Die türkische Polizei hat die Familienwohnung der kurdischen Journalistin Dilbirin Turgut in Êlih (tr. Batman) gestürmt. In welchem Zusammenhang die Razzia vom frühen Dienstagabend stand, war zunächst unklar. Die 33-Jährige wurde nicht angetroffen, die Polizei machte gegenüber anwesenden Angehörigen keine Angaben zu dem Vorgehen. Lediglich seien Fragen, unter anderem zum Aufenthaltsort von Turgut und ihrer Mutter Cevahir Turgut, gegen die ein rechtskräftiges Urteil wegen „Terror“-Vorwürfen vorliegen soll, gestellt worden.
Dilbirin Turgut schreibt für das Nachrichtenportal „Jiyan Haber“. 2017 wurde sie wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in einer „Terrororganisation“ zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren verurteilt. Angeblich hätte sie PKK-Mitgliedern in ihrem Viertel Cûdî, dessen Ortsvorsteherin sie damals war, Unterschlupf gewährt. Zum Zeitpunkt der Verurteilung saß Turgut bereits zwei Jahre in einem Gefängnis in Tarsus in Untersuchungshaft. 2020 kam sie vorzeitig frei.
Bis zu ihrer Inhaftierung arbeitete Turgut als Korrespondentin des kurdischsprachigen Dienstes der weltweit erste feministischen Frauennachrichtenagentur JINHA. Die Medieneinrichtung wurde wie zahlreiche weitere oppositionelle Agenturen, Zeitungen, TV- und Radiosender, Verlage und Zeitschriften kurz nach dem vermeintlichen Putschversuch im Juli 2016 per staatlichem Notstandsdekret verboten.
In Haft beteiligte sich Dilbirin Turgut an diversen Protesten gegen die Entrechtung von politischen Gefangenen in türkischen Vollzugsanstalten. 2018 trat sie für mehrere Monate in einen Hungerstreik gegen die Isolation von Abdullah Öcalan, den die kurdische Politikerin Leyla Güven initiiert hatte. Dies dürfte einer der Gründe dafür sein, warum sich die Journalistin seit ihrer Entlassung im Fokus von Polizei- und Justizbehörden befindet. Im November 2021 fand schon einmal ein Überfall in ihrem elterlichen Zuhause statt. Damals gingen die Beamten äußerst brutal vor.
Die Anwesenden wurden von einer polizeilichen Sondereinheit mit gezogenen Waffen dazu gezwungen, sich auf den Boden zu legen. Gegen sechs Personen, darunter vier Minderjährige, kam es zu Misshandlungen und Beleidigungen. Sie wurde beschimpft mit den Worten „Ihr seid Verräter und Terroristen“. Der damals dreizehnjährige Bruder von Turgut erlitt während der Razzia eine Panikattacke, doch der Journalistin war untersagt worden, Hilfe für das Kind zu leisten.