Dem sehbehinderten Kurden Hasan Yalçın droht eine Verurteilung wegen Terrorismus, nachdem seine vierzehnjährige Tochter von der türkischen Polizei gezwungen wurde, eine Erklärung zu unterschreiben, in der sie behauptet, ihr Vater lese ständig Bücher der PKK.
Yalçın, der unter einer Sehbehinderung leidet und Analphabet ist, wurde im August 2020 in Hezo (tr. Kozluk) in der nordkurdischen Provinz Êlih (Batman) festgenommen und vier Tage lang in Polizeigewahrsam festgehalten. Seine Tochter wurde zuvor von der Polizei derartig unter Druck gesetzt, dass sie gegen ihren Vater aussagte. Es war die erste Festnahme in seinem Leben. Er wurde nicht über seine Rechte aufgeklärt und ohne anwaltlichen Beistand verhört. Anschließend wurde er aufgefordert, seine Aussage mit einem Fingerabdruck zu unterzeichnen. Der Text wurde ihm nicht vorgelesen und er kam der Aufforderung in dem Glauben nach, dass es sich tatsächlich um seine eigenen Angaben handele. Ein Jahr später, im September 2021, wurden 35 weitere Personen aufgrund dieser Aussage festgenommen.
Der Prozess gegen Hasan Yalçın beginnt am Donnerstag in Êlih. In der Anklageschrift führt die Staatsanwaltschaft Transparente in den traditionellen kurdischen Farben Rot, Gelb und Grün, Zeitungen, Zeitschriften und Fotos von Abdullah Öcalan und Sakine Cansız als Beweismittel für die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung auf. Auch die Aussage der Tochter S.Y., dass Yalçın ständig Bücher der PKK lese, wird in der Anklageschrift hervorgehoben.
Die Aussage der minderjährigen Tochter wurde in Polizeigewahrsam ohne Rechtsbeistand oder eine pädagogische Unterstützung aufgenommen. In der Aussage hatte S.Y. Berichten zufolge sehr detaillierte Beschreibungen von Personen gegeben, einschließlich Variationen ihrer Haarfarben. S.Y. war zwischenzeitlich in einer Pflegefamilie untergebracht, lebt jetzt jedoch wieder bei ihren Eltern.