Taktik der Guerilla und Taktik der türkischen Armee

Während der türkische Staat auf quantitative Überlegenheit und Technologie setzt, hat sich die Guerilla durch ihre Umstrukturierung angepasst und kämpft mit Kreativität und Entschlossenheit erfolgreich gegen die NATO-Armee.

In der Nacht vom 23. auf den 24. April begann die türkische Armee ihre Invasion in den von der Guerilla geschützten Medya-Verteidigungsgebieten. Die seitdem vergangenen zwei Monate sind zu einem in dieser Intensität in der Menschheitsgeschichte nur selten anzutreffenden Beispiel von Widerstand geworden. Trotz der Versuche, diesen Widerstand zu verschleiern und zu diffamieren, wird jedoch immer deutlicher, dass der Kampf auf der Grundlage der neuen Guerilla-Doktrin die Qualität besitzt, einen historischen Wendepunkt im kurdischen Freiheitskampf zu schaffen. Daher müssen der Charakter des andauernden Angriffs und der Guerilla-Widerstand eingehend untersucht werden.

Die Taktik der türkischen Armee im Feld

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) veröffentlicht täglich Berichte über die Ergebnisse des Krieges vor Ort. Deshalb ist es notwendig, sich nicht auf die Details, sondern auf die Unterschiede zu konzentrieren und zu fragen, was die taktischen und strategischen Ansätze der türkischen Armee und der Guerilla sind. Zuerst sollten wir einen Blick auf die türkische Armee werfen, welche die Folgen des Krieges so bemüht zu verschleiern versucht.

Die ersten Tage vom 23. April bis zum 21. Mai waren die Tage, an denen die heftigsten Zusammenstöße stattfanden. In dieser Phase können wir beobachten, dass die Guerilla vor allem die Taktik verfolgte, die Angriffe der türkischen Armee zurückzuwerfen und ihr Bewegungstempo zu verlangsamen. In der Zeit scheint die türkische Armee mit allen Mitteln angegriffen zu haben. Die Guerrilla reagierte meist defensiv. Sie suchte die Schwächen der Armee und verfolgte die Taktik, sie mit plötzlichen Aktionen zu treffen und zu verwirren. Nach dem 21. Mai änderte sich die Situation vor Ort jedoch vollständig. Die türkische Armee hat sich in eine defensive Position begeben, während die Guerillakräfte mit effektiven Aktionen in die Offensive gegangen sind.

Die Taktik der türkischen Armee ist allgemein bekannt, sie ist nicht überraschend, sondern vorhersehbar. Obwohl es sich um eine vorhersehbare Taktik und Vorgehensweise handelt, kann man sagen, dass sie sich in vielen Bereichen in einer vorteilhaften Position befindet. Folgende Punkte lassen sich hier anführen:

* Quantität: Nach Angaben des türkischen Staates sind 8.000 Infantristen eingesetzt, ihre Zahl ist jedoch wesentlich höher.

* Die Armee kann aus der Luft aufklären.

* Sie hat Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber und Drohnen.

* Sie hat den Vorteil, schweren Boden-Boden-Beschuss mit Haubitzen, Mörsern, Katjuschas und bodennahen ballistischen Raketen von Militärstützpunkten entlang der Grenze durchführen zu können.

Dementsprechend hat sie ein bestimmtes Gebiet ins Visier genommen und die hohen Gipfel dort innerhalb der ersten 24 Stunden der Offensive aus der Luft und vom Boden aus mit Bomben und Granaten angegriffen. Nachdem so der Feind „aufgeweicht“ werden sollte, plante sie unter der Beobachtung von Aufklärungsflugzeugen, mit Hubschraubern Bodentruppen abzusetzen. In der nächsten Phase sollten die Infanteristen versuchen, die Gipfel unter dem permanenten Schutz der Aufklärungsflugzeuge unter Kontrolle einzunehmen. Selbst im Wind schwankende Äste von Bäumen wurden stundenlang bombardiert und von der Infanterie mit Kugeln durchsiebt. Das geringste Zeichen von Bewegung und Leben wird also als Bedrohung wahrgenommen.

