AANES lehnt UN-Bericht über „Inhaftierung“ von Kindern ab

Die AANES weist Vorwürfe des UN-Menschenrechtsrats zurück, wonach ihre Sicherheitskräfte mehrere Kinder im Camp Roj ihren Müttern entrissen hätten. Sie seien in Rehabilitationszentren gebracht worden, um einer Indoktrination durch den IS entgegenzuwirken.

Die Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (AANES) wies am Samstag Vorwürfe des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen zurück, ihre Sicherheitskräfte hätten mehrere Kinder von Angehörigen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) gewaltsam aus ihren Familien entrissen. Die Minderjährigen seien nicht wie behauptet der „Fürsorge ihrer Mütter“ entzogen worden, teilte die AANES-Abteilung für Außenbeziehungen in einer Erklärung mit. Sie seien vielmehr in Rehabilitationszentren gebracht worden, um einer Indoktrination durch den IS entgegenzuwirken.

In einem vor zwei Tagen veröffentlichten Bericht gibt der UN-Menschenrechtsrat an, mindestens zehn Jungen aus dem Lager Roj bei Dêrik wären ihren Müttern weggenommen worden, um mutmaßlich in Gefängnisse oder andere Hafteinrichtungen in der Autonomieregion gebracht zu werden. Einige dieser Kinder seien erst zwölf Jahre alt, so die UN-Fachgruppe. Die AANES lehnt diese Behauptung jedoch ab. In Camp Roj herrsche eine Ausnahmesituation, die durch Islamismus ausgelöst werde.

„Gerade Kinder, die in einer Familie mit extremistischen Einflüssen aufwachsen, sind besonders anfällig dafür, selbst radikalisiert zu werden. Indoktrination, ein extremistisches soziales Umfeld und der Mangel an alternativen Beziehungen machen diese Kinder extrem anfällig. Um sie davor zu bewahren, dass sie womöglich für die IS-Jugendorganisation ‚Junglöwen des Kalifats‘ angeworben werden, ist es wichtig, diese gefährdete Gruppe, bei der oftmals bereits deutliche extremistische Einstellungen und Verhaltensweisen bestehen, aus der Radikalisierungsspirale zu führen und mittels Präventionsprogrammen und Entradikalisierungs-Prozessen zu alternativen Handlungsoptionen anzuregen“, so die AANES.

Das Lager Roj befindet sich in der Nähe von Dêrik und gilt nach dem Auffang- und Internierungslager Hol bei Hesekê als zweitgefährlichstes Camp in Nord- und Ostsyrien. Es wird von der AANES betrieben und den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) bewacht. Aktuell beherbergt es rund 2.800 Personen, zumeist Frauen von IS-Dschihadisten und ihre Kinder. Einige der Einwohner:innen stammen aus Syrien und dem Irak, doch der Großteil setzt sich aus Menschen aus 60 verschiedenen Ländern zusammen. In Camp Hol halten sich zurzeit sogar mehr als 55.000 Personen auf. Die Autonomieverwaltung dringt seit Jahren darauf, dass die Heimatländer ihre Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zurücknehmen. Der Irak hat einige tausend repatriiert, will die gefährlichsten Dschihadisten aber nicht zurückhaben. Auch viele europäische Staaten lehnen die Rücknahme der IS-Angehörigen ab.

„So bleiben diese Lager aber eine tickende Zeitbombe und Rekrutierungspool für künftige IS-Terroristen“, hält die AANES-Abteilung für Außenbeziehungen fest und verweist auf frühere Untersuchungsberichte verschiedener internationaler Organisationen zu den Bedingungen in den Camps. Ohnehin könnten alle Gefängnisse, Lager und Rehabilitationszentren im Autonomiegebiet Nord- und Ostsyriens „von jedermann“ besichtigt werden. Auch deshalb seien die Vorwürfe des UN-Menschenrechtsrats nicht nachvollziehbar. Kritisch betrachtet das Ressort vor allem auch den „augenscheinlich verfestigten Unwillen“ der internationalen Gemeinschaft zu einer Lösung für die ausländischen IS-Gefangenen bzw. Internierten. „Wir werden mit dem Problem alleine gelassen. Dabei stellen diese Lager nicht nur eine Gefahr für die Sicherheit in den Gebieten der AANES dar, sondern auch für den Rest der Welt.“

Gerade was die Kinder angeht, sollten die Ziele der internationalen Gemeinschaft eigentlich klar sein. Sie haben oft einen großen Teil oder gar ihr ganzes Leben unter traumatisierenden Bedingungen im IS-Gebiet oder in Auffanglagern verbracht, wo sie nun der Indoktrination durch die Terrormiliz - oftmals durch Strukturen von Dschihadistinnen – ausgesetzt sind. Entsprechend stünden eigentlich die Bewältigung des Erlebten sowie die psychologische und pädagogische Betreuung im Vordergrund. Bis auf wenige Ausnahmen entzieht sich die Staatengemeinschaft aber dieser Verantwortung.