Die Serie von Morden im nordostsyrischen Flüchtlings- und Internierungslager Hol reißt nicht ab. Wie die Verwaltung des Camps östlich von Hesekê am Sonntag mitteilte, haben Sicherheitskräfte in Sektor eins die Leiche eines irakischen Jugendlichen gefunden. Der 16-jährige Namer Rabah Yasein wurde demnach mit Schüssen in den Kopf und in die Brust getötet. Hinter der Tat werden Schläferzellen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) vermutet. Seit Ende Januar gilt wegen dem extremen Anstieg an Gewalttaten eine Ausgangssperre in Hol. Niemand darf das Gelände verlassen.
Wie die Lagerverwaltung weiter berichtet, ist am Samstag zudem die Leiche einer syrischen Binnenvertriebenen entdeckt worden. Die 20-Jährige sei in ihrem Zelt im fünften Bereich des Lagers erschossen worden. Damit hat sich die Zahl der Morde in Camp Hol seit Jahresbeginn auf mindestens 33 erhöht. Die meisten Mordopfer waren Irakerinnen und Iraker. Im gleichen Zeitraum kam es zu zehn Mordversuchen. Bei einem Todesopfer handelt es sich um ein örtliches Teammitglied von „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF), das in der Nacht zum 24. Februar ermordet wurde. Die Hilfsorganisation hat ihre Arbeit in Camp Hol inzwischen ausgesetzt – einschließlich der medizinischen Versorgung in den Zelten sowie der Versorgung mit Wasser und Sanitäranlagen.
Brutstätte des IS
Das Camp Hol im syrisch-irakischen Grenzgebiet ist so groß wie eine Stadt und gilt als Brutstätte des IS. In dem Lager leben derzeit mehr als 60.000 Menschen aus mehr als 50 verschiedenen Ländern, darunter etwa 31.000 irakische und weitere 22.000 syrische Staatsangehörige. Bei tausenden Bewohnerinnen und Bewohnern von Hol handelt es sich um IS-Anhänger oder ehemalige Mitglieder, die im Zuge der Einnahme der letzten IS-Bastion Baghuz Anfang 2019 von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) aufgegriffen wurden. Rund 93 Prozent aller Menschen im Lager sind Frauen und Kinder. Die Verhältnisse sind aufgrund der ausbleibenden Hilfe von der Staatengemeinschaft katastrophal, die medizinische Versorgung ist miserabel. Nur wenige Internierte sind bisher von ihren Heimatländern zurückgeführt worden.
Herkunftsländer übernehmen keine Verantwortung
Die nordostsyrische Autonomieverwaltung ist angesichts der Massen, türkischen Angriffsdrohungen und Aktivitäten von IS-Schläfermilizen überfordert und appellierte immer wieder an die Herkunftsländer, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen. Vor allem Dschihadistinnen haben eigene Strukturen aufgebaut und begehen immer wieder Gräueltaten an Personen, die nicht nach den Maßstäben des IS leben. Der türkische Geheimdienst MIT unterstützt die Dschihadistinnen im Camp und hat einigen zur Flucht verholfen.