Soldaten halten es keine 24 Stunden im Kampfgebiet aus

Ein weiterer Faktor ist die Psyche der Infanteristen in einer solchen Ungewissheit. Die Versorgung der lebenswichtigen Bedürfnisse vor Ort und die Möglichkeit, im Falle einer Verletzung frühzeitig evakuieren werden zu können, stellen ernste Probleme dar. Es scheint, dass eine Einheit nicht 24 Stunden auf dem Schlachtfeld aushalten konnte. Daher sind tägliche Ablösungen und Munitionsversorgung wie auch die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern eine zwingende Notwendigkeit. Dies erhöht das Risiko für die türkische Armee, denn die Gegenseite hat damit mehr potentielle Ziele. Eine solche Situation mag in der Kriegspropaganda normal aussehen, aber an der Front herrscht permanente Unsicherheit. Wichtig ist es, diese Unsicherheit zu nutzen, die empfindlichen Punkte zu treffen und die Angriffsinitiative auf dem Schlachtfeld zum eigenen Vorteil zu wenden.

Das türkische Militär ist am Boden gescheitert

Die türkische Armee wurde von der Guerilla am Boden, d.h. als Infanterie besiegt. Der türkische Staat bemüht sich, diese Niederlage mit seiner Technologie zu vertuschen. 99 Prozent der aktuellen Kämpfe werden mit Technik ausgetragen. Es gibt nicht wie angenommen zwei Kräfte, die sich auf dem Feld gegenüberstehen. Diese Niederlage der türkischen Infanterie ist nichts Neues, bereits vor 2012 ist das mehrfach geschehen. Es handelt sich um eine Art der Kriegsführung, die sich auf Technik, Geheimdienst und Spezialkrieg stützt. Der türkische Staat hat sich darauf so eingeschossen, dass er annahm, auf diese Weise die Kräfte, die gegen ihn stehen, für immer vernichten zu können.

Die Unterschiede auf dem Schlachtfeld und die Unfähigkeit der türkischen Armee sind so offensichtlich, dass es abgesehen von der Demütigung wirklich unmenschlich ist. Und es gibt dennoch Regierungsbeamte, die diese unmenschlichen Praktiken offen verteidigen und als Erfolg verkaufen.

Die Haupttaktik der türkischen Armee vor Ort ist es, lokale Aufklärung und Luftaufklärung zu kombinieren und durch schwere Bombardierungen Ergebnisse zu erzielen. Eine andere Taktik ist es, „Feindkontakt herzustellen, sich zurückzuziehen und dann mit Technik anzugreifen“. Eigentlich sind es zwei Versionen der gleichen Taktik. Es ist offensichtlich, dass hierbei kollaborierende Gruppen und Kontras einen wichtigen Beitrag geleistet haben und gewisse Ergebnisse erzielt worden sind. Wenn wir aber die aktuelle Kriegssituation und die Umsetzung der Guerilla in Praxis sehen, dann wird klar, dass die türkische Taktik nichts anderes war, als Felsbrocken tagelang zu bombardieren. Denn in der aktuellen Phase bestimmt die Guerilla den Ort, an dem sie in Feindkontakt geht.

Es geht darum, die Besatzung zu verstetigen

Der wichtigste Unterschied zu den vorigen Invasionsangriffen der türkischen Armee ist es, dass er auf eine Verstetigung der Besatzung abzielt. Entgegen der landläufigen Meinung kann das die Guerillapräsenz nicht beenden und die Bewegungsfreiheit der Guerilla nicht einschränken. Für die Guerilla gibt es große Chancen, die Situation in einen Vorteil zu verwandeln. Das Angriffsziel für die Guerilla wird größer und es entstehen Möglichkeiten, taktische Angriffe durchzuführen. Die wirkliche Gefahr besteht darin, dass sich die Besatzung und die Verwüstung ausweiten. Es ist einer der Grundirrtümer der Kollaborateure wie der PDK, wenn sie davon ausgehen, dass die Guerilla am Ende sei und man jetzt Partei ergreifen könne, damit ihnen am Ende alles gehöre. Der türkische Staat bringt nicht nur seine Kollaborateure, sondern auch die Söldner, die er aus Syrien rekrutiert und bereits anderswo eingesetzt hat, in die Region. Eine solche Initiative sollte auch als Versuch des türkischen Staates gesehen werden, die Demografie Kurdistans zu verändern. Angesichts dieses Bildes macht vor allem die Stille der Stämme in der Region keinen Sinn. Es sollte bekannt sein, dass die türkische Armee in Zukunft eine große Gefahr für diejenigen darstellen wird, die zu diesem Invasionsversuch schweigen oder ihn unterstützen.

