Newroz-Empfang im Hamburger Rathaus

Seit 2014 empfängt die Linke in der Hamburger Bürgerschaft Bürger:innen aus vielen Nationen, um das Widerstands- und Neujahrsfest Newroz im Festsaal des Rathauses zu feiern. Die letzten drei Jahre konnte das Fest aufgrund der Pandemie nicht stattfinden.

Die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hat am Sonntag zum traditionellen Newroz-Empfang geladen. Seit 2014 lädt die Hamburger Linke Bürgerinnen und Bürger aller Nationen an Newroz in den Festsaal des Rathauses ein, um gemeinsam das Widerstands- und Neujahrsfest zu begehen.

Eröffnet wurde die diesjährige Veranstaltung durch eine Rede von Sabine Boeddinghaus, der Ko-Vorsitzenden der Linksfraktion in Hamburg, die die Gäste begrüßte. Im Anschuss sprach Cansu Özdemir, die sich mit Boeddinghaus den Fraktionsvorsitz teilt.

Cansu Özdemir erklärte den Hintergrund des Newroz-Festes. Dies habe auch eine politische Bedeutung, gerade in Nordkurdistan beziehungsweise in der Türkei. „Der junge Widerstandskämpfer Mazlum Dogan etwa verdeutlichte diese Bedeutung, als er am 21. März 1982 im Gefängnis in der kurdischen Stadt Amed aus Protest gegen die brutale Folter seine Zelle in Brand setzte und sich erhängte. Mit dieser Tat wollte er unter anderem auf die Missstände in den türkischen Gefängnissen aufmerksam machen. In den türkischen Gefängnissen wurde zu dieser Zeit von staatlicher Seite systematisch Folter angewandt“, so Özdemir.

 „Ob der türkische Präsident Erdogan, das Mullah-Regime im Iran, oder die Taliban in Afghanistan – sie alle fühlen sich, wie einst der Tyrann Dehaq, unbesiegbar. Umso wichtiger ist es, die Widerstandskämpfe gegen diese Tyrannen zu unterstützen und die Menschen in ihrem hoffnungsvollen Kampf nicht alleine zu lassen“, fuhr sie fort.

Özdemir erinnerte auch an Jina Mahsa Amini, die im September in Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei zu Tode misshandelt wurde, und an Madschid-Resa Rahnaward, Mohsen Schekari, Mohammad Mehdi Karami und Seyed Mohammad Hosseini. Sie waren im Zuge der Revolte gegen den Mord an Amini festgenommen und später hingerichtet worden. Özdemir nannte auch die Namen von Evîn Goyî, Mîr Perwer und Abdurrahman Kızıl, die am 23. Dezember 2022 im kurdischen Kulturzentrum in Paris erschossen worden waren.

Die Vereinnahmung des Slogans der kurdischen Frauenbewegung „Jin, Jiyan, Azadî“ wurde von Özdemir kritisiert. „Wer das ernst meint, liefert keine Waffen an Diktatoren, die sich dann wieder gegen die richten, die für Jin, Jiyan, Azadî ihr Leben aufs Spiel setzen“, so die Politikerin.

Die kurdische Musikgruppe Cooltur spielte einige Stücke und auch sie erinnerte an die Ermordeten von Paris.

Nach dem Auftritt von Cooltur ergriff die Bundesparteivorsitzende der Linken, Janine Wissler, das Wort. Sie berichtete von ihrer Reise nach Amed (Diyarbakir) Anfang Februar, wo sie Gespräche mit Parteien und zivilgesellschaftlichen Bewegungen geführt hatte, um sich ein Bild von der politischen und menschenrechtlichen Lage zu machen. Auf dem Plan stand auch ein Aufenthalt in Ankara, wo Wissler das sogenannte „Kobanê-Verfahren“ gegen 108 Persönlichkeiten aus der kurdischen Politik beobachten wollte. Doch zu der Reise kam es nicht: Wissler erlebte das Erdbeben in Amed vor Ort mit. Und sie wurde Zeugin dessen, dass die Opferzahl viel höher ausfiel, als sie hätte sein müssen, weil politische Fehlentscheidungen getroffen wurden.

Ein großes Buffet und Getränke wurden bereitgestellt und weitere Musikbeiträge, unter anderem eines Frauenchors und der Hamburger Shibly Band, folgten. Eine Aktivistin der kurdischen Rothalbmondorganisation Heyva Sor a Kurdistanê e.V. rief die Gäste zu Spenden auf. Es ginge nicht nur um Nothilfe, sondern auch darum, eine Perspektive für die Menschen in der Erdbebenregion zu schaffen.