Efrîn-Verteidigungsplattform: 920 Kriegsverbrechen dokumentiert

Seit dem Einfall der türkischen Armee im nordsyrischen Efrîn am 20. Januar wurden 920 Kriegsverbrechen durch die Besatzungstruppen dokumentiert. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Efrîn-Verteidigungsplattform hervor.

Seit Beginn des Einfalls der türkischen Armee und seiner dschihadistischen Milizen in Efrîn wurden mindestens zwölf Massaker durch die Besatzungstruppen an der Zivilbevölkerung verübt. Fast 750 Zivilist*innen, viele von ihnen Frauen und Kinder, wurden ermordet. Das berichtet die Efrîn-Verteidigungsplattform in ihrem aktuellen Bericht. Darüber hinaus wurden Häuser, Felder und Gärten tausender Zivilisten dem Erdboden gleich gemacht, hunderttausende Menschen zur Flucht gezwungen und kulturelle Stätten der Region vernichtet. Seit der Besetzung der Region bis heute ist die Bevölkerung Ziel von Plünderungen, Raub und Diebstahl. Anstelle der vertriebenen Bevölkerung werden in Efrîn Familien von Dschihadisten angesiedelt. Auch die Olivenernte wird von den Besatzern geraubt. Fast 90 Prozent der geernteten Oliven und hergestellten Olivenprodukte hat der türkische Staat bereits an sich genommen. Um höhere Gewinne aus den geraubten Oliven zu erzielen, hat das türkische Militär eigens zu diesem Zweck einen Grenzübergang bei Cindirês eröffnet. Weiterhin wurden hunderte Zivilist*innen in der Region von Milizen zur Lösegelderpressung verschleppt.

Dokumente der Verbrechen in Efrîn

Die Juristen haben seit dem ersten Tag der Angriffe auf Efrîn die Situation in der Region und die Rechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung dokumentiert. Die Efrîn-Verteidigungsplattform konstituiert sich aus Juristen aus allen Teilen Syriens und beschäftigt sich insbesondere mit der Erfassung von Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung durch das türkische Militär und seine Milizen. Mihemed Seîd von der Plattform berichtet, dass über 900 an der Zivilbevölkerung und deren Besitz begangene Verbrechen dokumentiert und internationalen Einrichtungen des Völkerrechts geschickt wurden. Bisher habe es aber keinerlei Antwort von Seiten dieser Institutionen gegeben.

Die Plattform hat darüber hinaus auch die materiellen Schäden der Menschen aus Efrîn, die nun in Şehba leben, mit einbezogen. Diesen Flüchtlingen wurden die Häuser durch Besatzer weggenommen oder zerstört und ein Schaden von einer Dimension von etwa 160 Millionen Euro angerichtet. Seit der Besetzung von Efrîn wurden nach Aufzeichnungen der Efrîn-Verteidigungsplattform 2.500 Zivilisten verschleppt. 850 dieser Entführten, 145 von ihnen Frauen, sind „verschwunden“.

Der Umgang mit der Zivilbevölkerung in Efrîn stellt einen direkten Verstoß gegen internationale Konventionen dar, nach denen Zivilisten im Kriegsfall geschützt werden müssen und die Vertreibung der Zivilbevölkerung, die Ermordung von Kriegsgefangenen und Geiseln,  die Ermordung oder Folterung von Gefangenen, Vergewaltigung, die Plünderung des Privatbesitzes und dessen Zerstörung Kriegsverbrechen darstellen. Im Haager Abkommen ist ebenfalls der Schutz der historischen Stätten einer besetzten Region geregelt.

Wenn es um Efrîn geht, werden internationale Konventionen ignoriert

Die Gemeinsamkeit der Konventionen ist der Schutz der Zivilbevölkerung und das Prinzip, diese vom Krieg fernzuhalten. Das, was in Efrîn passiert, widerspricht den internationalen Abkommen und Konventionen eklatant. Obwohl die Mitglieder der Efrîn-Verteidigungsplattform viele Belege und Dokumente zur Situation der Zivilbevölkerung in Efrîn und Şehba eingereicht haben, haben Vertreter der internationalen Völkerrechts- und Menschenrechtsorganisationen bisher nichts unternommen.