Die Taktik der Guerilla

Eine der Grundregeln des Guerillakrieges ist die Unberechenbarkeit. Im Gegensatz zu regulären Armeen handeln Guerillaeinheiten nicht mit einem festen Plan oder einer festen Taktik. Die aktuelle Situation wird bewertet und dementsprechend wird die am besten geeignete Vorgehensweise und Taktik bestimmt. Wichtig dabei ist, dass in kurzer Zeit die Taktik entsprechend der Manövrierfähigkeit der Gegenseite und der bestehenden Situation der Taktik analysiert und bestimmt wird. Mit anderen Worten, die Guerilla ist flexibler in der Entscheidungsfindung und Taktik im Vergleich zu normalen Armeen und kann sich schneller bewegen. So entstehen viele Optionen zuzuschlagen. Auch wenn sie an ein Hauptquartier angeschlossen ist, so kann die Guerillaeinheit ihre eigene Initiative und Perspektive entwickeln. Das bedeutet die Umsetzung einer halbautonomen Guerilla-Taktik. Natürlich war die taktische Transformation der Guerilla in dieser Hinsicht nicht einfach, und es ist immer noch möglich, Mängel zu finden. Angesichts der türkischen Invasion und der Aktionen der Guerilla dagegen können wir jedoch sagen, dass die Transformation zu entscheidenden Ergebnissen geführt und das Niveau des Kampfes angehoben hat.

Anhand der Beispiele von Guerillaaktionen kann dies deutlich gemacht werden. Eine dreiköpfiges Guerillaeinheit beobachtet zunächst eine Weile ihr Ziel. Dann infiltriert sie die Stellungen der Soldaten und greift aus vier oder fünf Metern Entfernung an. Aus dem, was wir aus den Bildern erkennen können, stehen die Soldaten unter Schock. Die Guerilla schaltet ohne Zögern ihr Ziel aus, nimmt die Waffen und Ausrüstung an sich und verschwindet ebenso blitzartig. Das ist es, was die neue Guerilla-Taktik bedeutet. Sie wurde 2019 entwickelt. Es könnten Hunderte ähnliche Beispiele angeführt werden.

Das Vorgehen der türkischen Armee wurde zur Gelegenheit

Gegenüber den Angriffen, die am 23. April begannen, können wir noch ganz andere effektive Taktiken der Guerilla beobachten. Bei den ersten Angriffen schützten sich die Guerillakräfte in Tunnelsystemen tief im Gelände vor den Bombardierungen. So ist es nicht übertrieben zu sagen, dass mit dem ersten Angriff keinem der Guerillakämpfer:innen auch nur ein Haar gekrümmt werden konnte. Das türkische Militär hatte jedoch darauf abgezielt, der Guerilla mit dem ersten Angriff einen tödlichen Schlag zu versetzen. Nicht nur die Angriffe am Abend des 23. und 24. April scheiterten, der Guerilla gelang es, dies schnell zu ihrer Chance zu machen. Aufgrund der Intensität der Bombardierung und der Dimension des Angriffs war es leicht zu bestimmen, welches die primären Ziele des Feindes sind. In einer solchen Situation gewinnen die Guerillakräfte enorme Zeit, um dem Infanterieangriff mit unterschiedlichen Taktiken zu begegnen. So geschah es dann auch. Der Guerilla gelang es, die Taktik, die Luftüberlegenheit, die quantitative Überlegenheit und die schweren Boden-Boden-Bombardierungen der türkischen Armee in Vorteile umzuwandeln.

