Türkischer Drohnenangriff in Şengal

Eine türkische Kampfdrohne hat ein Auto im ezidischen Siedlungsgebiet Şengal im Nordirak bombardiert. Ersten Angaben zufolge wurde der Fahrer verletzt, das Auto gehört dem Selbstverwaltungskomitee für Angehörige von Gefallenen.

Die Türkei hat einen Drohnenangriff im ezidischen Siedlungsgebiet Şengal im Nordirak verübt. Bei dem Luftangriff im Dorf Ziravik am Donnerstagvormittag wurde ein Auto des Selbstverwaltungskomitees für Angehörige von Gefallenen bombardiert. Ersten Angaben zufolge wurde der Fahrer verletzt. Das Auto ging in Flammen auf, das Feuer wurde von Anwohnern gelöscht.

Türkischer Drohnenterror im Irak und in Syrien

Die türkische Armee greift täglich zivile Gebiete im Norden Syriens und des Irak an. Am Mittwoch sind bei Drohnenangriffen in der Autonomieregion Nordostsyrien drei Angehörige der christlichen Sutoro-Sicherheitskräfte getötet worden. Das im südlichen Kurdistan beziehungsweise im Nordwesten des Iraks gelegene Şengal (dt. Sindschar) ist das letzte zusammenhängende Siedlungsgebiet der ezidischen Gemeinschaft. Unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung kommt es dort seit 2017 vermehrt zu Luftschlägen durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen. Konkrete Ziele sind zumeist Einrichtungen der Autonomieverwaltung von Şengal, die Selbstverteidigungseinheiten YBŞ/YJŞ und Zivilpersonen. Bei den Todesopfern handelt es sich hauptsächlich um Überlebende des 2014 von der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) verübten Genozids in Şengal. Zuletzt wurden Ende Dezember fünf Arbeiter bei einem Drohnenangriff getötet.

Die türkische Regierung gibt vor, in Şengal ausschließlich gegen Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die das ezidische Volk gegen den IS verteidigt hatte und seit 2018 nicht mehr in der Region präsent ist, vorzugehen und beruft sich dabei auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta. Zahlreiche Organisationen und Gremien, darunter auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, weisen dagegen auf Verstöße der Türkei gegen das Gewaltverbot hin, da es gar keine Selbstverteidigungssituation gebe.

Der Deutsche Bundestag hat den IS-Genozid von 2014 als Völkermord an den Ezid:innen anerkannt. Die Bundesregierung steht jedoch bei den Massakern an der kurdischen Bevölkerung, egal in welchem Teil Kurdistans, grundsätzlich, stillschweigend und praktisch auf der Seite der Türkei. So wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche Ezidinnen und Eziden aus Deutschland in den Irak abgeschoben, obwohl die Ampel die Rückführungen von ezidischen Geflüchteten im März noch als „unzumutbar“ bezeichnet hatte. In einigen Bundesländern ist die Abschiebung ezidischer Frauen und Kinder vorübergehend ausgesetzt worden.