Bericht über Kriegsverbrechen in Efrîn veröffentlicht

Der Demokratische Rat Syriens (MSD) hat einen Bericht über die Kriegsverbrechen des türkischen Staates in Efrîn veröffentlicht.

Der Demokratische Rat Syriens (MSD) hat in Qamişlo einen Bericht über die in Efrîn begangenen Kriegsverbrechen veröffentlicht.

In dem Bericht wurden alle bekannten Entwicklungen seit dem 20. Januar 2018 dargestellt und die Angriffe des türkischen Staates auf die Zivilbevölkerung detailliert aufgeführt.

Der Bericht lautet:

„Der türkische Besatzerstaat und die mit ihm verbündeten, als syrische Opposition dargestellten Banden haben am 20. Januar 2018 eine Invasion auf den Kanton Efrîn begonnen. Efrîn war das ruhigste und sicherste Gebiet in Syrien. Der türkische Staat griff Efrîn mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kriegsmitteln an und versuchte diesen Angriff mit fernliegenden Ausreden zu rechtfertigen. Er respektierte dabei weder die syrische Regierung noch das internationale Recht und erklärte gegenüber der ganzen Welt, dass er syrisches Territorium besetzen werde.

Der türkische Staat missachtete internationale Abkommen und das Kriegsrecht. Er plünderte und raubte, ebenso setzte er sein Vorhaben zur aktiven Veränderung der Demografie der Region in die Praxis um. Gegen jegliche Moral verübte er Angriffe auf die Völker der Region und zerstörte durch seine Bombardierungen heilige und historische Stätten.

Laut internationalem Kriegsrecht und vom Roten Halbmond 2001 anerkannten internationalen Abkommen ist das, was der türkische Staat praktiziert, eine Okkupation nach Artikel 300 im neunten Abschnitt. Efrîn steht demnach unter feindlicher Besatzung.

Der türkische Staat hat nach internationalem Recht folgende Verbrechen verübt:

  1. Vernichtung nationaler Identitäten und Konfessionen
  2. Vernichtung von in Artikel 7 des Rom-Statuts aufgeführten Gruppen
  3. Verletzung von Frauenrechten
  4. Ermordung von Gefangenen und Misshandlung von Leichen
  5. Rechtswidriges Verhalten
  6. Plünderung und Beutezüge
  7. Verbrennung von Büchern, Dokumenten und historischen Hinterlassenschaften
  8. Verwüstung heiliger Stätten
  9. Entführung, Verschleppung, Folter und Ermordung
  10. Kindesentführung und Geiselnahme
  11. Anwendung von Gewalt und Entführungen zur Terrorfinanzierung
  12. Willkürliches Bombardement ziviler Gebiete

Nach der am 12. Januar 1951 verabschiedeten UN-Völkermordkonvention ist Massenmord ein Verbrechen, für das die verantwortlichen Parteien nach internationalem Recht bestraft werden. In Artikel 2 wird definiert, dass die Vernichtung nationaler, konfessioneller oder religiöser Gruppen ein solches Verbrechen darstellt: „In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören.“

Folgende Verbrechen des türkischen Staates in Efrîn konnten festgestellt werden:

  1. Vernichtung nationaler Identitäten und Konfessionen
  2. Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe

Das türkische Militär und seine Milizen begehen in Efrîn jeden Tag Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung. Diese Verbrechen stellen zu einem großen Teil Verstöße gegen internationales Recht dar. Diese Verbrechen wurden am 12. August 1949 in der Genfer Konvention als Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert. Nach dem Rom-Statut sind Kriegsverbrechen gleichzeitig Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Beispiele von Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch den türkischen Staat in Efrîn:

  1. Willkürliche Bombardierung ziviler Siedlungen und Zerstörung von Wohnhäusern
  2. Gezielte Angriffe mit Artillerie und Kampfflugzeugen auf die Zivilbevölkerung

Massaker des türkischen Staates an der Zivilbevölkerung von Efrîn vor dem 20. März:

21. Januar 2018: Bombardierung einer Hühnerfarm im Dorf Enabke bei Efrîn. Dabei sterben acht Personen aus der gleichen Familie.

23. Januar 2018: Bombardierung des Dorfes Dêr Bêlut bei Cindirês mit Raketen und Artillerie. Bei der Bombardierung sterben vier Zivilist*innen, fünf weitere werden verletzt.

28. Januar 2018: Bombardierung des Dorfes Koble in Şêrawa. Bei der Bombardierung sterben acht Zivilist*innen, sieben weitere werden verletzt.

