Gefängnisse in der Türkei: Nackt in die Gummizelle

Politische Gefangene in der Türkei werden misshandelt und sterben. Musa Külter wurde nackt in eine Gummizelle gesperrt. Der achtzigjährige Abdullah Boran wurde vor seinem Krebstod sieben Monate mit Handschellen ans Krankenbett gefesselt.

Politische Gefangene in der Türkei werden systematisch misshandelt und dem Tod überlassen. Fast täglich werden entwürdigende Gewaltanwendungen und Todesfälle bekannt. So berichtete ein Gefangener in der Vollzugsanstalt Malatya-Akçadağ (ku. Meletî-Arxa) seiner Familie in einem Telefonat, dass sein Zellengenosse Musa Külter nackt in eine Gummizelle gesperrt wurde:

„Nach dem offenen Besuchstag am Freitag wurde unser Trakt durchsucht. Bei der Durchsuchung traten die Wächter mit ihren Füßen auf unsere Kleidung. Unser Freund Musa Külter wehrte sich dagegen. Er wurde beschimpft und mit unsagbaren Ausdrücken beleidigt. Dann wurde er von den Wächtern geschlagen und nackt für drei Stunden in eine Gummizelle gesperrt. Wenn wir gezählt werden, sollen wir in Habachtstellung Rapport erstatten. Es finden nach Lust und Laune Durchsuchungen statt. Wir rufen zur Beachtung unserer Lage auf.“

Inhaftierter Achtzigjähriger an Krebs verstorben

Unterdessen ist ein weiterer politischer Gefangener verstorben. Abdullah Boran war 80 Jahre alt und seit knapp 26 Jahren im Gefängnis. Er erlag am Mittwochabend in einem Krankenhaus in Amed (tr. Diyarbakir) einem Krebsleiden und wurde in Bismil beerdigt. An der Beerdigung nahmen zahlreiche Menschen teil, darunter Politiker:innen der HDP und DBP.

Boran war 1997 festgenommen und wegen Separatismusvorwürfen zu einer verschärften lebenslänglichen Freiheitsstrafe ohne Aussicht auf Entlassung verurteilt worden. Vor zwei Jahren wurde Krebs diagnostiziert. Boran wurde sieben Monate lang in Handschellen auf der Intensivstation behandelt.

Schwerbehinderter seit zwei Monaten auf der Intensivstation

Bekir Güven war nur drei Tage im Gefängnis, seit zwei Monaten ist er in Eskişehir in intensivmedizinischer Behandlung. Güven hat eine nachgewiesene Schwerbehinderung von 98 Prozent und wurde aufgrund von Beiträgen in digitalen Netzwerken zu 22 Monaten Haft verurteilt. Nach seiner Verhaftung im September 2021 wurde er drei Tage in einer Einzelzelle festgehalten. Bereits zu diesem Zeitpunkt war er rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen. Auf Antrag seines Rechtsbeistands wurde er ins Krankenhaus eingeliefert und von dort aus in einem Gefangenentransporter ins gerichtsmedizinische Institut in Istanbul gebracht. Der Strafvollzug wurde wegen Haftunfähigkeit ausgesetzt, der Gesundheitszustand von Güven hat sich seitdem rapide verschlechtert.