Unzählige politische Gefangene in der Türkei leiden teils seit Jahrzehnten an schweren Krankheiten und werden aufgrund „fehlender Reue“ nicht entlassen. Der Fall von Yılmaz Özalp zeigt diese Situation besonders drastisch. Der wegen Präsidentenbeleidigung und Propaganda für eine terroristische Organisation verurteilte Gefangene erlitt am 5. August in einem Hochsicherheitsgefängnis in Izmir-Şakran einen Herzinfarkt und wurde ins Krankenhaus gebracht.
Während seiner Behandlung im Krankenhaus wurde Özalp künstlich beatmet, gleichzeitig wurde sein Arm von der Militärpolizei ans Bett gekettet. Am 14. August wurde sein Haftstatus für einen Zeitraum von drei Monaten aufgehoben. 48 Tage später verstarb Özalp im Krankenhaus. Mitglieder des Gefangenenhilfsvereins MED TUHAD-FED und Angehörige von Gefangenen versammelten sich am Sonntag zu einem Protest in Amed (tr. Diyarbakır).
„Selbst Menschen im Sterben wird die Entlassung verweigert“
Kerem Canpolat, Ko-Vorsitzender von MED TUHAD-FED, beschrieb das Vorgehen des türkischen Staates in den Gefängnissen als Teil einer „Spezialpolitik“. Er erinnerte daran, dass die Freilassung von Personen, die seit mehr als 30 Jahren inhaftiert sind und entlassen werden müssen, immer wieder aufgeschoben wird. Dies gelte selbst dann, wenn die Gefangenen im Sterben lägen: „Hunderte unserer Freundinnen und Freunde kamen deswegen als Leichen aus dem Gefängnis. Die Herzen von hunderten von Müttern brennen vor Schmerz. Selbst die Entlassung schwer kranker Gefangener wird blockiert. Aber es gibt keine Möglichkeit zur Behandlung im Gefängnis."
Zum Tod von Özalp fuhr Canpolat fort: „Die Haftstrafe von Yılmaz Özalp wurde erst ausgesetzt, als er im Sterben lag. Nun ist er gestorben, und wir mussten erneut eine Leiche aus dem Gefängnis abholen. Deshalb sind wir voller Trauer. Wir rufen alle Menschen in der Türkei und in Kurdistan, alle Institutionen und Organisationen, alle, die sich selbst als demokratisch bezeichnen, dazu auf, sich die Hände zu reichen und gemeinsam nicht zuzulassen, dass weitere Menschen nur als Leichen aus dem Gefängnis entlassen werden.“
Die Kundgebung endete unter Parolen wie „Die Gefallenen sind unsterblich“ und „Es lebe der Gefängniswiderstand“.