„Sieg der Guerilla bedeutet zweite Menschheitsrevolution“

Die Kommandantin der Frauenguerilla YJA Star, Melsa Mûş, spricht über die Entwicklungen in den Medya-Verteidigungsgebieten und vom erfolgreichen Widerstand gegen die türkische Invasion.

Seit dem 23. April versucht die türkische Armee mit aller Macht, die südkurdischen Medya-Verteidigungsgebiete Zap, Avaşîn und Metîna zu besetzen. Die Volksverteidigungskräfte HPG und die Frauenguerilla YJA Star leisten heftigen Widerstand und fügen der türkischen Armee immer wieder schwere Schläge zu. Im Fernsehsender Stêrk TV hat Melsa Mûş, eine der Kommandantinnen der YJA Star, über die Entwicklungen der letzten zwei Monate gesprochen.

Der Geist der Guerilla der demokratischen Moderne ist der Geist des Sieges“

Sie erklärt in ihrem Fernsehbeitrag: „Das Zagros-Gebirge, in dem wir unseren Guerillakampf führen, hat zu allen Zeiten einen revolutionären Geist in sich getragen. Das revolutionäre Wesen der Region offenbart sich von der Jungsteinzeit bis heute und manifestiert sich im Kampf des kurdischen Volkes und dem Widerstand der Guerilla. Durch diesen Kampf werden von neuem revolutionäre Werte geschaffen. In diesem Sinne ist dieser Krieg ein Kampf um den Sieg. Dieser Krieg hat eine epochale Bedeutung, schlägt aber auch eine Brücke von der Gegenwart in die Geschichte.

So wie in dieser Region bereits vor Tausenden von Jahren ein revolutionärer Freiheitskampf geführt wurde, so wird auch heute dieser Kampf von den Kindern dieser Region auf höchstem Niveau praktiziert. Der Geist der Freiheit, der in dieser Region immer fortgelebt hat, wird nun gegen die Invasoren und Hegemonialmächte von neuem belebt. In dieser Region ist dieser Geist nie verloren gegangen und wird immer weiterbestehen. In diesem Sinne hat die aktuelle Phase wie auch der Kampfgeist, der gegen die türkische Invasion entfesselt wurde, große Bedeutung. Insbesondere der Geist der Guerilla der demokratischen Moderne und das Niveau ihrer Leistung auf dem Schlachtfeld sind vorbildlich. Mit technischer und taktischer Kreativität wurden dem Feind im Geiste des Apoismus sehr schwere Schläge versetzt.

Wir haben den Charakter der türkischen Kriegsführung deutlich gesehen“

Der türkische Staat versucht es durch seine Medien so darstellen zu lassen, als ob diese Operationen erfolgreich wären und die Armee mithilfe ihrer Technik die Guerilla jeden Tag schlagen würde. So soll eine entsprechende Stimmung in der Gesellschaft erzeugt werden. Aber wieder einmal haben wir mit dieser Operation sehr deutlich gesehen, wie es um die Kampfmoral der türkischen Armee steht und was der Charakter der türkischen Kriegführung ist. Über die sehr andersartigen Details dieses Krieges wurde in der Presse noch nicht berichtet. Das Bild, das die türkische Armee in dieser Operation abgibt, ist tatsächlich eine Peinlichkeit. Dies wurde sowohl bei den Kämpfen um die Kriegstunnel als auch bei den Bodenzusammenstößen deutlich. Daher kann sich die türkische Armee, egal wie sie es anpackt, in diesem Krieg nicht als erfolgreich präsentieren. Die Angriffe der Guerilla auf die türkische Armee werden in der türkischen Militärgeschichte unvergessen bleiben. Die Aktion am Piramit-Gipfel und den Geist dieser Aktion wird das türkische Militär niemals vergessen. Auch die unter der Führung der Kommandantin Ronahî Xelîl am Kleinen Cilo durchgeführten Offensivaktionen und die psychologischen Folgen dieser Aktionen wird das Militär nie vergessen, denn es musste in diesen Gebieten sehr schwere Schläge einstecken. Auch im Tunnelkrieg befinden sich unsere Freundinnen und Freunde jeden Tag in Angriffsposition und führen einen sehr harten Krieg.

Wir kennen die Wahrheit dieses Krieges ebenso wie die türkischen Kommandanten“

Unser Hauptquartier hat unsere Kriegsbilanzen offiziell bekannt gegeben. Das türkische Militär hat in der Presse nie über die Bilanz oder die Ergebnisse dieses Krieges berichtet. Es kann immer noch keine Bilanzen veröffentlichen, denn die Leichen Dutzender türkischer Soldaten liegen noch an den Hängen des Berges Mamreşo, des Kleinen Cilo und am Ertuş und Zendûra. Diese Gebiete sind unter der Kontrolle der Guerilla. Die Armee kann nicht einmal ihre Toten bergen. Wir haben ihre Waffen und ihre lebenswichtigen Vorräte beschlagnahmt. Das ist eine Peinlichkeit für die türkische Armee.

