Die türkische Armee hat am frühen Morgen eine Invasion in Gare gestartet. Der Nationalkongress Kurdistan (KNK) hat eine Erklärung zu den Hintergründen abgegeben und appelliert an internationale Institutionen und die Öffentlichkeit.
In der Erklärung heißt es:
„Heute Morgen, zwischen 3 und 6 Uhr Ortszeit, haben die türkischen Streitkräfte eine groß angelegte grenzüberschreitende Militäroffensive in der Region Gare in Südkurdistan (Nordirak) gestartet. Türkische Luftangriffe zielten auf die Dörfer Guzê, Meyrokê, Siyanê, Çemşerîtkê, Yekmalê und Kanîsarkê, außerdem wurden Soldaten mit Cobra- und Sikorsky-Hubschraubern in der Region abgesetzt. Kämpferinnen und Kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) kämpfen seit dem Morgengrauen, um die eindringenden Kräfte zurückzuschlagen, es kommt zu schweren Zusammenstößen.“
Militärische Aggression für die Besetzung Südkurdistans
„Das Regime des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat eindeutig die Absicht, die türkische militärische Besetzung Südkurdistans auszuweiten und hat sich nun dazu entschlossen, die türkische Militäraggression zu intensivieren, um Erdogans Griff nach der Macht als Reaktion auf die anhaltende Staatskrise der Türkei zu stärken. Der wachsende kurdische Widerstand bleibt das größte Hindernis für Erdogans neo-osmanischen Expansionismus und Besatzungsstrategie in Nord- und Ostsyrien und Südkurdistan. Erdogan versucht dringend, die Kurden zum Schweigen zu bringen, um die Existenz seines verfallenden, zunehmend isolierten, antidemokratischen Staates zu schützen.“
Leere Reformversprechen und Auslandsreisen
„Während Erdogan der EU und den USA leere Versprechungen bezüglich möglicher Reformen machte, reiste sein Verteidigungsminister Hulusi Akar ins Ausland, besuchte Bagdad und Hewlêr (Erbil) im Januar und Berlin Anfang dieses Monats, um Zustimmung und Unterstützung für eine neue Etappe im Krieg des türkischen Staates gegen das kurdische Volk und für die Ausweitung der türkischen Besatzung in der Region zu suchen. Um die Unterstützung des neuen US-Präsidenten Joe Biden zu gewinnen, bot Akar am 9. Februar an, über die Nutzung des russischen Luftabwehrsystems S-400 durch die Türkei zu verhandeln. Erdogan und Akar wissen, dass das türkische Militär nicht in der Lage sein wird, die Besetzung Südkurdistans auszuweiten, ohne auf kurdischen Widerstand zu stoßen.“
Inlandskrise soll durch Auslandsaggression überwunden werden
„Erdogan sieht in einer erweiterten Besetzung Südkurdistans einen Weg, seine Staatskrise zu überwinden. In den letzten Tagen haben nicht nur Kurden, sondern auch demokratische Kräfte in der ganzen Türkei gegen das diktatorische Regime Erdogans protestiert. Seit über einem Monat demonstrieren die Studierenden und Mitarbeiter der renommierten Bogazici-Universität in Istanbul gegen das Erdogan-Regime, und ihre Proteste finden landesweit Beachtung und Unterstützung. Anfang des Monats startete die Demokratische Volkspartei (HDP) ihre Kampagne ,Gerechtigkeit für alle', die von einer breiten Koalition von Oppositionsgruppen unterstützt wird. Gleichzeitig geht der Hungerstreik der kurdischen politischen Gefangenen zur Beendigung der Isolation des kurdischen Volksführers Abdullah Öcalan weiter und hat inzwischen den 76. Tag erreicht. Während sich der Jahrestag der Entführung Öcalans am 15. Februar 1999 nähert, üben die Forderungen der Hungerstreikenden und breitere Forderungen nach Öcalans Freiheit weiterhin Druck auf das Erdogan-Regime aus.“
Türkei braucht internationale Hilfe für Völkerrechtsbruch
„Anstatt auf die legitimen Forderungen nach Demokratisierung einzugehen, hat Erdogan seine Kriegserklärung gegen das kurdische Volk wiederholt. Der türkische Staat kann diesen Krieg nicht alleine führen und braucht internationale Hilfe von der EU, den USA und der NATO. Wenn der türkische Staat diese Hilfe erhält, hat Erdogan einen Freifahrtschein, mit militärischer Aggression, Besatzung und ethnischer Säuberung weiterhin gegen Menschenrechtskonventionen und internationales Recht zu verstoßen. Wir fordern die Vereinten Nationen, die EU, den Europarat, die USA und die NATO auf, den türkischen Staat zur Einhaltung des Völkerrechts zu zwingen. Für eine friedliche Lösung in der Türkei fordern wir außerdem die Regierungen und internationalen Institutionen auf, den türkischen Staat zu zwingen, die Empfehlungen des Europarats und des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) umzusetzen und die gegen Abdullah Öcalan verhängte Isolation aufzuheben, um die Möglichkeit für einen politischen Dialog zu schaffen, der darauf abzielt, Frieden in der Türkei und der gesamten Region zu erreichen. Schließlich rufen wir die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich uns anzuschließen und den bedingungslosen und sofortigen Rückzug aller türkischen Streitkräfte aus Südkurdistan und aus Nord- und Ostsyrien zu fordern.“