Dilovan Işlek ist im Flüchtlingscamp Mexmûr beerdigt worden. Der junge Kurde ist das letzte Todesopfer des Drohnenkriegs der Türkei in Kurdistan. Sein Auto war am Dienstag in der Nähe von Koye in der Kurdistan-Region Irak von einer Drohne bombardiert worden. Işlek, der den Wagen fuhr, kam bei dem Angriff ums Leben, drei Frauen, die ebenfalls im Auto saßen, wurden verletzt.
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An der Beerdigung in Mexmûr nahmen Tausende Menschen teil. Der Leichnam von Dilovan Işlek war in der vergangenen Nacht in das südwestlich von Hewlêr (Erbil) gelegene selbstverwaltete Flüchtlingslager gebracht worden. Am Morgen versammelte sich die Bevölkerung am Gebäude der Gefallenenfamilien und hielt eine Schweigeminute im Gedenken an die Toten des kurdischen Befreiungskampfes ab.
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Filiz Budak, Ko-Vorsitzende des Volksrats von Mexmûr, verurteilte die Angriffe der Türkei und sagte: „Der türkische Staat greift Kurdinnen und Kurden an, die für ein würdevolles Leben eintreten. Er fürchtet sie und lässt Dutzende Flugzeuge für einen einzigen Kurden starten. Dilovan ist ein Gefallener, der auf Fluchtwegen zur Welt kam. Er wuchs mit der Liebe zu seinem Land auf, und seine Haltung und Persönlichkeit waren viel reifer, als in seinem Alter zu erwarten gewesen wäre. Unsere Jugend zeigt eine Haltung, der wir mit Worten kaum gerecht werden können. Die Bevölkerung von Camp Mexmûr ist mit ihrer unbeugsamen Haltung und ihrer bloßen Existenz für den Feind ein Albtraum. Jeder Moment, in dem wir atmen, ist ein Problem für die Feinde der Kurdinnen und Kurden. Aus diesem Grund hat unser faschistischer Feind innerhalb von zehn Tagen drei Luftangriffe auf Menschen aus Mexmûr verübt. Gestern wurde in großer Entfernung vom Camp das Auto von Dilovan angegriffen. Hevalê Dilovans Haltung wird uns immer ein Vorbild bleiben. Mit dieser Haltung werden wir den Feind besiegen.“
Foto: Rojev Mexmûr
Auch Angehörige von Dilovan Işlek hielten Ansprachen auf der Beerdigungsfeier. Mehmut Işlek erklärte, dass das kurdische Volk Verrat verurteilt, und sagte: „Dilovan ist nicht unser erster Gefallener. Ich spreche Rêber Apo [Abdullah Öcalan] und dem kurdischen Volk mein Beileid aus. Wir können nicht gewinnen, solange wir den Verrat nicht besiegt haben. Deshalb müssen wir uns gegen Verrat zusammenschließen. Ich küsse die Augen aller Kinder aus Mexmûr. Sie sind unser aller Kinder.“
Ähnlich äußerte sich auch die Mutter des Gefallenen, Helim Işlek: „Dilovan war nicht nur mein Kind, er war auch euer Kind. Ich spreche Rêber Apo, der Freiheitsguerilla, den Widerstand leistenden Gefangenen und dem kurdischen Volk mein Beileid aus. Unseren Gefallenen gebe ich mein Wort, dass wir ihren Kampf nicht aufgeben werden.“
Nach der Trauerfeier wurde der Leichnam von Dilovan Işlek mit den Rufen „Nieder mit dem Verrat“ und „Die Gefallenen sind unsterblich“ auf dem Friedhof von Mexmûr begraben.
Dilovan Işlek (Foto: Rojev Mexmûr)
Mexmûr im Visier des türkischen Staates
In Camp Mexmûr, das sich südwestlich von Hewlêr (Erbil) in einem zwischen der Autonomieregierung der Kurdistan-Region Irak (KRI) und der irakischen Zentralregierung in Bagdad umstrittenen Gebiet befindet, leben etwa zwölftausend Menschen. Ein Großteil der Bevölkerung wurde in den 1990er Jahren im Zuge der antikurdischen „Aufstandsbekämpfung“ und der sogenannten Politik der verbrannten Erde – unter dem Vorwand, die PKK zu bekämpfen, wurden damals etwa 3.000 Dörfer entvölkert oder niedergebrannt – vom türkischen Staat vertrieben. Nach einer mehrjährigen Odyssee und Aufenthalten in verschiedenen Camps haben die Menschen 1998 am Rand der Wüste das Lager Mexmûr gegründet.
Drohnenangriffe auf Flüchtlinge
Der Türkei ist das basisdemokratisch organisierte und selbstverwaltete Geflüchtetenlager Mexmûr ein Dorn im Auge. Ankara kriminalisiert das Camp als „Brutstätte“ der kurdischen Arbeiterpartei PKK, das „gesäubert“ werden müsse, und greift es immer wieder aus der Luft an. Am 7. Oktober wurde eine Moschee im Lager von einer Drohne bombardiert, eine Frau und ihre beiden Söhne wurden verletzt. Am 13. Oktober wurde eine Fünfzigjährige bei einem Luftangriff auf ihr Wohnhaus verwundet. Im August vergangenen Jahres ist ein sechsfacher Familienvater von einer Drohne getötet worden. Bei einem Luftangriff drei Monate zuvor war ebenfalls ein Zivilist von der türkischen Armee tödlich verletzt worden. Diese Kriegsverbrechen sind bis heute ohne Konsequenzen geblieben.
Offiziell unter UN-Schutz
Offiziell steht Mexmûr samt seinen Bewohner:innen unter dem Schutz und der Kontrolle des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Praktisch ist die Organisation aber nur nominell präsent. Sie verließ das Lager bei den Angriffen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 und kehrte danach nicht mehr zurück. Die Bevölkerung des Lagers wirft dem UNHCR deshalb vor, seine Pflichten gegenüber Mexmûr zu vernachlässigen. Seit 2019 ist das Camp einem Embargo der KRI-Regierung ausgesetzt, die von der Ankara-treuen Barzanî-Partei PDK dominiert wird. Im Frühjahr leisteten die Bewohnerinnen und Bewohner von Mexmûr zwei Wochen lang Widerstand gegen eine Militarisierung ihres Camps durch das irakische Militär, die von Ankara und Hewlêr forciert worden war.