Der Krieg wird mit Söldnern aus Syrien, Libyen und dem Irak geführt“

Gleichzeitig hat die türkische Armee in diesem Krieg eigentlich nicht selbst gegen uns gekämpft. Sie versucht den Krieg gegen uns mithilfe von Söldnern zu führen, die sie aus Libyen, Syrien und dem Irak rekrutiert hat. Von der Art und Weise, wie sie sich bewegen, über ihre Haltung und ihre Ausrüstung wird deutlich, dass es sich bei denjenigen, die gegen die Guerilla kämpfen, nicht um Soldaten der türkischen Armee handelt. In diesem Sinne hat das, was in der Presse über diesen Krieg berichtet wird, nichts mit dem zu tun, was auf dem Schlachtfeld geschieht. Wir kennen die Realität dieses Krieges. Aber diese Realität spiegelt sich in keiner Weise in den Medien wider. Auf diese Weise erzeugt die Armee den Eindruck, dass sie die gesamte Region besetzt und überall Stellungen errichtet hat und jeden Tag Fortschritte in diesen Bergen macht. Nicht nur bei dieser Operation, zum Beispiel in der Zap-Region hat die Armee schon viele Male Niederlagen erlitten. Die Kommandeure der türkischen Armee sollten das nie vergessen. So wie sie damals kamen und flohen ohne zurückzuschauen, geschieht es auch heute. Aber der Krieg heute richtet sich nicht nur gegen die Guerilla. Es ist ein Invasionskrieg, der das gesamte Territorium Kurdistans umfasst. Das ist es, was diese Operation von den anderen unterscheidet. Diese Operation ist eine Invasion Kurdistans. Dieser Krieg mag auf dem Territorium Südkurdistans zugespitzt werden, aber er wird in jedem Teil Kurdistans geführt.

Novum in der Kriegsgeschichte“

Die Methoden, die von der türkischen Armee im Mamreşo-Gebiet in Avaşîn angewendet wurden, hat es in der Kriegsgeschichte noch nicht gegeben. Es ist noch in keinem Krieg passiert, dass sich beispielsweise fünf oder sechs Guerillakämpfer:innen in einem Kriegstunnel festsetzen und die Armee alle Mittel einsetzt, die sie hat. Sie setzte tagelang Hunderte Kilo Sprengstoff gegen diese Tunnel ein. Sie versuchte, die Tunnel mit Giftgas zu füllen und mit Bomben über unseren Freund:innen zum Einsturz zu bringen. Sie wollte Benzin in die Tunnel gießen und sie anzünden, sie setzte Dutzende Male Giftgas ein. Sie versucht die Guerillaaktivitäten zu kontrollieren, indem sie Überwachungskameras und Fotofallen überall im Gelände anbringt. Als ob ihre eigene Söldnerarmee nicht ausreicht, hetzt sie Hunde in die Tunnel. Einige Bilder hat sie in ihren eigenen Medien gezeigt. Zum Beispiel, wie die Leichen unserer Freundinnen und Freunde misshandelt wurden. Wir haben es bei dieser Operation mit einem Söldnerheer zu tun. Es ist ein Krieg ohne Moral und Gesetz. Aber komme was wolle, auch wenn der türkische Staat nicht nur seine Armee, sondern Dutzende Söldnerheere aus Libyen, Syrien, Afghanistan und dem Irak anschleppt, wird er niemals gegen die Freiheitsguerilla Kurdistans siegen.

Der Widerstand der Guerilla im Zagros wird zur zweiten Revolution führen“

In der Zap-Region wurde eine Operation gestartet, die bestimmte Bereiche umfasst. Die Guerilla leistet dort erheblichen Widerstand. In den Gebieten Kleiner Cilo und Ertuş wurde ein harter Krieg geführt. Zum Beispiel hatte die türkische Armee bei den Operationen im Jahr 2017 und früher einige Orte besetzt und Basen errichtet. Sie kam aus diesen Gebieten und startete eine Invasionsoperation im Gebiet Kleiner Cilo. Aber sie war vom ersten Tag an mit dem Widerstand der Guerilla konfrontiert. Die Freund:innen hinderten den Feind daran vorzurücken, indem sie ihn immer wieder effektiv angriffen. Der Feind konnte es 40 Tage lang nicht bis zum Kleinen Cilo schaffen. Jedes Mal, wenn er vorrücken wollte, wurde er getroffen. Als er versuchte, in die Kriegstunnel am Kleinen Cilo einzudringen, war er nicht in der Lage, seine Einheiten ins Gelände zu bringen. Also ließ er Bomben mit Seilen aus Sikorsky-Hubschraubern in die Tunnel ab. Dasselbe geschah in den Gebieten Werxelê und Mamreşo in Avaşîn. Es gab keinen einzigen Tag, an dem die türkischen Soldaten den Mut hatten, vor unsere Tunnel zu kommen. Sie haben tagelang Bomben über den Tunneln explodieren lassen, um die Guerilla auszuschalten. Trotzdem sind die Freundinnen und Freunde aus den Tunneln  gekommen und haben den Feind mit großer Opferbereitschaft angegriffen.

Ronahî Xelîl war eine von denen, deren opferbereite Haltung in diesem Krieg deutlich wurde. Sie und Zagros Avaşin kamen mit Handgranaten aus den Kriegstunneln, griffen den Feind an und bestraften innerhalb von wenigen Minuten sieben Soldaten. Ihre Leichen befanden sich tagelang unter der Kontrolle der Guerilla. Auch Delal Dilxweş und Viyan Botan sind an ihren Waffen gefallen, als sie gegen die Cobra-Kampfhubschrauber und Sikorsky-Transporthubschrauber der türkischen Armee kämpften. Wie der Freund Çiyager im Widerstand von Sûr gesagt hat: ‚Was auch immer das Ende sein mag, es wird wunderbar.‘ Was auch immer am Ende sein mag, mit dem Guerillawiderstand und dem Sieg im Zagros wird eine zweite Revolution der Menschheit stattfinden.“