Umfassende Stellungen und Kriegstunnel

Die Guerillakräfte haben ein unterirdisches System aufgebaut, d.h. umfangreiche Kampfstellungen und Tunnel, um der Luftaufklärung und den schweren Bombardierungen etwas entgegensetzen zu können. Gleichzeitig wurden diese Positionen zu wichtigen Widerstandsstellungen gemacht. Diese Taktik untergrub nicht nur die Luftüberlegenheit der türkischen Armee, sondern wurde auch zu einer wichtigen Taktik im Guerillakrieg. So liefen die schweren Bombardierungen ins Leere und die Guerillaeinheiten konnten Position gegen die folgenden Infanterieangriffe beziehen und diese von Anfang an effektiv treffen. Die Tunnelsysteme bieten außerdem die Möglichkeit, die Hubschrauber in Ruhe zu beschießen und zum Umkehren zu zwingen und so das Absetzen von Truppen zu verhindern. Um diese Feststellung zu bestätigen, reicht es, den türkischen Verteidigungsminister Hulusi Akar zu zitieren, der sagte: „Es ist sehr schwer, in den Bergen und an den Hängen Truppen abzusetzen. Die Hubschrauber können nicht am Boden aufsetzen.“

Halbautonome Guerillaeinheiten

Die HPG haben in dieser Phase aktiv halbautonome professionelle Guerilla-Teams aufgebaut. Wir können sagen, dass die Guerillakräfte in den letzten Jahren einen sehr intensiven Ausbildungs- und Umstrukturierungsprozess durchlaufen haben, um diese taktische Transformation umzusetzen. Was bedeuten also halbautonome Guerillaeinheiten, was sind ihr Wesen, ihre Organisation und ihre Grundlogik? Wie oben erwähnt, haben Guerillaeinheiten eine flexiblere Perspektive, sie sind im Gegensatz zu normalen Armeen geradezu flüssig. Wir stehen vor einer Guerilla, die über die klassische, bis heute vorherrschende Guerillatheorie hinausgeht. Es handelt sich um eine Guerillatheorie unter Berücksichtigung der aktuellen Technologie. Diese Art von Guerilla nennt sich „Guerilla der demokratischen Moderne“. Die Taktik der vorbereiteten Stellungen und der Tunnel ist eine an die Zeit angepasste Taktik. Die Kriegstunnel sind jedoch nur ein Teil davon. Die Haupttaktik der neuen Guerillatheorie sind halbautonome, professionelle Guerillateams. Um die Anforderungen dieses Kampfes zu erfüllen, sind ein Wille aus Stahl und unerschütterliche Überzeugung notwendig.

Da Geheimnisse bewahrt werden müssen, kann ich nur sagen: Halbautonome professionelle Guerillaeinheiten sind buchstäblich wie Geister und gehen mit großer militärischer Expertise vor. Die Gesamtperspektive wird auf der Ebene der Organisation entwickelt, und halbautonome Guerillateams entwickeln die Taktiken vor Ort, die auf den besonderen Bedingungen der Gebiete basieren. Hier liegt natürlich die ganze Initiative in den Händen der lokalen Einheiten. Mit halbautonom ist gemeint, dass die Guerilla, die teilweise mit dem Hauptquartier in Kontakt steht, von diesem jedoch nur die allgemeine Richtung, das Ziel und der Plan entschieden wird, aber ansonsten jede Entscheidung selbst getroffen wird. Die Guerilla erklärt es so: Der Einsatz von Kommunikationsmitteln und der Kontakt mit der Außenwelt bedeutet, dass, wenn nicht der Standort der Einheit, so doch zumindest eine Identifizierung der Region festgestellt werden kann. Das bedeutet ein potentielles Risiko und schränkt die Bewegungsfreiheit der Einheiten ein. Daher kommuniziert eine halbautonomes Guerillaeinheit mit dem Hauptquartier auf begrenzte und andere Art und Weise, ohne den Einsatz von herkömmlichen Kommunikationsmitteln. Sie analysiert stattdessen die eigene Situation und die eigenen Bedingungen selbst und bestimmt ihre Taktik und ihre Bewegungen dementsprechend. So werden die Risiken, die durch den Einsatz von Kommunikationstechnologie entstehen kann, beseitigt. Das ist genau das, was Unberechenbarkeit für den Feind bedeutet. Derzeit versucht das türkische Militär, die Guerilla mit Hilfe der Luft- und Bodenaufklärung, aber auch durch die Auswertung der Daten der Kommunikationsmitteln zu treffen. Wenn ihm diese genommen werden, ist es blind. Und wenn blitzschnelle Schlagkraft zu dieser Situation hinzukommt, dreht es sich so wie jetzt um sich selbst und ist nicht in der Lage, vorzurücken.

