Samstagsmütter erinnern an vermissten Schüler

Die Samstagsmütter haben in Istanbul nach dem Schicksal des 1980 nach seiner Festnahme in Çewlîg verschwundenen Gymnasiasten Hüseyin Morsümbül gefragt.

Auf ihrer 757. Kundgebung gegen das „Verschwindenlassen“ in staatlichem Gewahrsam hat die Initiative der Samstagsmütter in Istanbul das Schicksal von Hüseyin Morsümbül thematisiert. Der Gymnasiast ist am 18. September 1980 nach seiner Festnahme verschwunden.

An der Kundgebung vor der Istanbuler Zentrale des Menschenrechtsvereins IHD nahmen neben den Samstagsmüttern die HDP-Abgeordneten Ömer Öcalan, Oya Ersoy und Ahmet Şık, die IHD-Vorsitzende Eren Keskin sowie zahlreiche Aktivistinnen und Aktivisten teil.

Besna Tosun, deren Vater Fehmi Tosun zu den „Verschwundenen“ gehört, erklärte auf der Kundgebung, eine der wichtigsten Grundlagen einer funktionierenden Gesellschaft sei das Gerechtigkeitsgefühl. „Wird dieses Gefühl erschüttert, gerät auch die Demokratie ins Wanken. Rechtsstaat und Gerechtigkeit stehen in einem untrennbaren Zusammenhang. Wenn es keine Gerechtigkeit in der Legislative, der Exekutive und der Justiz gibt, kann nicht von einem Rechtsstaat gesprochen werden.“ Besna Tosun wies auf die Inschrift „Gerechtigkeit ist die Grundlage des Staates“ an türkischen Gerichtshöfen hin und sagte: „Demnach ist die Grundlage des Staates in der Türkei verrottet.“

Die Geschichte von Hüseyin Morsümbül

Der Gymnasiast Hüseyin Morsümbül wurde nach dem Militärputsch vor 39 Jahren am 18. September 1980 im Haus seiner Familie in Çewlîg (Bingöl) festgenommen. Es müsse lediglich seine Aussage aufgenommen werden, erklärten die Soldaten und Polizisten, die das Haus gestürmt hatten, der besorgten Mutter. Hüseyin kehrte jedoch nicht zurück. Als seine Familie bei der Garnisonskommandantur in Çewlîg nachfragte, hieß es lediglich: „Er ist nicht bei uns.“ Später wurde behauptet, er sei aus der gut bewachten Garnison geflohen. Hüseyins Vater Hanefi Morsümbül wurde schwer gefoltert. Die Eltern erstatteten Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, aber es kam keine Bewegung in den Fall.

2011 wurden erneute Ermittlungen aufgenommen, nachdem der IHD Anzeige gestellt hatte. Im Rahmen dieser Ermittlungen sagte ein Unteroffizier der Militärpolizei aus, dass Hüseyin Morsümbül von anderen Unteroffizieren zu Tode geprügelt und sein Leichnam vom Garnisonskommandanten und anderen Militärs weggeschafft worden sei. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren aus Mangel an Beweisen ein. Ein Widerspruchsverfahren gegen die Einstellung aus dem Jahr 2015 ist weiterhin anhängig.