Seit dem Erlass einer Amnestie für syrische Staatsangehörige im Camp Hol haben bisher fünfzig Familien eine Entlassung beantragt. In die lange Schlange vor dem Kommissionsbüro in dem Lager südöstlich von Hesekê reihen sich jedoch immer mehr Personen ein. Wer in den Genuss der Amnestie kommen will, muss persönlich bei der Autonomiebehörde vorstellig werden. Neben Identifikationsdokumenten benötigt das Kommissionsbüro genaue Angaben über den künftigen Aufenthaltsort der noch internierten Personen. Nach Angaben von Cabir Mustafa, dem Verantwortlichen für auswärtige Angelegenheiten in Hol, sollen kommende Woche die ersten Familien freigelassen werden.
Dass den Syrerinnen und Syrern im Hol-Camp eine Amnestie gewährt wird, hatte die Exekutivausschuss-Vorsitzende des Demokratischen Syrienrates (MSD), Ilham Ehmed, Anfang Oktober angekündigt. Insgesamt beherbergt das Lager 6.706 syrische Familien aus Städten wie Aleppo, Homs, Deir ez-Zor, Raqqa, Bab und der Wüstenregion Badia, erklärt Mustafa. Das sind 24.223 Personen, ein Großteil davon sind Kinder und Jugendliche.
Rücksiedlungsprogramme laufen seit 2019
Schon seit vergangenem Herbst versucht die nordostsyrische Selbstverwaltung, durch Rücksiedlungsprogramme den Menschen, die nicht in IS-Verbrechen verwickelt waren, eine Perspektive außerhalb von Camp Hol zu schaffen. In diesem Rahmen konnten bisher 4.789 Personen in 27 Gruppen das Lager verlassen. Dafür, dass sie wieder in die syrische Gesellschaft integriert werden und sich nicht erneut dem IS anschließen, garantieren die arabischen Großfamilien beziehungsweise Stämme. Doch auch Familien ohne jegliche Beziehung zum sogenannten IS sind bereits freigelassen worden. Die nichtsyrischen IS-Anhänger sollen dagegen im Lager verbleiben, bis eine Lösung mit den ausländischen Regierungen zur Überführung gefunden wird.
Amnestie enorme Entlastung für Selbstverwaltung
Die Amnestie für die syrischen Staatsangehörigen – eine Forderung der lokalen Stämme – stellt aber auch eine enorme Entlastung für die Autonomiebehörden dar. Die Bewachung des Camps, die Versorgung der Bewohner*innen mit Lebensmitteln und die medizinische Betreuung ist vor dem Hintergrund fehlender internationaler Unterstützung kaum zu bewältigen. Die Zeltstadt war Anfang 1991 während des Zweiten Golfkriegs vom UNHCR für irakische Flüchtlinge errichtet worden. Nachdem das Camp zwischenzeitlich geschlossen war, wurde es im Zuge des Irakkrieges 2003 wiedereröffnet. Seit eineinhalb Jahren wird es hauptsächlich zur Unterbringung von Frauen und Kindern benutzt, die zuvor in Gebieten unter Kontrolle des IS lebten. Ein großes Problem dabei ist jedoch die massive Überbelegung. Die Verhältnisse sind aufgrund der ausbleibenden Hilfe von der Staatengemeinschaft katastrophal, die medizinische Versorgung ist miserabel.