„Mahsum Korkmaz hat Hilflosigkeit nicht akzeptiert“

Vor 35 Jahren ist der legendäre Guerillakommandant Mahsum Korkmaz gefallen. Der HPG-Kommandant Edip Dersim erläutert, wie seine lösungsorientierte Einstellung auch heute noch den Guerillakampf prägt.

Der HPG-Kommandant Edip Dersim hat sich gegenüber ANF zum 35. Todestag von Mahsum Korkmaz (Egîd) geäußert. Mahsum Korkmaz führte am 15. August 1984 den ersten Angriff der kurdischen Guerilla auf eine Kaserne der Militärpolizei im nordkurdischen Dih (Eruh) an. Ein Wachsoldat und ein Offizier kamen ums Leben, Verluste der Guerilla gab es nicht. Über den Lautsprecher einer Moschee wurde anschließend die Gründungserklärung der HRK (Hêzên Rizgarîya Kurdistan) verlesen. In dem Flugblatt der „Befreiungseinheiten Kurdistans”, wie sich die Guerilla in den ersten Jahren des bewaffneten Kampfes in Anlehnung an die zu Beginn des vietnamesischen Freiheitskampfes gebildete „Einheit zur Befreiung Vietnams“ nannte, hieß es: „Die HRK verfolgt das Ziel, den Kampf unseres Volkes um nationale Unabhängigkeit, eine demokratische Gesellschaft, Freiheit und Einheit unter Führung der PKK gegen den Imperialismus, den türkischen Kolonialfaschismus und ihre einheimischen Lakaien bewaffnet zu führen.”

Mahsum Korkmaz kam am 28. März 1986 in einem Hinterhalt der türkischen Armee am Berg Gabar ums Leben. Sein Kampf hat die Guerilla bis heute geprägt. Edip Dersim erklärt dazu: „Das kurdische Volk befand sich seit Jahrzehnten im Tiefschlaf. Die Kurden hatten etliche Male gegen das ihnen zugedachte Schicksal rebelliert, aber sie bildeten keine Einheit und ihre Aufstände wurden blutig niedergeschlagen. Erst als Rêber Apo [Abdullah Öcalan] und die PKK die Bühne der Geschichte betraten, hat sich das Schicksal gewendet und die Berechnungen des türkischen Staates wurden zunichte gemacht.“

HPG-Kommandant Edip Dersim

Edip Dersim bezeichnet den ersten Guerillaangriff unter dem Kommando von Mahsum Korkmaz als „Schuss gegen die Hoffnungslosigkeit“, die im kurdischen Volk herrschte: „Und dieser Guerillakrieg wurde von Heval Egîd angeführt. Trotz fehlender Möglichkeiten hat er mit großer Entschlossenheit, Mut und Überzeugung der Hilflosigkeit ein Ende bereitet und den Kurden den Weg zu einem freien Leben aufgezeigt. Mit dem Beginn des bewaffneten Kampfes ist eine unbesiegbare Guerilla erschaffen worden. Kommandant Egîd hat mit seinen Kampfmethoden auch den Maßstab für das genossenschaftliche Leben innerhalb der PKK gesetzt. Dieser Maßstab hat auch heute noch Gültigkeit bei der Guerilla.“

Auch bei der Neustrukturierung der HPG in den letzten Jahren war die Art und Weise von Mahsum Korkmaz maßgeblich, sagt Edip Dersim: „Heval Egîd hat Hilflosigkeit nicht akzeptiert, sondern auf Kreativität gesetzt. Daher ist die Guerilla heute stärker als jemals zuvor. Sie kämpft mit großer Überzeugung und hoher Performance gegen die Besatzer. Der Feind versucht die Guerilla durch den Einsatz von moderner Waffentechnologie und Spezialkriegsmethoden zu vernichten. Er brüstet sich ständig mit seiner Technik. Rêber Apo sagt jedoch: Die stärkste Technik ist der Mensch selbst. Das ist in unserem Kampf unzählige Male bewiesen worden. Die Guerilla lässt die Technologie mit einfallsreichen Methoden ins Leere laufen.“

Zuletzt habe sich das bei der türkischen Invasion im Februar in Gare gezeigt, erklärt der HPG-Kommandant: „Der Feind hat mit 41 Kampfbombern, Dutzenden Drohnen und Hubschraubern und Tausenden Sondereinsatzkräften angegriffen, aber er ist von einer einzigen Einheit, also von sechs Freunden, besiegt worden. Das zeigt, dass die Technik nicht über die Guerilla siegen kann, wenn die Kämpferinnen und Kämpfer gut organisiert sind und sich auf richtige Weise bewegen. Den Grundstein dafür hat der große Kommandant Egîd gelegt. Mit diesem Bewusstsein werden wir die Hoffnung des Feindes im Jahr 2021 zunichte machen. Die Guerilla kämpft in allen Teilen Kurdistans gegen die Besatzung.“

Um mit Abdullah Öcalan in einem freien Kurdistan leben zu können, müsse das kurdische Volk sich auf den von Mahsum Korkmaz geschaffenen Geist besinnen, fordert der HPG-Kommandant Edip Korkmaz: „Es ist die Zeit des revolutionären Volkskrieges. Junge Menschen und Frauen sollten sich der Guerilla anschließen. Unser Volk muss überall gegen die Besatzung kämpfen. Der Geist der PKK hat sich in der Bevölkerung verbreitet. Niemand akzeptiert mehr ein würdeloses Leben. Wenn wir in unserem eigenen Land frei leben wollen, müssen wir dementsprechend handeln. Als Befreiungsguerilla Kurdistans haben wir unser Wort gegeben, dass wir die Träume unserer Gefallenen verwirklichen werden. Wir sagen, dass wir Kurdistan zum Grab des Faschismus und der Besatzung machen. In diesem Sinne gedenken wir mit großem Respekt unserem gefallenen Kommandanten Egîd.“