Südkurdistan-Proteste: Vier Städte für 24 Stunden abgeriegelt

Um die Demonstrationen einzudämmen, hat die südkurdische Regierung über die vier großen Protestzentren Silêmanî, Helebce, Germiyan und Raperîn eine Blockade verhängt. Die UN fordern die PDK-Führung auf, das Recht auf Versammlungsfreiheit zu respektieren.

Zur Eindämmung der Demonstrationen gegen die politische Elite hat die südkurdische Regierung eine Blockade über die vier großen Protestzentren Silêmanî, Helebce, Raperîn und die Germiyan-Region verhängt. Für einen Zeitraum von vorerst 24 Stunden gilt ein striktes Betretungsverbot. Die Städte sind abgeriegelt, Menschen kommen weder rein noch raus. Die Maßnahme gilt auch für angegliederte Landkreise.

In den letzten Tagen haben die Proteste gegen ausbleibende Löhne der Beamtenschaft, grassierende Korruption, mangelnde staatliche Dienstleistungen vor allem in der Strom- und Wasserversorgung sowie sehr hohe Arbeitslosigkeit in Südkurdistan immer größere Ausmaße angenommen. Die Sicherheitskräfte der Regierungsparteien PDK und YNK gingen fast überall mit großer Brutalität gegen die Demonstrierenden vor. Seit dem 2. Dezember wurden mindestens sechs Protestierende erschossen, Dutzende weitere Personen wurden teils schwer verletzt. Alle Todesfälle sind auf den Einsatz von Schusswaffen durch Sicherheitskräfte zurückzuführen, zwei der getöteten Demonstranten waren minderjährig.

Die UN-Mission im Irak forderte die Regionalregierung In Hewlêr angesichts des massiven Vorgehens gegen die sozialen Proteste auf, die Versammlungsfreiheit zu respektieren. „Das Recht auf friedlichen Protest muss geschützt werden. Es ist zwingend erforderlich, dass die Demonstrationen friedlich bleiben“, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme. Medien sollten die Möglichkeit haben, Nachrichten ohne Einschüchterung oder Druck frei zu produzieren, forderte die UN-Mission zudem mit Blick auf das repressive Vorgehen gegen Medieneinrichtungen, die von den Protesten berichten.

In der Nacht zum Montag waren Sicherheitskräfte der YNK ohne juristische Grundlage in die Zentrale des oppositionellen Fernsehsenders NRT in Silêmanî eingedrungen und hatten die Räumlichkeiten durchsucht. Dabei wurden etliche Geräte beschädigt und wichtige Technik beschlagnahmt. Erst nach der Razzia belegte die dem Ministerium für Kultur und Jugend unterstellte Generaldirektion für Medien (Presse, Radio und Fernsehen) den Sender mit einer Strafe. Das komplette Programm ist für eine Woche gesperrt, begründet wurde die Maßnahme damit, dass NRT die Pressefreiheit zwecks „Durchsetzung politischer Zwecke missbrauchen“ würde. Sollte der Sender gegen die Auflagen verstoßen, drohten härtere Strafen.

Die Aushebelung der Rede- und Pressefreiheit in Südkurdistan ist kein neues Phänomen. Doch insbesondere seit dem Unabhängigkeitsreferendum im September 2017 gehen die PDK-Regierung und ihre Behörden härter denn je gegen kritische Journalist*innen, aber auch gegen die Zivilgesellschaft vor.