31. Januar 2018: Bombardierung des Eşrefiyê-Viertels von Efrîn mit Raketen und Artillerie. Bei der Bombardierung stirbt ein Kind, 21 Zivilist*innen, unter ihnen Kinder, werden verletzt.

1. Februar 2018: Mit dem türkischen Staat verbündete Milizen misshandeln den Leichnam der gefallenen kurdischen Kämpferin Emîna Mustefa Umer (Barîn Kobanê).

9. Februar 2018: Die Gemeinde Basût bei Efrîn wird mit Artillerie und Raketen bombardiert. Bei der Bombardierung stirbt ein Kind, neun Zivilist*innen werden verletzt.

22. Februar 2018: Das türkische Militär bombardiert einen Zivilkonvoi auf dem Weg nach Efrîn. Bei der Bombardierung stirbt ein Zivilist, zwölf weitere werden verletzt.

2. März 2018: Türkische Kampfflugzeuge bombardieren das Dorf Kaxirê bei Mabeta. Bei der Bombardierung stirbt ein Zivilist, fünf weitere werden verletzt.

5. März 2018: Bombardierung eines aus Berbenê in Raco kommenden zivilen Konvois. Bei der Bombardierung sterben drei Zivilist*innen, neun weitere werden verletzt.

5. März 2018: Aufgrund der Detonation einer Mine in der Nähe des Dorfes Ferferiyê sterben drei Zivilist*innen, acht weitere werden verletzt.

7. März 2018: Aufgrund der Detonation einer Mine in der Nähe der Gemeinde Meydankê sterben zwei Zivilist*innen, vier weitere werden verletzt.

12. März 2018: Aufgrund der Detonation einer Mine im Dorf Gimrok sterben zwei Zivilist*innen.

13. März 2018: Aufgrund der Detonation einer Mine in der Nähe des Dorfes Bedinê stirbt ein Zivilist, vier weitere werden verletzt.

14. März 2018: Bombardierung des Stadtzentrums von Efrîn. Bei der Bombardierung sterben acht Zivilist*innen, 18 weitere werden verletzt.

15. März 2018: Bombardierung des Stadtzentrums von Efrîn. Bei der Bombardierung sterben sechs Zivilist*innen, fünf weitere werden verletzt.

16. März 2018: Bombardierung eines zivilen Konvois im Viertel Mehmûdiye von Efrîn. Bei der Bombardierung sterben 38 Zivilist*innen unter ihnen Kinder, 47 weitere werden verletzt.

18. März 2018: Aufgrund der Detonation einer Mine im Dorf Tirindê sterben drei Zivilist*innen, acht weitere werden verletzt.

18. März 2018: Aufgrund der Detonation einer Mine im Stadtzentrum von Efrîn sterben sechs Zivilist*innen.

Beispiele der Zerstörung von historischen und heiligen Orten in Efrîn

  1. Zerstörung des Tempels von Ayn Dara durch Bombardierung von Kampfflugzeuge
  2. Das Zentrum der Êzidischen Union wurde durch Bombardierung zerstört
  3. Der Friedhof Qerar Cernex wurde zerstört
  4. Der Friedhof des Dorfes Basûfanê wurde durch Bombardierung zerstört.
  5. Der Friedhof Barsa Xatûna wurde durch Bombardierung zerstört.

Der türkische Staat hat Beamte und Journalisten bei ihrer Arbeit gezielt angegriffen. Die Journalistin Bêrîvan Mustefa wurde erschossen, als sie die Angriffe des türkischen Staates auf die Region dokumentierte.

Der türkische Staat griff religiöse Zentren, Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser und Gesundheitszentren gezielt an und bombardierte Straßen, auf denen medizinisches Material und lebensnotwendige Güter transportiert wurden, um die kämpfenden Einheiten in der Stadt unter Druck zu setzen. Mit der gleicher Intention wurden auch gezielt die Wasserversorgung, die Stromversorgung und die Infrastruktur angegriffen.

