Das PKK-Komitee für Außenbeziehungen hat eine Stellungnahme zu den Verlautbarungen von Mesrûr Barzanî (PDK) in den letzten Tagen abgegeben: „Das kurdische Volk durchläuft eine Phase von historischer Bedeutung. Während einerseits der Befreiungskampf intensiviert fortgesetzt wird, bleiben andererseits auch der türkische Kolonialismus, die kurdenfeindlichen Kräfte und die Vertreter der Kollaboration nicht untätig. Der Widerstand der Freiheitsguerilla gegen die Besatzungsangriffe in den Regionen Zap und Avaşîn sowie in ganz Kurdistan bereitet dem Staat Türkei und seinen Kollaborateuren ernste Schwierigkeiten. Der türkische Kolonialstaat und seine Unterstützer unternehmen alles, um den Kampf der Kurd:innen für Freiheit und einen Status zu vereiteln. In dieser hochsensiblen Zeit ist es unabdingbar, dass alle verantwortlich und mit einem patriotischen Bewusstsein vorgehen. Die von Mesrûr Barzanî in den letzten Tagen abgegebenen Erklärungen zeigen jedoch auf, warum die kurdische Frage bis heute nicht gelöst und wie sie erschwert worden ist.“
Die aufeinander folgenden Statements von Mesrûr Barzanî, der momentan als Ministerpräsident der Autonomieregion Kurdistan im Irak fungiert, hätten Bestürzung und Ablehnung in der Bevölkerung hervorgerufen, hält die PKK fest:
„Wenn diese Erklärungen nicht in seinem Namen veröffentlicht worden wären, würde man mit Sicherheit davon ausgehen, dass sie von einem Vertreter des Staates Türkei stammen. Inwieweit es dabei einen Bezug zum kurdischen Patriotismus gibt, überlassen wir der Einschätzung unseres Volkes. Dass Mesrûr Barzanî erklärt, der türkische Staat habe kein Problem mit den Kurden, das Problem sei vielmehr die PKK und Rojava müsse die Beziehung zur PKK beenden, weil andernfalls die Türkei beunruhigt sein und angreifen werde, ist ein Zeichen der Kollaboration und Kapitulation. Er redet dem Staat Türkei nach dem Mund.
„Nur Mesrûr Barzanî stört der türkische Expansionismus nicht“
Der Staat Türkei wiederholt dieselben Verlautbarungen seit vierzig Jahren überall und immer. Mesrûr Barzanî unterschätzt das geschichtliche Bewusstsein des kurdischen Volkes und den Grad des nationalen Erwachens. Das Volk Kurdistans weiß inzwischen, wer Freund und wer Feind ist. Es ist sich bewusst, wer Kollaborateur und wer Patriot ist. Die gesamte Welt sieht den kolonialistischen Expansionismus des türkischen Staates inzwischen als Bedrohung an, nur Mesrûr Barzanî von der PDK fühlt sich davon nicht gestört. Es macht ihm nichts aus, wenn die türkischen Staatsvertreter, mit denen er sich trifft, behaupten, dass es Kurdistan nicht gibt. Anstatt die türkische Besatzung und die Angriffe zu legitimieren, sollte er sich für eine Lösung der Probleme der Bevölkerung Südkurdistans hinsichtlich Demokratie, Freiheit, gerechter Einkommensverteilung und Arbeitsmöglichkeiten einsetzen. Er sollte nicht nach noch mehr Macht für seinen Familienclan streben, sondern Gewissensbisse verspüren und eine ethische politische Haltung einnehmen, wenn junge Kurdinnen und Kurden auf dem Weg ins Ausland ihr Leben verlieren.
Die PDK verpulvert ihre eigene Existenzgrundlage
Die PDK und Mesrûr Barzanî erfreuen mit ihrer Feindschaft der PKK gegenüber nicht nur die Feinde des kurdischen Volkes, sie verbrauchen auch die politische Grundlage, auf der ihre eigene Existenz basiert. Die PKK hat in ihrem seit einem halben Jahrhundert andauernden Kampf an nichts anderes als an die Freiheit des kurdischen Volkes gedacht und dementsprechend gehandelt. Jede Stellung und Möglichkeit, die für Kurdistan errungen wurde, hat einen hohen Tribut gefordert. Bei dem ideologischen und militärischen Sieg über den IS hat die PKK eine ausschlaggebende Rolle gespielt. Die Freiheitsguerilla Kurdistans hat von Mexmûr bis nach Hewlêr [Erbil] mit großer Opferbereitschaft gekämpft und damit verhindert, dass der IS Südkurdistan besetzt. Was dieser Widerstand der PKK erwirkt hat, ist auch unserem Volk in Südkurdistan bestens bekannt.
Die Niederlage des IS in Rojava hat für den Preis von Tausenden gefallenen Guerillakämpfer:innen stattgefunden. Die kurdischen, arabischen, christlichen, turkmenischen und tschetschenischen Völker haben über zehntausend Gefallene im Kampf gegen den IS gegeben. Aus diesem Tribut ist die Führung von Nord- und Ostsyrien hervorgegangen. Sie weiß selbst am besten, mit wem sie wie spricht. Nicht Mesrûr Barzanî kann festlegen, mit welchen Kräften worüber verhandelt wird, es sind die Völker von Rojava selbst. Mesrûr Barzanî und seine Anhänger haben im Kampf gegen den IS und in der Revolution von Rojava überhaupt keinen Preis gezahlt. Mit wem wollen sie worüber verhandeln? Wenn Mesrûr Barzanî die Bevölkerung und Leitung bedroht und sagt: ,Brecht eure Verbindung zur PKK ab, distanziert euch von ihr, ansonsten werden wir keine guten Beziehungen haben', dann redet er dem türkischen Staat nach dem Mund und bewegt sich mit derselben Geisteshaltung. In der patriotischen Haltung des Volkes von Kurdistan haben solche Drohungen keinen Platz. Auch die Bevölkerung von Rojava, die gegen den türkischen Kolonialismus und die Grausamkeit des IS Widerstand leistet, lässt sich durch derartig billige Drohungen nicht einschüchtern. Die Völker Nord- und Ostsyriens und ihre demokratische Willensvertretung wissen selbst, was die beste Entscheidung für ihre Zukunft ist.
„Angesichts möglicher Provokationen wachsam sein“
Der Befreiungskampf des kurdischen Volkes befindet sich an dem Punkt, die Balancen in der Region zu bestimmen. In einer solchen Phase muss unser Volk angesichts möglicher Provokationen und der Legitimierung des türkischen Besatzerstaates wachsam sein und sich offen positionieren. Auf dieser Grundlage möchten wir als PKK mitteilen, dass wir den Kampf zum Schutz vor Besatzungsangriffen, zur Verteidigung und zur Befreiung Kurdistans noch stärker fortsetzen werden.“