dort gab es keinen Sieg oder eine Niederlage. Es gab einen eintägigen Konflikt, der dann durch Verhandlungen beendet wurde, und der Rückzug begann. In Minbic hingegen haben sich einige nicht nachvollziehbare Ereignisse abgespielt, sowohl militärisch als auch politisch. Soweit wir wissen, gab es auch seitens der internationalen Kräfte Einflussnahmen, die zu diesem Rückzug geführt haben. Angeblich wurden Abkommen geschlossen, doch diese wurden von den türkischen Streitkräften und ihren Söldnergruppen nicht eingehalten.

Die türkischen Medien haben den Rückzug aus Minbic als großen Sieg der von der Türkei unterstützten SNA „Syrische Nationalarmee“- dargestellt.

Die Demokratischen Kräfte Syriens (kurz QSD) haben sich entschieden, ihre Einheiten nicht für diese Kämpfe zu opfern, und sich zurückgezogen. Doch die türkischen Medien und die von der Türkei gesteuerten Söldnergruppen haben dies als militärischen Sieg inszeniert und propagiert, dass sie die QSD aus Minbic vertrieben hätten. Das entspricht nicht der Wahrheit. Denn die sogenannte SNA ist keine ernstzunehmende militärische Kraft. Es sind Plünderer, die an den Orten, an denen sie operieren, das Eigentum der Bevölkerung beschlagnahmen. Nicht im Entferntesten sind sie den QSD ebenbürtig.

Die QSD sind eine erfahrene Kraft, die sich im harten Kampf gegen den IS bewährt hat. Keine der derzeitigen militärischen Kräfte in Syrien ist in der Lage, die QSD zu besiegen. Dies wurde auch in den jüngsten Auseinandersetzungen an den Fronten von Qereqozax, Tişrîn und Dêr Hafir deutlich. Mehrfach versuchten die von der Türkei organisierten Söldnergruppen, das Gebiet um das Grabmal von Süleyman Şah einzunehmen und den Tişrîn-Staudamm zu erobern, doch sie scheiterten immer wieder. Die Türkei setzte sogar tschetschenische und kirgisische Dschihadisten ein, in der Hoffnung, dass diese „kampferfahrenen“ Milizen die QSD besiegen könnten. Doch auch sie wurden eines Besseren belehrt.

Im Grunde ist es der türkische Staat, der dort kämpft. Die gesamte Palette an schwerer Kriegstechnik aus dem Bestand der Armee – Panzer, Aufklärungsdrohnen, Kampfdrohnen – ist permanent im Einsatz. Sie geben vor, einen Stellvertreterkrieg zu führen, sind aber mittendrin. Sie sind diejenigen, die koordinieren, ausführen und planen, aber sie haben versagt. Die QSD beherrschen die Region nach wie vor. Sie drängen die Angreifer sogar zurück. Aber in den Meldungen, die sie verbreiten, behaupten sie, eine Region nach der anderen von den QSD eingenommen zu haben. Dadurch wollen sie eine falsche Wahrnehmung in der Gesellschaft schaffen.

Nach der am 27. November entwickelten Planung sollte Hayat Tahrir al-Sham (HTS) Aleppo einnehmen und dann in Richtung Hama vorrücken, während die vom türkischen Staat organisierte SNA Richtung Tel Rifat und Minbij und anschließend bis nach Kobanê, Tabqa, Raqqa, Deir ez-Zor und Qamişlo marschieren sollte. Mit anderen Worten: der Plan war es, die Demokratische Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien zu zerschlagen. Die HTS ist bis nach Damaskus vorgedrungen, aber die sogenannte SNA sitzt bis jetzt in Qereqozax und Tişrîn fest.

Abdülkadir Selvi von der Zeitung „Hürriyet“ schrieb, dass in diesem Zusammenhang „auf die Bremse getreten“ worden sei.

Es wurde nicht auf die Bremse getreten. Die internationalen Kräfte haben keine Zustimmung für einen offenen Angriff der türkischen Armee gegeben. Deshalb versucht die Türkei, ihre Ziele mit einer Stellvertreterarmee zu erreichen. Doch das türkische Projekt ist in Qereqozax und Tişrîn gescheitert, während HTS in Damaskus erfolgreich vorgedrungen ist. Sie verschweigen dies jedoch der Öffentlichkeit. Sie unterschlagen die Tatsache, dass die Autonomieverwaltung ihre Position behauptet hat.