In der alten Guerillastruktur bestand jedes Team aus zwölf Kämpfer:innen. Jedes der Mitglieder einer Einheit wäre Expert:in in einem Bereich. Jede Guerillakämpfer:in hatte sich im Einzelnen auf Attentate, Sabotage, mittlere Waffen, Mörser, Flugabwehrgeschütze oder Gesundheit spezialisiert. Im Laufe der Zeit wurde jedoch gesehen, dass diese Situation und die Größe der Guerillaeinheiten diese zu Angriffzielen für die feindliche Technik machte, ihre Manövrierfähigkeit einschränkte und die Mobilität erschwerte. Ein anderer Nachteil war die taktische Lücke, die in jede Einheit durch Verluste geschlagen wurde. Angesichts der Entwicklung der Technologie wurde klar, dass eine solche Form der Organisierung keine Ergebnisse mehr bringen würde. Da der Guerillakrieg selbst ein Kampf von Willen und Verstand ist, wurfüde auf der Grundlage eines Neustrukturierungsprojekts ein radikaler Prozess der Transformation eingeleitet. Natürlich darf man nicht zu dem Schluss kommen, dass die alte Guerillataktik völlig falsch war. Nein, bei der Umstrukturierung handelte es sich um einen Schritt zur Anpassung an sich verändernde Bedingungen und die sich entwickelnde Kriegstechnologie. Das Schlachtfeld ist der offenste und flexibelste Bereich für Veränderungen. Eine Methode, die richtig ist und heute Ergebnisse erzielt, kann morgen falsch sein. Daher ist es gegen das Wesen des Guerillakampfes, in bestimmten Formen der Organisierung und Bewegung zu verharren. .

Guerilla ist professionalisiert

Der Guerilla gelang auch aufgrund ihrer Auseinandersetzung mit der Veränderung in der Kriegstechnologie mit ihrer Umstrukturierung ein Novum. Es ist notwendig zu verstehen, um was für einen qualitativer Sprung die Veränderung von Zwölfereinheiten zu halbautonomen Guerillaeinheiten mit drei, vier oder fünf Personen bedeutet. Im alten Guerillasystem gab es ein oder zwei Spezialist:innen in einem Bereich in einer Einheit. Im neuen Guerillasystem ist diese Situation jedoch umgekehrt, jede der Guerillakämpfer:innen der kleinen, halbautonomen Einheiten ist mindestens auf drei Zweige spezialisiert, hat die entsprechende theoretische und praktische Ausbildung durchlaufen und anschließend den Platz im Feld eingenommen. Also ist eine Guerillakämpfer:in zum Beispiel sowohl Scharfschütz:in, als auch Saboteur:in, als auch an mittleren und schweren Waffen ausgebildet. Durch die Verkleinerung der Einheiten konnte die Schwerfälligkeit der Bewegung in großen Einheiten vermieden werden und sie verschwanden für den Feind fast ins Unsichtbare. Die Einheiten können sich flexibel und schnell bewegen. Obwohl es in der Praxis noch einige Unzulänglichkeiten gibt, wurden der neue Stil und die Taktik weitgehend erfolgreich umgesetzt und brachten Ergebnisse.

Guerilla benutzt neue Technologien

Die Nutzung technologischer Entwicklungen ist auch zu einem wichtigen Teil des Guerillakrieges geworden. Dies zeigt sich der Öffentlichkeit vor allem in den Aktionen der Luftverteidigungskräfte Şehîd Delal. Denken wir jedoch daran, dass der Einsatz und die Nutzung der Technologie viele Ebenen hat. Die Guerilla hat keine staatliche Unterstützung oder große finanzielle Kraft. Sie ist keine Formation, die wie der türkische Staat die Unterstützung von anderen Staaten erhält und der jede neue Kriegstechnologie von der NATO in die Hand gegeben wird. Die Guerilla profitiert von einigen der technischen Optionen, die mit ihren knappen Ressourcen existieren, und geht dabei mit großem Wissen und großer Kreativität vor.

