Karayılan: Das Völkermordkonzept hatte keinen Erfolg

Murat Karayılan, Mitglied des Exekutivrats der PKK erklärt, der türkische Staat ziele darauf ab, ganz Kurdistan erneut zu besetzen und die kurdische Freiheitsbewegung vollständig zu vernichten. Dies sei 2018 jedoch verhindert worden.

Man habe durch den Widerstand die eigenen Stellungen geschützt und die Grundlage für einen großen Aufbruch gelegt, sagte Karayılan: „Wir wollen die Lehren, die wir aus dem Jahr 2018 ziehen können, zu einem großen Erfolg im Jahr 2019 machen.“

Das Mitglied des Exekutivrats der PKK sprach in einer Sondersendung im Radio Dengê Welat mit Rosida Mêrdin. Karayılan begann mit den Worten: „Ich gratuliere dem Vorsitzenden Apo, unserem gesamten Volk und den Völkern der ganzen Welt zum neuen Jahr. Ich wünsche der christlichen Religionsgemeinschaft ‚Frohe Weihnachten‘.“ Karayılan verwies auf die Massaker, welche das kurdische Volk erleben musste hin und sagte: „Zu jeder Zeit in der dunklen Geschichte des Schicksals unseres Volkes gab es Massaker. So fand auch vor dem Neujahrsfest das Massaker von Roboskî statt. Heute vor sieben Jahren wurden 34 unserer Jugendlichen auf Befehl von Erdoğan vorsätzlich durch den türkischen Staat ermordet. Wir gedenken den Gefallenen von Roboskî und mit ihnen all unserer Gefallenen und wiederholen unser Versprechen. Ihr Tod wird nicht ungesühnt bleiben.“

Das Konzept eines völkermörderischen Regimes

Karayılan betonte, das Jahr 2018 sei als ein wichtiges Jahr in die Geschichte des kurdischen Freiheitskampfes eingegangen. Er erinnerte daran, dass das Regime in Ankara ein neues Vernichtungskonzept im Jahr 2018 ins Werk gesetzt hat, bei dem es darum geht, die Errungenschaften der Freiheitsbewegung und der Bevölkerung Kurdistans zu vernichten. Man habe beabsichtigt, auch die Hand auf Ostkurdistan zu legen. Karayılan fast das Konzept folgendermaßen zusammen:

Die Phasen des Konzepts für 2018:

* Das Jahr begann mit der Besetzung Efrîns, aber es ging nicht allein um Efrîn, es ging darum, die gesamte Revolution von Rojava zu ersticken.

* Mit der Besetzung von Südkurdistan und aller Stellungen des kurdischen Freiheitskampfes dort, sollte die politische und militärische Kontrolle über die Region hergestellt werden.

* Das Guerillasystem in allen Provinzen Nordkurdistans zu vernichten. Die Guerilla hart zu treffen, zu schwächen und zu zerstreuen.

* Massiven Druck auf das kurdische Volk und die revolutionär-demokratischen, linken und sozialistischen Kräfte in der Türkei auszuüben, um die Demokratische Partei der Völker (HDP) unter die zehn Prozent Wahlhürde zu drücken.

* Anschließend den Vorsitzenden Apo in Imrali dazu zu zwingen aufzugeben.

Wenn der türkische Staat all diese seine Ziele hätte erreichen können, dann wäre er auf Imrali zur Führung gegangen und hätte gesagt: „Wir haben deine ganze Kraft vernichtet, der einzige Weg, der dir bleibt, ist dich zu ergeben.“

Der Preis war hoch, aber sie hatten keinem Erfolg

Dem türkischen Staat sei trotz des Einsatzes seiner gesamten Kraft davon allein die Besetzung von Efrîn gelungen, erläuterte Karayılan:

* Vielleicht ist Efrîn besetzt worden, aber Krieg und Widerstand gehen weiter, der Ausgang ist noch immer nicht entschieden.

* Dieses Jahr fanden die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 24. Juni statt und die Ergebnisse zeigen klar, das kurdische Volk und die demokratische Linke sind fest in ihrer Haltung. Die HDP hat mehr als elf Prozent der Stimmen erhalten. Es kann also nicht die Rede von einem Rückzug oder einer Demoralisierung der Bevölkerung sein.

* Wir haben manche Schläge einstecken müssen, es gab Lücken, aber das Guerillasystem steht in allen Provinzen. Der Feind konnte unser Guerillasystem nicht zerschlagen.

* Sie konnten die Revolution von Rojava nicht ersticken.

* In Südkurdistan kamen sie bis Lêlîkan, aber aufgrund des großen Widerstands in Lêlîkan, Govendê, den Xwedê-, Xeregol- und Koordine-Gipfeln konnten sie nicht weiter vorrücken.

* Sie konnten den Vorsitzenden auf Imrali nicht zur Aufgabe zwingen.

500 Gefallene in Nord- und Südkurdistan

Man habe dafür aber auch einen Preis gezahlt, betonte Murat Karayılan. Die letzten Tage eingeschlossen sind in diesem Jahr 500 Kämpfer*innen inklusive einiger Kommandant*innen gefallen: „Viele wertvolle Kommandant*innen, die in unsere Revolution große Mühen gesteckt haben, sind dieses Jahr gefallen: Die Genossinnen und Genossen Zeki Şengali, Atakan Mahir, Roni, Kemal Garzan, Welat Gever, Rızgar Gever, Çetin, Cuma Mardin, Medya Mawa. An der Front in der Türkei sind Vedat Amed im Amanos und am Schwarzen Meer Tarık Artvin und Cûdî Zaza im mutigen Widerstand gefallen. Vielleicht konnten wir hier nicht die Namen aller Freundinnen und Freunde auflisten, aber wenn wir uns die Zahl der Gefallenen ansehen, dann wiegt die Bilanz dieses Jahr schwer für uns. Vielleicht ist die Zahl der Gefallenen auch geringer, aber unsere Sehnsucht nach ihnen ist groß.“ Im Widerstand von Efrîn seien fast Tausend Kämpfer*innen gefallen, erklärte Karayılan.

Die Chance auf einen neuen großen Aufbruch

Generell sei der türkische Staat 2018 aber nicht erfolgreich gewesen. Man habe durch den Widerstand die eigenen Stellungen geschützt und die Grundlage für einen großen Aufbruch gelegt. Insbesondere die Lehren aus der Praxis dieses Jahres und das Restrukturierungsprojekt der Guerilla haben mit ihren Neuerungen in Technik und Taktik die Möglichkeit großer Offensiven geöffnet, sagte Karayılan „Wir wollen die Lehren, die wir aus dem Jahr 2018 ziehen, zu einem großen Erfolg im Jahr 2019 machen.“