Zu Beginn der Offensive gegen das Assad-Regime gab es viele Berichte darüber, dass die arabischen Stämme in Nord- und Ostsyrien gegen die Selbstverwaltung rebellieren würden und verschiedene Städte erobert hätten. Doch nun scheint es, als wären diese Berichte verstummt.

Das waren größtenteils Unwahrheiten. Es gab wohl kleine lokale Vorfälle, aber all diese Probleme wurden gelöst. Derzeit sind die von der Demokratischen Selbstverwaltung kontrollierten Gebiete die ruhigsten und sichersten Regionen in Syrien.

Sie haben erwähnt, dass die QSD sich freiwillig aus Minbic und Tel Rifat zurückgezogen haben. Könnte das auch in anderen Gebieten eintreten?

Ja, sie haben sich bewusst aus Minbic und Tel Rifat zurückgezogen, aber ich denke nicht, dass sie dies an anderen Orten tun werden. Lassen Sie mich eines klarstellen: Diese SNA-Söldner sind keine Gegner, die den QSD gewachsen wären. Sie können nichts ausrichten. Sollte jedoch die türkische Armee direkt eingreifen, würde ein Angriff auf Kobanê mindestens drei Jahre andauern. Schauen Sie, die Verteidigungskräfte im Zap leisten ihren Widerstand seit drei Jahren aus 300 Meter langen Tunneln heraus.

Es muss klar sein: Die Kurdinnen und Kurden haben ihre Kriegstaktik weiterentwickelt. Sie haben die Fähigkeit erworben, sowohl einen Tunnelkrieg als auch einen Luftverteidigungskrieg zu führen. Daher hat es keinen Sinn mehr zu sagen: „Wir schlagen mit eiserner Faust zu und nehmen es ein.“ Diese „eiserne Faust“ würde dort zerschmettert werden. Die Zeiten der technischen Überlegenheit sind vorbei. Auch die Kurden sind technisch versiert, sind aktiv in der Politik und Diplomatie, beherrschen die Kriegskunst. Das muss man akzeptieren.

Eine letzte Frage: Was sagen Sie zu dem von Abdullah Öcalan angestoßenen Prozess?

Die Bemühungen von Rêber Apo und der von ihm vorgeschlagene Lösungsrahmen sind von großer Bedeutung. Dies ist der richtige Weg, der sowohl im Interesse des türkischen Volkes als auch der regionalen Völker liegt. So sollte man die Sache angehen. Sollte die derzeitige AKP-Regierung jedoch weiterhin ignorant und feindselig bleiben und auf Krieg bestehen, wird sie die größte Verliererin sein. Wir befinden uns an einem Punkt, an dem nicht nur das kurdische Volk, sondern auch die türkische Gesellschaft und der Staat selbst eine Lösung benötigen. Sollte die andere Seite dennoch auf Krieg beharren, wird das eine andere Geschichte. Das kurdische Volk hat deutlich gemacht, durch wen es sich repräsentieren lässt. Doch wenn der Staat die ausgestreckte Hand nicht annimmt, die ignoriert und geringschätzt und mit Täuschungsmanövern den Krieg noch weiter vertieft, wird er verlieren.

Unser Anspruch in dieser Angelegenheit ist klar und deutlich: Unsere militärische Stärke und unser Siegeswille sind heute stärker als je zuvor. Mit 40 Jahren Kampferfahrung, der erreichten taktischen Tiefe, der militärischen Leistung und dem Opfergeist unserer Kräfte haben wir die Fähigkeit, unseren legitimen Verteidigungskrieg erfolgreich zu führen. Wir verfügen über die Strategie und Taktik, diesen Krieg erfolgreich zu gestalten. Doch in dieser entscheidenden Phase der Neugestaltung der Region bietet der von unserem Vorsitzenden vorgeschlagene Lösungsprozess allen Beteiligten eine existenzielle Option. Es ist von großer Bedeutung, diese Gelegenheit zu nutzen. Andernfalls wird der Krieg in der Region mit größerer Intensität weitergehen, und es ist ausgeschlossen, dass der türkische Staat diesen Krieg gewinnen kann. Die Kräfte des kurdischen Volkes und der regionalen revolutionären Bewegungen sind heute stärker als je zuvor.