Im nordsyrischen Kanton Şehba haben tausende Vertriebene aus Efrîn bei einer großen Newroz-Feier ihren Willen bekräftigt, die Besatzung in ihrer Heimat zu beenden und in ihre Häuser zurückzukehren. Auch wenn die internationale Gemeinschaft und ihre Organisationen an ihrer Ignoranz angesichts Kriegsverbrechen des türkischen Staates und dessen dschihadistischen Verbündeten sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit festhielten und sich damit zu Mittätern machten, werde der Widerstand für ein von der Invasion befreites Efrîn weitergehen.
Die Feierlichkeiten zum kurdischen Neujahrsfest begannen mit einer Rede Abdullah Öcalans, die über Leinwand eingespielt wurde. Der seit 1999 in der Türkei inhaftierte Begründer der kurdischen Befreiungsbewegung ist der Architekt des demokratischen Konföderalismus, einem alternativen Gesellschaftsmodell mit den Grundpfeilern radikale Demokratie, Feminismus und Ökologie, das in Rojava gelebt wird. Im Anschluss betrat Şîraz Hemo, Ko-Vorsitzende der Autonomieverwaltung in der Efrîn-Region, die Bühne und hielt eine Ansprache. Hemo erinnerte daran, dass sich die Invasion von Efrîn erst kürzlich zum dritten Mal jährte. Unter dem zynischen Namen „Operation Olivenzweig“ startete die Türkei am 20. Januar 2018 einen Angriffskrieg gegen die bis dahin sicherste Region ganz Syriens, bis der Ortskern der Stadt am 18. März 2018 schließlich eingenommen wurde. „Dass heute an dieser Stelle unsere Fackel das Newroz-Feuer entzündet, ist der Beginn des Niedergangs des Terrorismus. Wir werden Efrîn und Şehba von diesen Eindringlingen befreien. Koste es, was es wolle.“
Şîraz Hemo
Zwar gilt Newroz seit rund 3.000 Jahren für Millionen Menschen in vielen Regionen Zentralasiens, des Mittleren Ostens, auf der Balkanhalbinsel und im Kaukasus als Frühlingsfest; für das kurdische Volk stellt es jedoch ein Fest der Rebellion und einen Akt des Widerstands gegen die erfahrene Unterdrückung dar. In der kurdischen Mythologie ist der Widerstandscharakter von Newroz auf die Geschichte von Kawa dem Schmied zurückzuführen. Er war es, der den Widerstand gegen die Tyrannei des persischen Königs Dehak organisierte und das kurdische Volk von der Unterdrückung befreite. Und es war seine Statue im Stadtzentrum von Efrîn, die am 58. Tag des völkerrechtswidrigen Angriffs von türkischen Soldaten und verbündeten Islamisten zuerst beschossen wurde, bevor Planierraupen anrollten und sie von ihrem Sockel rissen.
Türkische Besater feiern in Efrîn Newroz
„Die Zerstörung der Statue von Kawa Hesinkar, dem Eisenschmied, reiht sich in die unzähligen Verbrechen der Besatzer ein, die sich ins kollektive Gedächtnis unserer Gesellschaft eingebrannt haben“, sagte Hesen Koçer vom Exekutivrat der Zukunftspartei Syriens. „Jetzt sind sie so dreist, in Efrîn selbst Newroz zu feiern. Das ist beschämend und heuchlerisch, aber steht synonym für die Mentalität der Aggressoren“, äußerte Koçer im Hinblick auf sogenannte Feiern in der Besatzungszone.
Tausende Menschen bei Newroz in Şehba
Um den Sieg über Dehak zu verkünden, zündete Kawa auf einem Berg ein Feuer an. „Das gleiche werden wir erleben, wenn wir die Besatzer aus Efrîn und Şehba, aus Serêkaniyê, Girê Spî und allen anderen besetzten Gebieten unserer Völker vertreiben. So wie Dehak vor fast 3.000 Jahren die Unterdrückung verkörperte, ist es heute der türkische Staat, der zusammen mit seinen Islamisten die Despotenherrschaft repräsentiert“, führte Koçer weiter aus. Alle Staaten, die sich nicht aktiv für ein Ende der Besatzung Nordsyriens durch die Türkei einsetzten, machten sich mitschuldig. „Wir sind entschlossen, unseren Kampf um Efrîn mit dem Geist von Newroz ausweiten, um die Invasoren zu besiegen. Entweder gewinnen wir, oder wir gewinnen.“ Die Feierlichkeiten wurden mit musikalischen Beiträgen, ausgelassenen Tänzen und Sprüngen über das Newroz-Feuer beendet.