Zwangsverwaltung: 200.000-Einwohner-Stadt ohne Wasser

Die unter Zwangsverwaltung stehende Stadt Erdiş (Erçiş) in der Provinz Wan ist seit zehn Tagen ohne fließendes Wasser, da die Stadtverwaltung ihre Stromrechnungen für die Pumpwerke nicht mehr bezahlen konnte.

Die Zwangsverwalter in der Provinz Wan, die von der AKP per Dekret an die Stelle der DBP-Stadtverwaltungen gesetzt wurden, haben fast das gesamte Eigentum der Stadtverwaltung privatisiert und verkauft. Darüber hinaus wurden die Stadtverwaltungen in massive Schulden gestürzt. Die Stadtverwaltungen von Wan und Erdiş waren schuldenfrei, als die gewählten Vertreter*innen der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) abgesetzt und unter Zwangsverwaltungen gestellt wurden. Innerhalb von zwei Jahren häuften die von Ankara eingesetzten Statthalter einen Schuldenberg von mehreren Millionen Lira an. Als die Wasserwerke der Stadt Wan (VASKI) und die Zwangsverwaltung von Erdiş ihre Schulden nicht mehr bezahlen konnten, stellten die Energieversorger ihnen den Strom ab. Mit der Unterbrechung der Stromversorgung entfiel die Wasserversorgung des Kreises Erdiş mit 200.000 Einwohner*innen.

Bevölkerung leidet unter Verschuldung der beschlagnahmten Stadtverwaltungen

Die Bevölkerung der unter Zwangsverwaltung gestellten Stadtverwaltungen leidet aufgrund der systematischen Ausplünderung kommunalen Eigentums. Als im Jahr 2016 die DBP-Stadtverwaltung unter Zwangsverwaltung gestellt worden war, wurden alle Immobilien in kürzester Zeit verkauft und an das Klientel der AKP verteilt. Die AKP-Zwangsverwalter führten die Stadtverwaltungen in die Überschuldung. Ganz vorne bei dieser Entwicklung dabei ist die Verwaltung des Kreises Erdiş.

Erdiş ist in den letzten 100 Jahren dreimal von großen Erdbeben dem Erdboden gleichgemacht worden. Tausende Menschen starben, Zehntausende wurden verletzt. Bis heute wurde die Bevölkerung von Erdiş vom Staat immer wieder ausgebeutet. Zuletzt wurden nach dem großen Erdbeben von 2011 die normalerweise 30.000 Lira teuren Wohnungen der Bevölkerung für 90.000 Lira verkauft. Das Krankenhaus von Erdiş, dessen Grundstein 2008 gelegt worden war, wird seit zehn Jahren nicht fertiggestellt und ist zum Spekulationsobjekt des AKP-Klientels geworden. Jegliche Investition des Staates und jede Dienstleistung in Erdiş waren bisher nur am Profit orientiert.

Ansteckende Krankheiten breiten sich aufgrund fehlender Wasserversorgung aus

Durch die fehlende Wasserversorgung beginnen sich unter den 200.000 Einwohner*innen von Erdiş ansteckende Krankheiten auszubreiten. In den letzten Tagen kamen Hunderte Babys, Kinder und Alte aufgrund von Magen-Darm-Infekten in das staatliche Krankenhaus von Erdiş. Es wird befürchtet, dass sich die Epidemien in der Stadt bei fortgesetztem Ausbleiben der Wasserversorgung noch ausweiten werden.

Das einzige, was sie können, ist die Bevölkerung auszurauben“

ANF sprach mit Menschen aus der Region. Sie beschweren sich, dass die Zwangsverwaltung ihnen unrechtmäßig jeden Monat Hunderte Lira für die Wasserversorgung abgenommen haben. Ein Bewohner sagt: „Seit Tagen ist diese Stadt mit ihren 200.000 Einwohnern ohne Wasser und die Verantwortlichen verspüren nicht einmal die Notwendigkeit dazu, eine Erklärung abzugeben. Seit zehn Tagen gibt es kein fließendes Wasser. Wir haben kein Trinkwasser mehr und wir können uns auch nicht waschen. Kann denn die Stadtverwaltung der Riesenstadt Wan oder von Erdiş seine Stromrechnung nicht bezahlen? Wofür geben sie denn das Geld aus, das sie uns jeden Monat abnehmen? Geben sie es nicht für Dienstleistungen, sondern für sich selber aus? Als die DBP Wan und Erdiş verwaltete, gab es keine solchen Probleme. Die Stadtverwaltungen gaben uns die Steuern in Form von Dienstleistungen zurück. Aber was machen die Treuhänder? Das, was sie uns wegnehmen, das geben sie ihren Anhängern. Wenn sie unser Geld für Dienstleistungen ausgeben würden, dann hätten wir jetzt Wasser. Das einzige, was sie können, ist die Bevölkerung auszurauben. Wir werden mit ihnen in den vor uns liegenden Kommunalwahlen abrechnen.“