„Wir werden den Wunsch nach Gerechtigkeit nach Ankara tragen“

Der HDP-Abgeordnete Sarısaç beschreibt die Situation in der Türkei so repressiv, dass nicht einmal mehr Luft zum Atmen bleibe. Mit einem Sternmarsch will die HDP der Gesellschaft Mut und Kraft geben.

Die Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Tülay Hatimoğulları, ist Teil des „Demokratiemarschs gegen den Putsch“, der sich von Edirne aus dem Westen und Colemêrg (türk. Hakkari) aus dem Osten des türkischen Staatsgebiets der Hauptstadt Ankara nähert. Sie befindet sich mit dem Zug aus Colemêrg gerade in Amed (Diyarbakır), der wie sie sagt, den Wunsch nach Gerechtigkeit, Recht und Demokratie, den die Menschen auf der Strecke der HDP auf ihrem Weg mitgeben, nach Ankara trage. Ebenfalls Teil des Zugs aus Colemêrg ist der HDP-Abgeordnete Murat Sarısaç. ANF sprach mit den beiden Abgeordneten über den Marsch und seine Ziele.

Militär: „Wir schlagen euch hier alle zusammen, ihr kommt hier nicht raus

Sarısaç beschreibt zunächst die Repression gegen den Demokratiemarsch: „Am Ortsausgang von Êlih (Batman) stoppte uns das Militär, ein Gefreiter erklärte gegenüber den Abgeordneten: ‚Wir schlagen euch hier alle zusammen, ihr kommt hier nicht raus.‘ Dieses Ereignis bringt es sehr gut auf den Punkt, warum wir diese Demonstration machen. Diese Angriffe auf den Marsch unserer Partei zeigen genau, warum wir demonstrieren. Wir demonstrieren, damit das aufhört. Die Völker, die NGOs, die politischen Parteien, sie alle haben keine Luft mehr zum Atmen. Wir werden ihnen durch unseren Marsch die Möglichkeit verschaffen, wieder Luft zu holen. Wir wollen außerdem unsere Entschlossenheit deutlich machen, Schulter an Schulter mit der Bevölkerung für die Befreiung vom faschistischen Regime zu kämpfen.“

 

Sie werden uns wie überall auch in Ankara angreifen“

Auf die Frage, was sie in Ankara erwarte, antwortet Sarısaç: „So wie sie Angriffe auf uns in Colemêrg und Edirne organisiert haben, werden sie es auch in Ankara tun. Das wissen wir. In Ankara sind ja auch die Entscheidungszentren, von denen aus die Angriffe auf uns koordiniert werden. Daher werden wir auch dort ohne Zweifel angegriffen werden. Die Regierung in Ankara erkennt die Demokratie nicht an und hat die gesamte Gesellschaft zurückgeworfen. Deswegen versucht sie, die Stimmen, die sich gegen ihr Regime erheben, niederzuschlagen. Die Angriffe auf unsere Demonstration sind konkrete Beispiele dafür. Wir wissen, was uns erwartet. Wir wollen uns mit ihnen konfrontieren. Unser eigentliches Ziel ist es, ihnen gegenüberzutreten und das Volk von diesem Fluch zu befreien.“

Demonstration wird mit großer Begeisterung aufgenommen

Die Parlamentarierin Tülay Hatimoğulları berichtet, dass die Demonstration auf ihrer bisherigen Strecke von Colemêrg nach Amed mit großer Begeisterung aufgenommen worden sei, sie sagt: „Das ist ein Ausdruck des Kampfes, den wir auf der Grundlage des Engagements des Volkes führen. Wir haben mit einer Kampagne begonnen, deren erster Schritt diese Demonstration nach Ankara ist. Die Demonstration soll am 20. Juni enden. Wir haben in Edirne und Colemêrg begonnen und wollen die Probleme aller Identitäten im Land ansprechen und Bewegung ins Land bringen. Wir haben auf unserer Demonstration gesehen, wie lebendig und leidenschaftlich die Bevölkerung ist.“

 

Die Leidenschaft unseres Volkes war wunderbar“

Die Abgeordnete weiter: „Wir wurden von einem Bild empfangen, als hätte man sich auf einen heißen Krieg vorbereitet. Der warme Empfang unseres all dem zum Trotz widerständigen Volkes hat uns sehr glücklich gemacht. Stellen Sie sich vor, die Polizei hat entlang der Straßen Mauern errichtet, aber trotz allem kamen die Menschen an die Strecke, um uns mit wunderbarer Leidenschaft zu empfangen. Sie haben uns spüren lassen, dass sie diese Unterdrückung nicht zu schrecken vermag. Wir haben noch einmal deutlich erfahren, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Wir wollen dieses Land mit dem Mut und der Opferbereitschaft, die wir von unserem Volk erfahren haben, impfen. Wir werden den Wunsch nach Gerechtigkeit, Recht und Demokratie, den die Menschen uns auf unserem Weg mitgeben, nach Ankara tragen.“