Besuch einer Kita in Dêrik

Der Kindergarten Sara im nordsyrischen Dêrik ist vor zweieinhalb Monaten eröffnet worden. 45 kurdische, arabische und aramäische Kinder werden hier betreut, die Leiterin Hezdar Xelil stammt aus Efrîn.

Vor zweieinhalb Monaten eröffnete der Kindergarten Sara in Dêrik. Der Kindergarten wurde von der Saziya Perwerde, dem Bildungsverband von Nordsyrien, ins Leben gerufen. Inzwischen werden hier 45 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren von drei Erzieherinnen betreut. Der Kindergarten wurde vor allem für Lehrerinnen eingerichtet, damit sie ihrer Arbeit nachgehen können und ihre Kinder gut betreut wissen.

„Etwa 25 bis 30 Kinder sind tatsächlich die Kinder von Lehrerinnen, aber weil wir mehr Kapazitäten hatten, haben wir auch Kinder von Müttern, die bei Kongreya Star oder den Asayish arbeiten, aufgenommen”,  berichtet Hezdar Xelil, die Leiterin des Kindergartens. Die meisten Kinder sind kurdisch, aber es gibt auch vier arabische und ein aramäisches Kind.

In drei gemütlichen Gruppenräumen sind die Kinder nach Altersgruppen bis 13.00 Uhr betreut. Die Dreijährigen sitzen an den runden orangen Tischen und kneten, die Vierjährigen singen Lieder und in der Gruppe der Fünfjährigen wird gerade das kurdische Alphabet gelernt. Eine große Gruppe tanzt gerade im Saal zu lauter Musik. Hier steht auch immer noch ein Weihnachtsbaum.

Hezdar berichtet, dass die Fünfjährigen sich schon langsam auf die Schule vorbereiten, die im Spätsommer beginnt. Auch die Dreijährigen lernen schon Stifte zu verwenden.

„Die Räumlichkeiten waren auch schon zu Regimezeiten ein Kindergarten, aber alles war total heruntergekommen. Wir haben die sanitären Einrichtungen, die Räume und alles neu gemacht. Der Kindergarten ist von einem großen Garten umgeben. Die Stadtverwaltung hat uns versprochen, dass sie den Garten bald herrichten wird, dann können die Kinder auch draußen spielen. Leider sind unsere Möglichkeiten ziemlich begrenzt, wir können keine Spielsachen für die Kinder kaufen, aber es wird immer besser”, berichtet Feyruz, die von Anfang an beim Aufbau dabei war.

„In unserer Kultur sind die Kinder eigentlich bis Schulbeginn immer bei der Mutter. Es hat eine Weile gedauert, bis die Gesellschaft akzeptiert hat, dass die Mütter ihre Kinder abgeben und arbeiten gehen. Von Kongreya Star, der Frauenbewegung, gibt es hier in Dêrik auch eine Krippe”, berichtet sie weiter.

Die Eltern müssen selbst einen Beitrag zahlen. Die Betreuung eines Kindes kostet 2000 Dinar, umgerechnet vier Euro im Monat. Für die Kinder, die mit dem betriebseigenen Auto geholt und gebracht werden, kostet die Betreuung 5000 Dinar. Für mittellose Menschen und die Familien von Gefallenen ist die Betreuung kostenlos. Die Eltern geben den Kindern Essen mit, zweimal im Monat gibt es für alle Kinder in der Kita Essen.

Hezdar Xelil kommt aus dem kleinen Dorf Silka Mabata in Efrîn. Dort war sie in der Leitung des Lehrerverbandes. Sie war im dritten Monat schwanger, als die Dschihadisten und die türkische Armee Efrîn überfallen haben. „Damals habe ich gehofft, dass das Kind in meinem Bauch stirbt”, sagt sie. „Meine Schwester Aryen ist 2015 in Şehba gefallen. Mein Mann war bei den YPG, er hat ein Auge verloren und das Gehör auf beiden Ohren. Nach einer Operation ist es jetzt etwas besser. Mein Schwager wurde von der sogenannten FSA gefangengenommen. Weil er in der Selbstverwaltung mitgemacht hatte, wird er seit Monaten gefangen gehalten und täglich gefoltert und geschlagen.

Während des Krieges sind jeden Tag 20 bis 30 Freundinnen und Freunde gefallen. Wir  hatten mit so großen Mühen ein kurdischsprachiges Bildungssystem in Efrîn aufgebaut, nachdem das Regime verschwunden war. In jedem Dorf gab es eine kurdischsprachige Schule. Wir haben 2017 ein koedukatives System eingeführt, das war in Efrîn schon eine Revolution an sich. Bücher wurden gedruckt, jede Bevölkerungsgruppe wurde in ihrer Sprache unterrichtet.

Für Mütter, die als Lehrerinnen gearbeitet haben, hatten wir eine spezielles 45-tägiges Bildungsprogramm: Ideologie, Geschichte, Erdkunde, Sprache. Wir werden die Besatzung von Efrîn niemals akzeptieren. Niemals. Der größte Teil der Bevölkerung von Efrîn wartet in Şehba, um zurückzukehren. Wäre ich nicht schwanger gewesen, wäre ich auch geblieben. Meinen Sohn habe ich Serdem genannt, nach dem Widerstand von Efrîn.“