16-Jähriger in Efrîn von Siedler ermordet

Im besetzten Efrîn ist ein kurdischer Jugendlicher von einem arabischen Siedler aus Idlib ermordet worden. Der Junge wurde wohl erstochen und anschließend in einen Brunnen geworfen.

Terrorregime in Besatzungszone

Im besetzten Efrîn im Nordwesten Syriens ist ein kurdischer Jugendlicher von einem Siedler ermordet worden. Der Junge wurde wohl erstochen und anschließend in einen Brunnen geworfen, berichteten verschiedene Medien, darunter die in Rojava ansässige Nachrichtenagentur Hawarnews. Die Menschenrechtsorganisation Rêxistina Mafên Mirovan li Efrînê bestätigte den Mordfall.

Die brutale Tötung des 16-jährigen Ehmed Xalid Mamo (andere Schreibweise Ahmad Khaled Mamo) sorgt für Entsetzen und Fassungslosigkeit. Die Tat ereignete sich am Mittwoch in Cindirês, einer kleinen Stadt im Berggebiet Çiyayê Kurmênc (Kurd Dagh), die im Südwesten der Efrîn-Region liegt. Bei dem Täter soll es sich um einen arabischen Siedler aus Idlib handeln. Er habe dem Jungen zunächst mehrere Messerstiche hinzugefügt, unter anderem im Halsbereich. Anschließend habe er den schwerverletzten Teenager am Rande des Dorfes Til Silorê in einen Brunnen geworfen.

In Videos in sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie ein an ein Seil gebundener lebloser Junge aus einem Brunnen gezogen wird. Im Hintergrund sind sehr viele Stimmen zu hören, mehrere Personen sprechen Kurdisch. Nach der Bergung des Leichnams zog eine aufgebrachte Menschenmenge vor das sogenannte Militärkrankenhaus in Efrîn, das von den türkisch-dschihadistischen Besatzungstruppen kontrolliert wird. Außerdem fuhr ein Konvoi mit dutzenden Mofas und Motorrädern bis zum Militärkrankenhaus. Die Menschen forderten die Festnahme des Tatverdächtigen und ein Ende der Siedlergewalt in Efrîn. Die Besatzer schossen mit scharfer Munition in die Luft, um die Menge zu zerstreuen.

Nach den Berichten über die brutale Tat kannten sich der Tatverdächtige und sein Opfer. Der Siedler soll in einer Bäckerei gearbeitet haben, die vom Vater des ermordeten Jungen betrieben wird. Sein mögliches Motiv: er habe bis vor kurzem noch in der Bäckerei gearbeitet und sei am Dienstag wegen „Fehlverhalten“ entlassen worden. Um sich an seinem ehemaligen Arbeitgeber zu rächen, habe er dessen Sohn umgebracht, berichtete Rêxistina Mafên Mirovan li Efrînê.

Die Proteste gegen die Tötung des kurdischen Jungen gingen derweil auch am Donnerstag weiter. Demonstriert wurde aber auch gegen die Anordnung der Besatzung, Ehmed Xalid still und ohne große Aufmerksamkeit zu beerdigen. Auch sei der Trauergemeinde verboten worden, Fahnen in den kurdischen Farben grün, rot und gelb zu zeigen. Stattdessen seien nur „schwarze Trauerflaggen“ zugelassen worden, hieß es. Der verdächtige Siedler wurde derweil festgenommen. Ob er bestraft wird, bleibt allerdings offen. Der Araber soll Angehöriger einer Söldnerfamilie sein, die von der Besatzung in Efrîn angesiedelt wurde. Milizionäre des türkischen Staates genießen in der Besatzungszone praktisch Straffreiheit.

Türkisch-dschihadistisches Terrorregime in Efrîn

Seit März 2018 hält die Türkei mithilfe von dschihadistischen Proxy-Truppen der „Syrischen Nationalarmee“ (SNA) – eine Koalition bewaffneter Milizen, die auf Initiative der Türkei als Nachfolgerin der „Freien Syrischen Armee“ (FSA) ins Leben gerufen und ausgerüstet wurde – den ehemaligen Kanton Efrîn (Afrin) besetzt. Der Besatzung vorausgegangen war ein 58 Tage währender Angriffskrieg, bei dem mehr als 1500 Menschen getötet wurden. Über 350.000 Menschen wurden vertrieben und der Alltag für die verbliebene Bevölkerung unter der Besatzung gleicht einem Terrorregime: Ethnische Säuberungen, Veränderungen der Demografie, Plünderungen, Entführungen, Hinrichtungen und Vergewaltigungen prägen heute das Leben in Efrîn, zusätzlich zu praktisch täglichen Bombenangriffen auf Regionen, die nicht vollständig besetzt sind. Der Westen, die EU und auch die Bundesregierung schweigen zu diesen Taten.