Şehba: Ein Krankenhaus für Hunderttausende Menschen

Şehba steht unter einem Embargo. Kranke können daher nicht ausreichend versorgt werden und sterben. Der Arzt Osman Isa schildert gegenüber ANF die Lage in der nordsyrischen Region, in der Hunderttausende Menschen aus Efrîn Zuflucht gesucht haben.

Seit der Besatzung von Efrîn durch die Türkei leben im benachbarten Kanton Şehba Hunderttausende Menschen unter schwierigen Bedingungen. Große Probleme bestehen vor allem auch in der gesundheitlichen Versorgung. Neben Krebs, Diabetes und psychischen Erkrankungen leiden viele Menschen unter Hautkrankheiten.

Die Region Şehba unterliegt einem Embargo und verfügt über ein einziges Krankenhaus, das unzureichend ausgestattet ist. Der Kurdische Rote Halbmond (Heyva Sor a Kurd) hat elf Gesundheitsstationen in der Region eingerichtet. Es fehlen jedoch Ärzte, medizinisches Gerät und Medikamente. Wir haben mit dem Gynäkologen Dr. Osman Şêx Îsa vom Krankenhaus Avrîn über den Gesundheitszustand der Bevölkerung und den bestehenden Bedarf gesprochen.

Todesfälle aufgrund mangelnder Gesundheitsversorgung

Das Avrîn-Krankenhaus ist nach der Besatzung von Efrîn von der Autonomieverwaltung und dem Gesundheitskomitee aufgrund des dringenden Bedarfs in Şehba aufgebaut worden, erzählt der Mediziner: „Ein großer Teil der Bevölkerung ist nach 58 Tagen Widerstand nach Şehba gegangen. Aber auch diese Gegend war bis vor kurzem noch Kriegsgebiet. Es gab überhaupt keine medizinischen Einrichtungen. Die Region ist eingekreist und es gibt keine offenen Straßen. Die Menschen konnten daher auch nicht zur medizinischen Behandlung nach Aleppo fahren. Aus diesem Grund haben sich das Gesundheitskomitee und die Autonomieverwaltung sofort um eine Lösung gekümmert.

Als ersten Schritt hat Heyva Sor nach dem jeweiligen Bedarf in der Region Gesundheitsstationen eingerichtet, aber das reichte nicht aus. Es konnten nur oberflächliche Untersuchungen durchgeführt und die vorrätigen Medikamente ausgeteilt werden. Operationen und eine wirkliche medizinische Behandlung waren dort nicht möglich. Daraufhin haben wir mit dem Aufbau des Avrîn-Krankenhauses begonnen. In der ersten Zeit waren unsere Möglichkeiten sehr beschränkt. Es gab keine Fachärzte, es konnten keine Operationen durchgeführt werden und wir konnten keine Medikamente bestellen.

Aus diesem Grund haben viele Menschen ihr Leben verloren, darunter Herzpatienten und Zuckerkranke. Die Situation war sehr hart und traurig für uns. Mit vereinten Kräften schafften wir es schließlich, das Krankenhaus so weit auszubauen, das es den Bedarf bis zu einem bestimmten Punkt decken konnte.“

Das einzige Krankenhaus in der Region

Im Avrîn-Krankenhaus werden nicht nur Patienten aus Efrîn oder Şehba behandelt. Dr. Isa sagt dazu: „Das Krankenhaus ist zu einer zentralen Anlaufstelle für die gesamte Region geworden. Sogar aus Aleppo kommen Menschen hierher, wenn sie die Möglichkeit dazu finden. Die Krankenhausleitung hat auch nie beschlossen, dass nur Vertriebene aus Efrîn behandelt werden. Alle Patienten werden gleich behandelt. In Aleppo sind die Kosten für Operationen und Behandlung sehr hoch. Wenn es ihnen möglich ist, kommen die Menschen zu uns, weil die Behandlung bei uns kostenlos ist.“

Inzwischen gibt es manchmal die Möglichkeit, Schwerkranke zur weiterführenden Behandlung in ein Krankenhaus in Aleppo zu bringen. „Wir haben jedoch nur einen Krankenwagen und viele Schwerkranke“, sagt der Arzt. Weil der Weg jedoch nicht unbeschränkt offen steht, verlieren weiter Menschen ihr Leben.

„Wir haben vor allem viele Krebspatienten. Seit wir hier sind, sind zwölf Menschen an Krebs verstorben. Im Moment gibt es knapp vierzig Krebskranke, die wir ständig nach Aleppo schicken müssten. Trotz aller Bemühungen gibt es dafür nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten. Es mangelt immer noch an vielem. Es gibt nicht genügend Gesundheitspersonal, wir haben nur wenige Geräte und vor allem keine Laborgeräte. Viele Kranke versuchen wir zur Diagnose nach Aleppo schicken. Wenn wir selbst ausreichend ausgestattet wären, wären wir viel weniger auf den Weg nach Aleppo angewiesen."

Ein großer Bedarf besteht auch in der Herzchirurgie, Neurologie und Psychologie. „In der Region gibt es viele Hautkrankheiten, die sich ausbreiten. Wir haben leider keinen Hautarzt“, so Dr. Isa.

Die Region Şehba ist von der Außenwelt abgeschnitten

Der Arzt des Avrîn-Krankenhauses sagt weiter: „Die Region ist vollkommen umstellt. Für jede Fahrt hinaus oder herein ist eine Genehmigung erforderlich. Wird die Genehmigung nicht erteilt, können Kranke das Gebiet nicht verlassen und Medikamente kommen nicht hinein. In Aleppo gibt es viele Spezialisten und Ärzte, die gern hier arbeiten würden. Aufgrund der vielen Kontrollpunkte, der Befragungen, dem Druck und der daraus entstehenden Angst kommen jedoch kaum Menschen hierher. Für neurologische und psychische Erkrankungen, Herzkrankheiten und Tuberkulose bekommen wir keine Medikamente.

Die Menschen in Şehba setzen ihre Hoffnung in uns. Wenn die notwendigen Medikamente nicht vorrätig sind, müssen wir sie notgedrungen an Apotheken außerhalb verweisen. Das macht den Menschen zu schaffen, weil sie einerseits kein Geld für Medikamente haben und es andererseits kaum Medikamente zu kaufen gibt.“

Im Avrîn-Krankenhaus sind nach Angaben von Dr. Isa im vergangenen Monat 23.256 Patienten vorstellig geworden, in den elf Gesundheitsstationen von Heyva Sor weitere 24.000. Im Krankenhaus sind es täglich zwischen 800 und 900 Menschen. Seit der Eröffnung sind 3700 Operationen durchgeführt worden. Weiterer Bedarf besteht bei Kinderkrankheiten sowie Medikamenten und Milch für Neugeborene und Einjährige.

Zuletzt sagt Dr. Isa: „Wir kritisieren die internationalen Einrichtungen. Die Menschen hier sind in keiner Weise unterstützt worden. Die internationale Gemeinschaft widmet ihnen keine Aufmerksamkeit. Alles, was wir wollen, ist Unterstützung bei der Durchbrechung des Embargos und Hilfe bei der medizinischen Ausrüstung.“