Die Rechtsverletzungen des türkischen Staates nach der Evakuierung eines Großteils der Zivilbevölkerung

Der türkische Staat verübt gemeinsam mit seinen barbarischen Milizen vor den Augen der Weltöffentlichkeit Verbrechen, die sowohl gegen die Menschlichkeit als auch gegen internationale Verbote verstoßen. Er zielt damit darauf ab, die demografische Struktur der Region zu verändern und Efrîn zu turkisieren. Nach der gewaltsamen Vertreibung der Mehrheit der Bevölkerung aus ihren Siedlungsgebieten finden folgende Rechtsverletzungen statt:

  1. Schüler*innen wurden zum Tragen der türkischen Fahne gezwungen. Von Milizen wurden Videos veröffentlicht, auf denen Kinder dazu gezwungen werden, sich bei Erdoğan zu bedanken.
  2. Zivilist*innen werden verschleppt, um ein Klima der Angst zu schaffen und die verbliebenen Menschen aus der Region zu vertreiben.
  3. Nach der Vertreibung der Einwohner Efrîns wurden Bandenmitglieder und ihre Familien in den Dörfern Ikbis und Moska sowie in Şiye und Cindirês angesiedelt.
  4. Die Plünderungen und Diebstähle durch die Banden des türkischen Staates dauern an. Aufnahmen aus dem Stadtzentrum in Efrîn zeigen, wie mit al-Qaida verbundene Milizionäre Geschäfte und Häuser der Zivilbevölkerung plündern.
  5. Alle Institutionen wurden auf Türkisch oder Arabisch umbenannt.
  6. Die Arbeit aller Dienstleistungseinrichtungen und Gesundheitszentren wurde gestoppt. Die Einrichtungen wurden nach Azaz verlegt. Mit dieser Praxis will der türkische Staat Efrîn an Azaz anbinden.
  7. Einige Dörfer in der Region wurden nach ihrer vollständigen Räumung in Militärbasen umgewandelt.
  8. Zivilisten wurden zum Religionsunterricht gezwungen, Frauen zur Verhüllung.
  9. Die ezidische Bevölkerung wurde mit Gewalt islamisiert und in Moscheen gebracht.
  10. Mitglieder von Milizen haben Jugendliche enthauptet. Von diesen enthaupteten Jugendlichen konnten nur Mihemed Horo und Elî Yûnis aus dem Kreis Şeran identifiziert werden.
  11. Viele Jugendliche aus Efrîn werden entführt.
  12. Die Verwandten von Gefallenen werden entführt.
  13. In den Dörfern Efrîns wurden etwa 4.000 Milizionäre und ihre Familien angesiedelt.
  14. Die Gemeinde Kefer Cenê wurde durch die angesiedelten Familien der Milizionäre vollständig arabisiert.
  15. Im Dorf Kefer Sefrê wurden mindestens 300 Familien von Milizionären angesiedelt.
  16. Die Milizen haben in der Stadt etliche Zivilist*innen entführt, darunter Welat Enwer Hemdûş (40) und Yekbîn Enwer (38).
  17. Viele Frauen, unter ihnen auch Minderjährige, wurden zum Ziel von Vergewaltigungen und Übergriffen.
  18. Selbst die grundlegendsten Rechte wurden der Zivilbevölkerung genommen. Nicht einmal die Leichen der beim Angriff getöteten Angehörigen werden ihnen übergeben.

Bericht über die Vertreibungen aufgrund der Angriffe

Über die durch die Angriffe aus ihrem Lebensraum vertriebenen Zivilist*innen wurde ein umfassender Bericht angefertigt. Die Demokratische Selbstverwaltung hatte am 16. März 2018 entschieden, die Zivilbevölkerung in sichere Gebiete in Şêrawa, Nubil, Zehrai und Şehba zu bringen.

Die Zahl der aus Efrîn zur Flucht gezwungenen Menschen liegt bei 300.000. Die Vertriebenen sind nach Arfêd (Til Rifat) und Şehba gegangen. Dort wurden die Namen von 160.000 Zivilist*innen gemeldet. Die übrigen Geflüchteten sind in die Regionen Şêrawa, Nubil und Zehrai gegangen. Viele Familien gingen auch nach Aleppo. 1.500 Familien sind in Minbic festgestellt worden. Eine geringe Anzahl von Familien ist in Regionen östlich des Euphrat, nach Kobanê oder Qamişlo gezogen.

Was die Menschen aus Efrîn in den Flüchtlingslagern benötigen

Von der Selbstverwaltung von Şehba und Efrîn wurde mit Hilfe von Heyva Sor a Kurd und anderen Hilfsorganisationen in Fafîn ein Flüchtlingslager errichtet. In diesem Lager wurden 850 Zelte aufgestellt, doch die Hilfe reicht nicht aus, um den Bedarf der Menschen zu decken. Die Zahl der Menschen aus Efrîn in dem Lager liegt bei 15.000. Aufgrund der steigenden Bevölkerungszahl im Lager und fehlender Unterstützung von außen wurde die Errichtung eines zweiten Lagers beschlossen.

