Hunderte Angriffe in einem Monat
Der Alltag in Efrîn und Şehba ist weiterhin von Gewalt der türkischen Armee und deren islamistischer Milizen geprägt. Praktisch täglich schlagen in der Region im Norden Syriens, die seit einer Neuerung des Gesellschaftsvertrags der Selbstverwaltung zum Kanton Efrîn-Şehba zusammengefasst wurde, Bomben und Granaten ein – abgefeuert in der illegalen Besatzungszone, die der NATO-Partner Türkei dort im Bündnis mit Dschihadistenmilizen betreibt.
Die Dokumentationsstelle der „Befreiungskräfte Efrîns“ (HRE) zählte im Vormonat über 300 Angriffe auf Siedlungen und Dörfer in Efrîn-Şehba. Aufgelistet in dem Bericht der Widerstandsgruppe sind unter anderem 107 Angriffe mit Haubitzen, 109 weitere mit Mörsern und 63 Attacken mit handgeführten Granatwerfern. In sechs Angriffen kamen SPG-9-Geschütze zum Einsatz, weitere 42 Bombardements führten bewaffnete Aufklärungsdrohnen oder Kamikazedrohnen durch. Die Zahl der über den gesamten August in Teilen der Region eingeschlagenen Geschosse beziffern die HRE mit 1.327.
Die meisten Angriffe trafen die Zivilbevölkerung in Dörfern bei Tel Rifat sowie im nicht vollständig von der Türkei besetzten Kreis Şêrawa nahe Efrîn-Stadt und forderten fünf Verletzte. Dabei handelt es sich um eine 15-jährige Jugendliche, die durch Artilleriefeuer gegen das Camp Şehba verletzt worden war, sowie vier männliche Zivilisten im Alter zwischen 27 und 45 Jahren. Sie waren bei zwei aufeinanderfolgenden Kamikazedrohnen-Angriffen in Bênê verletzt worden, als Besatzungstruppen zum wiederholten Mal die Double-Tap-Taktik einsetzten; ein militärisches Vorgehen, bei dem das gleiche Ziel zweimal nacheinander angegriffen wird, um beim zweiten Schlag primär Rettungskräfte und Ersthelfer zu treffen.
Laut den HRE führten die Angriffe im August zu deutlich höheren Schäden an der Infrastruktur der Selbstverwaltung sowie beim Eigentum an der Zivilbevölkerung als in den Monaten zuvor. So hatte die Widerstandsgruppe im Juli rund 120 Angriffe verzeichnet. Das ist ein Anstieg von mehr als fünfzig Prozent im Vergleich zum Vormonat. Eine Aufschlüsselung des Ausmaßes aller Schäden infolge der türkisch-dschihadistischen Militärgewalt lag zuletzt aber nicht vor.
Über die HRE
Die Befreiungskräfte Efrîns (Hêzên Rizgariya Efrînê) haben sich nach der Besatzung von Efrîn im Jahr 2018 mit dem Ziel gegründet, die Region zu befreien und eine Rückkehr der vertriebenen Bevölkerung zu ermöglichen. Neben regelmäßigen Vergeltungsangriffen, die die Widerstandsgruppe gegen die Besatzer verübt, dokumentieren die HRE auch die türkische Militärgewalt in der Region und veröffentlichen die Zahlen in regelmäßigen Berichten.