Seit Wochen erstickt Rojava wieder in Feldbränden, die von türkischen Besatzungstruppen und ihren dschihadistischen Verbündeten gelegt werden. Die gezielte Brandstiftung ist Teil des Krieges gegen Nord- und Ostsyrien und dient der Türkei als Methode der systematischen Vertreibungspolitik und ethnischen Säuberung. Bereits bei der Besatzung von Efrîn vor gut zwei Jahren wurde das Fundament gelegt, die ökonomischen Grundlagen der Bevölkerung systematisch zu vernichten.
Doch seit letztem Sommer, als durch Feldbrände in landwirtschaftlichen Anbaugebieten ein Ernteverlust in fast dreistelliger Millionenhöhe verursacht wurde, erreicht diese Kriegsmethode nun eine neue Dimension. Im Vergleich zum letzten Jahr wurden 2020 etliche Felder viel früher in Brand gesetzt. Prallel dazu herrscht in vielen Regionen der selbstverwalteten Gebiete Wassermangel, da das von der Türkei und ihren Proxys besetzte Wasserwerk in Elok (Allouk) östlich von Serêkaniyê (Ras al-Ain) schon zum siebten Mal seit Jahresbeginn heruntergefahren wurde. Vielerorts können sich die Menschen auf die Brände gar nicht vorbereiten.
Brand in Till Temir, Quelle: ANHA
In der vergangenen Woche kam es insbesondere in und um Ain Issa sowie Girê Spî (Tall Abyad) zu einer Vielzahl von Bränden. Seit dem Vortag konzentrieren sich die Brandstifter auf die vorwiegend christlich besiedelte Stadt Til Temir (Tell Tamer). Gegen Mittag waren zunächst Anbauflächen in drei Dörfern etwa sechs Kilometer westlich der Stadt niedergebrannt worden. Dabei handelte es sich um Felder in den Ortschaften Rîhaniyê, Ezîziyê und Feyseliyê. Wenig später steckten die Besatzungstruppen auch in Qasimiyê mehrere Äcker in Brand. Aufgrund ungünstiger Windverhältnisse griffen die Flammen zudem auf Anbaugebiete im Dorf Um El Kêf über. Etwa zeitgleich gingen auch in Girê Spî Anbauflächen der Zivilbevölkerung in Flammen auf. Dort traf es die Bewohner*innen der Dörfer Serzorê und Farisa. Löschversuche von Anwohnern und Kämpfern, die sich am Widerstand gegen die Invasion der Türkei beteiligen, wurden durch gezielten Beschuss der Besatzungstruppen verhindert. Die Menschen müssen dabei zusehen, wie sich ihre Lebensgrundlage in Asche verwandelt.
Brand in Girê Spî, Quelle: ANHA
Brandstiftung auch in al-Bab
In dem Dorf Şêx Nasir östlich der von der Türkei besetzten Stadt al-Bab haben islamistische Proxys am Mittwoch landwirtschaftliche Flächen angezündet. Um die Dorfbewohner beim Löschen zu unterstützen und eine Ausbreitung des Feuers auf weitere Gebiete zu verhindern, rückten Einheiten des selbstorganisierten Militärrats von al-Bab aus.
Nach Angaben von Baran Arîme vom Militärrat wurde der Brand von Milizionären des protürkischen Verbands „Schutzschild Euphrat“ gelegt. Betroffen waren Weizenfelder sowie Walnuss- und Olivenplantagen.
Brand in Till Temir, Aufnahmen einer Überwachungskamera an der Front - Quelle: ANHA
Artilleriegranaten auf Umgebung von Flüchtlingslager
Nachdem am vergangenen Sonntag bereits türkische Artilleriegranaten in direkter Nähe des Flüchtlingslagers bei Ain Issa und den Dörfern Qizelî und Şorbenîşk nahe Girê Spî einschlugen und Wohnhäuser sowie Felder in Flammen aufgingen, wurden am Dienstag in der Ortschaft Temamiye Anbauflächen niedergebrannt. Durch den Wind breitete sich das Feuer schnell auf die angrenzenden Felder in den Dörfern Seyda und Mexaloq aus. Aufgrund anhaltender Angriffe und gezieltem Beschuss durch die Besatzungstruppen konnten Löschversuche hier ebenfalls nicht unternommen werden.
Ähnliche Szenen spielten sich Anfang letzter Woche westlich von Girê Spî ab, als durch ein gezieltes Bombardement auf zivile Siedlungsgebiete ein Flächenbrand entstand. Zunächst brannten mehrere Häuser, anschließend griffen die Flammen auf die umliegenden Felder über. Die Ernte in den Dörfern Zenubiya und Zey Ereb wurde durch das Feuer vollständig vernichtet.