Luftverteidigungskräfte und ferngesteuerte schwere Waffen

Die Luftverteidigungskräfte Şehîd Delal konnten in dieser Hinsicht ernstzunehmende Ergebnisse erzielen und die Verteidigungssysteme der türkischen Armee überwinden. Nicht nur das türkische Militär, sondern auch alle Radarsysteme, die die NATO und die USA dem türkischen Staat zur Verfügung gestellt haben, haben sich als dysfunktional erwiesen und können Guerillaaktionen nicht verhindern. Die Luftverteidigungskräfte haben sehr kreative Aktionen durchgeführt. Sie sind ein konkretes Beispiel, was den taktischen Reichtum der modernen Guerilla betrifft. Ein weiteres Beispiel sind die ferngesteuerten schweren Waffen der Guerilla, die den türkischen Kriegsminister schockierten. Diese funktionieren mit einem sehr einfachen Mechanismus. Natürlich sind die Bemühungen des Kriegsministers, diese Situation als geheime Hilfe einiger Staaten für die Guerilla darzustellen, nichts weiter als absurd. Vor elf Jahren hieß es auch, die von der Guerilla selbst entwickelte panzerbrechende Scharfschützenwaffe Zagros sei von irgendwelchen Staaten geliefert worden. Die Tatsache, dass türkische Spezialkriegsstrategen so lächerliche Behautpungen aufstellen, zeigt das Ausmaß ihres Schocks.

Ich möchte darauf hinweisen, dass Worte des Kriegsministers wie: „Wir sind in ihre Höhlen eingedrungen, wir sind auf ihre Gipfel gestiegen, wir haben sie vernichtet“, nichts weiter als leere und billige Propaganda sind. Die Kriegstunnel wurden ohnehin eingerichtet, um den Eindringlingen zu begegnen. Es war eine so wirksame Taktik, dass die Invasionstruppen die Höhlen zuerst angriffen wie ein Stier ein rotes Tuch. Aber es war, als hätten sie die Hand in einen Bienenstock gesteckt und sie bereuen es tausendfach. Kurz gesagt, die Orte, wo die Kämpfe um Positionen und Tunnel toben, sind keine streng geheimen Verstecke, sie sind alle auf hohen Gipfeln gebaut, die mit bloßem Auge von Meilen entfernt gesehen werden können. Daher ist es nichts als ein Ausdruck der Verzweiflung der türkischen Armee, wenn sie Erfolgsgeschichten verbreitet, sie hätte die Tunnel gesucht und aufgespürt.

Man kann sagen, dass der 2015 begonnene „Niederwerfungsplan“ des türkischen Staates voller Deutlichkeit zeigt, dass es um Vernichtung und Auslöschung geht. Es ist abzusehen, dass in dieser Phase die schmutzigsten und unmenschlichsten Methoden des Spezialkriegs zum Einsatz kommen. Die Instrumentalisierung der PDK und ihrer Medien für die Invasion ist eines der wichtigsten Anzeichen dafür. Das kurdische Volk sollte auf alles vorbereitet sein, denn Bündnisse, die bisher hinter verschlossenen Türen agierten, treten nun offen auf. Das sollte nicht zu Frustration führen. Der Kampf muss in der letzten Instanz weitergehen und sein Ziel erreichen. Die Freiheitsguerilla kämpft derzeit in einem Widerstand historischen Ausmaßes dafür. Sie leistet nicht nur Widerstand, sondern fügt dem Feind unter jeder Bedingung schwere Schläge zu. Dies gelingt mit großem Willen und Glauben an die Wahrheit. Um den verbleibenden Schritt zu vollenden, muss der Kampf in alle Bereiche getragen werden. Der Sieg ist so nah, wie er nur sein kann.