Vom Zwangsverwalter zerstörte Kurdischschule eröffnet wieder

Die 2017 vom Zwangsverwalter geschlossene Fatma-Tokat-Kurdischschule in Wan wird nach einer Renovierung durch die gewählte HDP-Stadtverwaltung wieder eröffnet.

Die Fatma-Tokat-Kurdischschule in Rêya Armûşê (Ipekyolu) in der nordkurdischen Provinz Wan (Van) war am 5. November 2015 von der damaligen Stadtverwaltung durch die Partei der Demokratischen Regionen (DBP) eröffnet worden. Durch Notstandsdekrete wurden sämtliche kurdische Stadtverwaltungen vom Erdoğan-Regime abgesetzt und an ihrer Stelle Zwangsverwalter installiert. Diese machten sich sofort an die Demontage aller Errungenschaften der basisdemokratischen DBP-Stadtverwaltungen. Frauen- und Bildungseinrichtungen wurden geschlossen und alles was mit kurdischer Kultur und Sprache zu tun hatte - von öffentlichen Aushängen bis zur Sprachschule - wurde entfernt. Dies betraf auch die Fatma-Tokat-Kurdischschule, die 2017 von der Zwangsverwaltung geschlossen wurde. Die Schule hatte zuvor Dutzende Schüler*innen ausgebildet; sie lernten zwei Jahre lang in ihrer eigenen Muttersprache. Der Zwangsverwalter beließ es aber nicht bei der Schließung der Schule, er ließ das Gebäude verwüsten und die Wände herausreißen. Die Unterrichtsräume erinnern an Kriegsruinen. Die Stadtverwaltung erklärte dennoch, die Schule so bald wie möglich wiederzueröffnen.

Intoleranz auf höchstem Niveau

Der Ko-Vorsitzende des Vereins für die Erforschung der kurdischen Kunst und Sprachkultur (DISA-DER), Salih Sertkal, sagt, das Beispiel an der Kurdischschule Fatma Tokat zeige deutlich, wie die Unterdrückung der kurdischen Sprache auch im 21. Jahrhundert weitergehe. Selbst in den zurückgebliebensten, konservativsten Ländern gebe es keine solche Praxis. Die Intoleranz gegenüber der kurdischen Sprache in der Türkei befinde sich auf höchstem Niveau. Während des Ausnahmezustands sei man wie ein Bulldozer über die demokratischen Werte und Errungenschaften hinweg gefahren: „Nach dem Ausnahmezustand organisierten sich die Vereine neu. In Wan wurde DISA-DER gegründet, der diese Arbeiten anführt.“

Die Haltung zur Sprache ist ein Indikator für die Haltung zu allen Werten“

Sertkal erklärt weiter: „Der Zwangsverwalter zerstörte nicht nur die Gebäude zur sprachlichen Bildung, er zerstörte alle Einrichtungen der Stadtverwaltungen, in denen künstlerische und kulturelle Aktivitäten stattfanden. Die Sprache macht ein Volk aus, die Kunst und die Kultur beschreibt seine Existenz, sie ist das Mittel der Kommunikation seit dem ersten Tagen der Menschheit. Deshalb ist die Haltung zur Sprache ein Indikator zur Haltung gegenüber allen Werten.“