Şehba: Tausende Menschen protestieren vor russischem Stützpunkt

Vor einem russischen Stützpunkt in Şehba haben Tausende Vertriebene aus Efrîn eine Stellungnahme zu den türkischen Invasionsandrohungen und der demografischen Veränderung in Nordsyrien eingefordert.

Im nordsyrischen Kanton Şehba haben Tausende Vertriebene aus Efrîn gegen die gezielte Veränderung der Bevölkerungsstruktur in der türkischen Besatzungszone und die erneuten Invasionsandrohungen durch Erdogan protestiert. Die Demonstration führte von Fafin bis zu einem russischen Stützpunkt im Dorf Wehşiye, auf Transparenten und mit Parolenrufen wurde die von der Türkei forcierte demografische Veränderung in Nordsyrien verurteilt.

Hintergrund der Demonstration ist die Siedlungspolitik der türkischen Regierung zur Durchsetzung ihrer neo-osmanischen Expansionspolitik. Die türkische Staatsführung hat angekündigt, eine Million Geflüchtete nach Syrien zurückzuschicken. Wie die Menschenrechtsorganisation Efrîn mitteilte, sollen bereits rund hundert Syrerinnen und Syrer aus der Türkei in die türkische Besatzungszone in Girê Spî (Tall Abyad) eingereist sein. Diese Menschen stammen aus syrischen Regionen wie Homs, Aleppo, Idlib und Ost-Ghouta und wurden in den Wohnungen von Vertriebenen untergebracht. Gleichzeitig treibt der türkische Staat den Bau von Fertighaussiedlungen voran. Die dort angesiedelten Menschen sollen Ausweise erhalten und das Recht haben, vier Mal im Jahr die Türkei zu besuchen.

Perspektivisch will die Türkei einen bis weit in den Süden reichenden Streifen Syriens besetzen und annektieren. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat am Montagabend einen neuen Angriffskrieg gegen die Autonomiegebiete von Nord- und Ostsyrien angekündigt. Die „militärische Operation“ an der Südgrenze der Türkei werde bald beginnen, sagte Erdoğan. Ziel sei die Schaffung einer 30 Kilometer breiten „Sicherheitszone“, mit der „terroristische Bedrohungen“ aus der Region bekämpft werden sollen. Damit wären auch Städte wie Kobanê oder Qamişlo mögliche Angriffsziele des türkischen Staates.

Vor dem Stützpunkt in Wehşiye forderten die Demonstrant:innen Russland zu einer Stellungnahme auf. Nayîla Îsa, die 2018 durch die türkische Invasion aus Efrîn vertrieben wurde und inzwischen das in Eigenregie aufgebaute Camp Berxwedan in Şehba leitet, erklärte, dass das Schweigen zu Erdogans Absichten und den permanenten Angriffen auf die Bevölkerung der Autonomieregion Nordostsyrien große Gefahren mit sich bringe. Der türkische Staat beabsichtige, Syrien und vor allem den Norden des Landes erneut zu einem Kriegsschauplatz und zu einer sicheren Zuflucht für radikale Kräfte zu machen.

Nach der Erklärung kam es zu einem Gespräch zwischen einer Delegation der Efrîn-Vertriebenen und russischen Militärs. Die Delegation übermittelte ihre Forderungen und erklärte anschließend, dass die russische Seite zugesagt haben, einen Angriff der Türkei auf Şehba zu verhindern.