Zufahrtsstraßen nach Suweida blockiert
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor einem großangelegten Angriff auf die drusische Minderheit im Süden Syriens. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation verschärft das islamistische Regime in Damaskus den Druck auf die drusisch geprägte Provinz Suweida (auch as-Suwaida) und bereitet gezielt die sunnitische Bevölkerung auf eine Eskalation vor.
„Drei Monate nach den Massakern an der alawitischen Bevölkerung im Westen Syriens erhöhen die neuen Machthaber in Damaskus den Druck auf die Drusen im Süden. Fast täglich werden Drusen entführt oder getötet. Die Zufahrtsstraßen in die Region sind blockiert, sodass keine Lebensmittel, kein Benzin und kein Diesel mehr die Menschen erreichen“, sagte GfbV-Nahostreferent Kamal Sido am Montag in Göttingen. Die Organisation spricht von gezielter Hetze gegen die religiöse Minderheit und warnt vor einer humanitären Katastrophe.
Zur Einstimmung auf mögliche Gewalthandlungen werfe das Regime den Drus:innen eine Zusammenarbeit mit Israel und westlichen Staaten vor, so Sido weiter. Tatsächlich jedoch hätten die jetzigen Machthaber, viele von ihnen ehemalige islamistische Milizionäre, selbst internationale Einmischung befürwortet – etwa durch die Türkei. „Dschihadisten aus aller Welt wurden nach Syrien geholt, um das islamistische Projekt zu unterstützen. Jetzt sollen Tausende von ihnen mit Billigung der USA in Armee und Polizei integriert werden“, erklärte Sido. Viele dieser Söldner seien in der Vergangenheit an Verbrechen wie Mord und Vergewaltigung gegen religiöse Minderheiten wie Ezid:innen, Schiit:innen und Christ:innen beteiligt gewesen.
Die GfbV kritisiert, dass das Schicksal der syrischen Drus:innen auf internationaler Ebene kaum Beachtung findet. Da keine nennenswerte Unterstützung von Staaten oder internationalen Organisationen zu erwarten sei, setze die drusische Bevölkerung in Syrien ihre Hoffnung zunehmend auf Israel. Rund 150.000 Drus:innen leben dort, viele von ihnen fordern laut Sido inzwischen ein militärisches Eingreifen zum Schutz ihrer Glaubensgeschwister.
Die Drus:innen sind eine monotheistische Religionsgemeinschaft, die überwiegend in Syrien, dem Libanon, Israel und Jordanien lebt. Weltweit zählt die Gemeinschaft etwa eine Million Menschen. Innerhalb Syriens wird ihnen derzeit besondere Bedrohung durch das neue sunnitisch-islamistische Regime zugeschrieben. Viele Angehörige anderer Minderheiten, Frauen und säkular gesinnte Sunnit:innen teilten das Misstrauen gegenüber der neuen Führung in Damaskus, erklärte Sido. „Die Islamisten wollen keinen freiheitlichen Staat, sondern ein religiös-totalitäres Regime installieren – vergleichbar mit dem Iran, jedoch sunnitisch geprägt“, sagte er.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker ruft die internationale Gemeinschaft dazu auf, das Thema der Gewalt gegen Drus:innen und andere Minderheiten auf die Agenda internationaler Organisationen zu setzen. Ein weiteres Wegsehen könne fatale Folgen haben.