Mehmûd Osman: Die Quelle der Probleme ist der türkische Staat

Der ehemalige Abgeordnete und bekannte Politiker Mehmûd Osman fordert ein Zusammenkommen von PDK, YNK und PKK zur Lösung der Probleme in Südkurdistan. Nicht die PKK sei Quelle der Konflikte, sondern der türkische Staat, sagt Osman.

Mehmûd Osman ist ein politisches Urgestein Südkurdistans. 1968 war er Stellvertreter von Mustafa Barzanî innerhalb der PDK und zwei Jahre später Verhandlungsführer mit der irakischen Regierung. 1980 gründete er die Sozialistische Partei Kurdistans und kehrte nach englischem Exil 1995 in den Irak zurück. Er verhandelte 2001 den Waffenstillstand zwischen den kurdischen Parteien PDK und YNK und wurde nach dem dritten Golfkrieg zum Mitglied des irakischen Regierungsrats. Ab 2004 war er auch Abgeordneter im irakischen Parlament, wo er 2010 die kurdische Koalition führte. Im interview mit ANF bewertet Osman die aktuellen Entwicklungen im Verhältnis zwischen der Türkei und Kurdistan.

„Die Türkei steht sozialistischen und demokratischen Parteien feindlich gegenüber. Das eigentliche Problem ist nicht die PKK, sondern die die Türkei. Die Türkei glaubt nicht an eine Lösung der kurdischen Frage auf der Grundlage von Frieden und Dialog. Wenn die Türkei an einen Dialog glauben würde, dann würden alle Probleme gelöst, die PKK würde in die Türkei gehen und als politische Partei arbeiten. Der Krieg würde sofort aufhören. Es mag sein, dass die PKK einige Fehler gemacht hat, aber die Ursache aller Probleme ist die Türkei. Denn sie ist weder bereit zum Dialog noch zum Frieden. Sie glaubt ja nicht einmal an die Existenz der Kurden“, sagt Osman zur Repression in Nordkurdistan und der Türkei. Der Politiker weist darauf hin, dass die politischen und ökonomischen Beziehungen zwischen Hewlêr und Ankara etwas „ganz Normales“ seien, diese aber nicht auf Kosten von Kurd*innen in anderen Teilen Kurdistans stattfinden dürften.

„In Wirklichkeit glauben der Iran, die Türkei und Syrien nicht an die Existenz der Kurden und der kurdischen Frage. Schaut euch ihre Gesetze an, darin werden Kurden nicht einmal erwähnt. Wenn wir den Irak betrachten, so gibt es manche Rechte, aber bei den anderen wird in keiner Weise von Kurden auch nur geredet“, fährt Osman fort.

Die PDK, YNK und PKK sollten sich treffen und ihre Probleme lösen“

Seiner Meinung nach sollten sich die PDK, YNK und PKK treffen und verständigen. Das wäre die „beste Lösung“ für alle Probleme. „Wenn sie sich nicht zusammensetzen und sich aus der Ferne gegenseitig beschuldigen, dann wird dies nichts zu einer Lösung beitragen.“

Osman fordert auch einen Friedensdialog mit der Türkei und dem Iran und sagt: „Ich will ein Beispiel geben. Jetzt haben die PDK und die YNK Probleme mit der PKK; also sollten sie mit der PKK zusammenkommen und ein, wenn nötig auch geheimes Übereinkommen erzielen. Mit Militärbasen und Krieg lässt sich nichts lösen. Die Geschwister PDK und YNK in Südkurdistan haben immer wieder betont, die Türkei wolle von ihnen, dass sie die Sicherheit an der Grenze garantieren. Aber Sicherheit lässt sich nur durch Frieden garantieren. Wenn wir uns verständigen, kann sich die Region stabilisieren und der Krieg wird enden. Meiner Überzeugung nach sollten der Iran und die Türkei mit der kurdischen Seite zusammenkommen und die Probleme friedlich beilegen. Es gibt ohnehin keinen anderen Weg.“

Wenn Öcalan freikommt, dann kommt auch Frieden“

Der kurdische Politiker weist auf die wichtige Rolle Öcalans hin: „Öcalan hat ein Projekt und sagt, dass er das Problem innerhalb von sechs Monaten lösen kann. Statt diese Initiative zu beantworten, isoliert die Türkei ihn. Ich glaube, wenn Gespräche mit Öcalan stattffinden könnten, würden die Probleme gelöst werden. Käme Öcalan frei und fände eine Verständigung auf der Grundlage eines Dialogs statt, würde Frieden einkehren und das Problem mit Rojava würde ebenfalls gelöst. Die Türkei behauptet, Rojava stünde unter PKK-Herrschaft und sei terroristisch. Wir haben keine Ahnung, welche Kurden aus Sicht der Türkei denn nun gut sind.“

Mesrur Barzanî und ich befanden uns auf der Terrorliste der Türkei“

Beim Besuch in Bagdad hatte das türkische Außenministerium 2003 ein offizielles Schreiben an das irakische Außenministerium und die USA übergeben, in dem sie die Auslieferung von Osman und dem heutigen Regierungschef der Region Kurdistan, Mesrur Barzanî, forderte. Das Urgestein erinnert sich: „Sie nannten mich einen Terroristen, weil ich eine friedliche Lösung in Nordkurdistan wollte.“