Probleme im Lager:

  1. Es gibt nicht der Anzahl der Familien entsprechend ausreichend Zelte.
  2. Die medizinische Versorgung ist problematisch.
  3. Für die Region werden Krankenwagen und mobile Gesundheitszentren benötigt.
  4. Es besteht Bedarf nach einer Geburtsklinik.
  5. Diabeteskranke benötigen dringend Hilfe.
  6. Die Kinder brauchen dringend Milch. Es fehlt auch an Kinderkleidung.
  7. Es mangelt an sauberem Wasser zum Trinken und zur Reinigung. Dieser Bedarf muss sofort gedeckt werden, sonst drohen ansteckende Krankheiten.
  8. Etwa 1.700 Patient*innen benötigen dringend Behandlung wegen Hautkrankheiten.

Die Menschen in Efrîn wurden zum Opfer eines sehr schweren und grausamen Angriffs. Wir erklären, dass wir alle Rechtsverletzungen in Syrien verurteilen und allen Betroffenen dieser Rechtsverletzungen und ihren Familien helfen wollen. Wir sprechen allen Menschen, die Angehörige im Krieg in Syrien verloren haben, unser herzliches Beileid aus und wünschen den Verletzten gute Besserung.

Wir verurteilen die Angriffe des türkischen Staates auf die Völker Syriens und seine grausamen Handlungen aufs Schärfste. Wir sind in großer Sorge um das Leben der entführten Bürgerinnen und Bürger und rufen die internationale Gemeinschaft dazu auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Die Angriffe des türkischen Staates und die damit verbundenen Gräueltaten stellen ein Hindernis für die Lösung des Kriegs in Syrien und den Kampf gegen den Terror dar. Wir fordern dem internationalen Recht entsprechend:

Die Besatzung von Efrîn soll als eine illegale, dem internationalen Recht und den Vereinten Nationen widersprechende Handlung betrachtet werden. Es muss auf alle Besatzungskräfte in allen besetzten Gebieten, vor allem in Efrîn, Druck ausgeübt werden, damit sie sich kampflos sofort zurückziehen.

Wir verurteilen die illegitime Besatzung Efrîns durch den türkischen Staat und betrachten diese als Völkerrechtsbruch. Wir stellen folgende Forderungen auf:

  1. Die Besatzungstruppen müssen sich bedingungslos sofort aus Efrîn und allen besetzten Gebieten in Syrien zurückziehen.
  2. Alle Menschenrechtsverletzungen des türkischen Staates in Efrîn und Nordsyrien müssen aufgeklärt werden.
  3. Der Aufenthaltsort der verschleppten Personen muss umgehend festgestellt und die Personen unverzüglich freigelassen werden. Alle Kräfte müssen für die Entschädigung der entführten Personen geradestehen.
  4. Es müssen sofort Maßnahmen getroffen werden, um die noch lebenden Entführten zu finden Für die Ermordeten muss Rechenschaft gefordert werden.
  5. Um Menschenrechtsverletzungen in Efrîn zu ermitteln, sollte ein unabhängiger, unparteiischer und transparenter Ausschuss aus Menschen- und Frauenrechtsorganisationen eingerichtet werden. Personen, die Verbrechen wie Mord oder Körperverletzung in Efrîn begangen haben, müssen nach internationalem Recht verurteilt werden.
  6. Wir rufen alle Zivil- und Menschenrechtsorganisationen in Syrien auf, die Verbrechen des türkischen Staates in Efrîn zu untersuchen. Diese Organisationen sollten diejenigen identifizieren, die an Verbrechen gegen menschliche Werte beteiligt sind, unabhängig davon, ob sie sich in der Türkei oder in Syrien befinden. Aus den Ergebnissen der Untersuchung müssen Dossiers erstellt werden, die zur Verurteilung der Täter beitragen können.
  7. Es muss ein Umfeld geschaffen werden, in dem die Menschen aus Efrîn so schnell wie möglich in ihren Lebensraum zurückkehren können und ihnen müssen die geraubten Besitztümer zurückgegeben werden.
  8. Die vom türkischen Staat verwüsteten Dörfer Efrîns müssen mit Lebensmitteln, ökonomischen und humanitären Hilfen versorgt werden. In dieser Hinsicht richten wir unseren Aufruf auch an die internationale Gemeinschaft.
  9. Die aus ihren Lebensräumen zwangsvertriebenen Menschen aus Efrîn sollten gegen ihre Peiniger juristische Wege beschreiten. Die Politik der demografischen Veränderung der Region muss sofort gestoppt werden."