Griechenland wird immer mehr zum Ausdruck der flüchtlingsfeindlichen Politik der EU. Mit der Aufnahme Geflüchteter von den anderen EU-Staaten alleingelassen, schottet sich Griechenland immer brutaler ab und verschlechtert weiter die Bedingungen für Schutzsuchende. Lager wie das Flüchtlingslager Ritsona bei Athen wurden im Rahmen einer „Modernisierungsmaßnahme“ von einer drei Meter hohen Betonmauer umgeben.
„Mauern sind beängstigend und schlimm“
Auf ihrem Blog schrieb die 16-jährige Afghanin Parwana Amiri am 4. Mai: „Ich wachte wie immer auf und machte mich für die Schule fertig. Im Vorbeigehen bemerkte ich einige Bulldozer und viele Arbeiter, die am hinteren Tor arbeiteten und etwas bauten ... Sie sagten mir, dass sie eine Mauer um das ganze Lager herum bauen würden.“
Ein paar Wochen später, als die Arbeit voranschreitet, beschreibt Amiri das Gefühl als „erstickend“. In einem Video sagt sie: „Jeden Tag geht es schneller. Ich denke, in einem Monat wird alles fertig sein.“
Dass es sich bei dem Mauerbau um keinen Einzelfall handelt, zeigen Berichte aus weiteren Lagern. Diese Woche bestätigte ein afghanischer Schutzsuchender aus dem Malakasa-Camp etwa 40 Kilometer nördlich von Athen gegenüber infomigrants, dass auch dort eine Mauer errichtet werde. Und aus dem Diavata-Lager außerhalb von Thessaloniki sagte eine 20-jähriger Afghanin, mit der Mauer werde „ein Gefängnis“ errichtet. Die Mauern werden unter dem Vorwand der Sicherheit der Bewohner:innen gebaut. Die Menschen in den Lagern sprechen jedoch von einem gegenteiligen Effekt. „Indem sie diese Mauer bauen, schneiden sie unsere Verbindung zur Außenwelt komplett ab. Das ist wirklich beängstigend und schlimm“, schrieb eine afghanische Frau.
Flüchtlingslager zu Hochsicherheitstrakten
Nach Angaben eines Sprechers des griechischen Migrationsministeriums werden alle Einrichtungen mit einem neuen Zaun, einem elektronischen Ein- und Ausfahrtssystem und Zugangskarten modernisiert. Der Hochsicherheitsausbau wird von der EU-Kommission finanziert.
Auch auf mehreren griechischen Inseln ist eine ähnliche Aufrüstung von Lagern geplant – auf Samos ist ein neues „Aufnahmezentrum“ bereits fertiggestellt. Die Regierung bestätigte im März, dass die Gesamtfinanzierung für die neuen Strukturen mehr als 250 Millionen Euro betragen würde. EU-Kommissarin Ylva Johansson sagte, dass das Geld ausreiche, um das Projekt zu finanzieren. Laut Johanson handelt es sich angeblich nicht um geschlossene Einrichtungen. Der griechische Migrationsminister Mitarakis ist da offenbar anderer Meinung, er hat wiederholt von „geschlossenen Einrichtungen“ gesprochen.
In einem im April erschienenen Bericht zeigte sich AlgorithmWatch besorgt über die massiven Überwachungseinrichtungen, die in und um die neuen Einrichtungen platziert werden. Der Bericht bezieht sich auf Griechenlands „Nationale Migrationsstrategie 2020-2021: Protecting Aegean Islands“, ein Plan, der den Einsatz eines teilautomatisierten Überwachungssystems in Flüchtlingslagern namens „Centaur“ vorsieht. Zu den Merkmalen des Systems gehören Drohnen über den Einrichtungen, um „Probleme“ zu erkennen, Alarme bei Verletzungen der Zäune und Mauern durch Kameras, Kontrolltore mit Metalldetektoren und integrierten Kameras sowie Röntgengeräten.