Die im nordsyrischen Kanton Şehba angesiedelte Menschenrechtsorganisation „Rêxistina Mafên Mirovan li Efrînê-Sûriye“ hat eine Bilanz der Menschenrechtsverletzungen im Monat Juni im seit mittlerweile über vier Jahren von der Türkei und ihren Söldnertruppen besetzten Efrîn veröffentlicht. Demnach wurden mindestens 45 Personen verschleppt und über 900 Bäume für den Verkauf gefällt.
Benannt werden in dem Bericht Entführungen durch den türkischen Geheimdienst MIT, die vom Besatzungsregime installierte Militärpolizei und politische Polizei sowie durch dschihadistische Söldnergruppen wie Faylaq al-Sham, Al-Hamzad und Cephet al-Shamiya in den Bezirken Cindirês, Şiyê, Şêrawa, Bilbil, Raco, Mabeta und Efrîn-Stadt.
Im gesamten Kanton Efrîn sind laut dem Bericht über 900 Bäume gefällt worden, überwiegend Oliven- und Granatapfelbäume, um das Holz zu verkaufen und die Natur zu zerstören.
346 Entführungen innerhalb von sechs Monaten
Im ersten Halbjahr 2022 ergibt sich damit eine Bilanz von 346 Entführungen, darunter 30 Frauen. 18 Personen wurden in diesem Zeitraum ermordet. Laut der Menschenrechtsorganisation wurden innerhalb von sechs Monaten 8500 Bäume gefällt. Zudem wurden Wälder und Felder niedergebrannt.
Die Verschleppung von Menschen zwecks Lösegelderpressung gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen der von der Türkei in Efrîn angesiedelten Dschihadisten. Bei der Invasion im Januar 2018 wurde der Besitz der Bevölkerung von Efrîn für die Söldnertrupps „freigegeben“, an allen eroberten Orten wurde geplündert. Darüber hinaus werden Menschen auch aus politischen Gründen verschleppt, wenn sie sich dem Besatzungsregime nicht unterordnen oder ihnen eine Nähe zu der ehemaligen Autonomieverwaltung unterstellt wird. In den Kerkern der Besatzungsmacht werden immer wieder Menschen zu Tode gefoltert. Andere werden in die Türkei verschleppt und rechtswidrig verurteilt. Seit Beginn der Besatzung gelten Tausende Menschen als „verschwunden“. Die Invasion in Efrîn markiert den Beginn des Expansionismus der Türkei. Vor der Besatzung war Efrîn die friedlichste Region in Syrien.