Folter und Misshandlungen sind mittlerweile Alltag geworden

In der kurdischen Stadt Wan hat sich Folter durch Sicherheitskräfte massiv verbreitet, sie findet auf der Polizeidirektion, bei Hausdurchsuchungen, in Gefangenentransportern oder ganz offen auf der Straße statt.

Die Folter hat sich in Wan de facto auf alle Lebensbereiche ausgeweitet. In den vergangenen sechs Monaten kam es zu vielen Folterfällen auf den Straßen von Wan. Der Anwalt Cemal Demir berichtet, Folter finde an vielen Orten, die unter der Kontrolle der staatlichen Kräfte stehen, statt: „In einer Zeit, in der die Unruhe anhält und Kämpfe stattfinden, nehmen die Fälle noch weiter zu. Besonders wenn es eine konkrete Auseinandersetzung gibt, sind Folter und Misshandlungen präsent. Als Anwalt legt man Widerspruch ein, schreibt ein Protokoll, versucht durchzusetzen, dass die Verletzungen in den gerichtsmedizinischen Bericht aufgenommen werden. Aber dennoch findet keine wirksame Untersuchung statt. Die Folterer werden immer geschützt, sogar gefördert. Straflosigkeit ist mittlerweile die Regel.“

Schläge und Misshandlungen sind Folter

Demir erklärt, dass Schläge, Beleidigungen und Beschimpfungen Folter sind: „In Wan finden Fälle von Folter und Misshandlungen statt. Es ist wichtig zu begreifen, was Folter und Misshandlung sind. Viele Menschen bewerten Schläge, Beleidigungen und Beschimpfungen nicht als Folter oder Misshandlungen. Bei Besuchen von Festgenommenen erleben wir das sehr oft. Wenn wir nachfragen, dann sagen sie, sie seien nicht gefoltert oder misshandelt worden. Wenn man dann etwas genauer fragt, dann wurden sie eben doch Opfer von allgemein als Folter und Misshandlung anerkannten Praktiken. Gegen Folter und Misshandlung ist ein organisierter Kampf zwingend notwendig. Die Regierung wie auch die Justiz unternehmen nichts in dieser Hinsicht. Wenn die Anwaltskammern, die Menschenrechts- und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen in diesem Kampf beständig bleiben, dann können sie wirksamere und präventive Resultate erzielen.“

Überall findet Folter statt

Die Anwältin Sevda Aydın von der Plattform der freiheitlichen Jurist*innen (ÖHP) sagt: „Trotz der Fotos und Aufnahmen, welche die Folter belegen, wird diese verleugnet. Wir fordern den Innenminister Süleyman Soylu dazu auf, die Herabwürdigung der Menschenwürde durch Folter und Misshandlung zu beenden. Wir werden unseren Kampf gegen die Folter, die nach Konventionen, welche auch die Türkei unterzeichnet hat, verboten ist, fortsetzen.“