Kakai in Kerkûk von Zwangsvertreibung bedroht

Die Kakai-Bevölkerung in der umstrittenen ölreichen Provinz Kerkûk leidet nicht nur unter den ständig zunehmenden IS-Angriffen, sondern auch unter der irakischen Siedlungspolitik in der Region.

Nach dem sogenannten Unabhängigkeitsreferendum im September vergangenen Jahres und der darauffolgenden Besetzung von Kerkûk (Kirkuk) durch irakische Kräfte startete die Zentralregierung in Bagdad eine arabisierende Siedlungspolitik in der Region.

Die Kakai-Kurden, Teil der als Ahl-e Haqq oder Yarsan bezeichneten Weltanschauung, gehören einer heterodoxen Gruppierung an, die vor dem Referendum in etwa 40 Dörfern um die Städte Kerkûk und Xaneqîn (Chanaqin) beheimatet waren. Auch in der Nähe von Mosul und Tal Afar leben Angehörige dieser Religionsgemeinschaft. Ihnen ergeht es wie den kurdischen Shabak, den Faili-Kurden oder der ezidischen Bevölkerung. Als nicht-islamische und nicht-abrahamitische Minderheit unterliegen sie besonderer Verfolgung, und das nicht nur durch den IS. Seit der Einnahme von Kerkûk am 16. Oktober 2017 setzt die irakische Regierung alles daran, die umstrittenen Gebiete unter ihrer Kontrolle zu halten und bedroht nun ebenfalls die Kakai mit einer gezielten Siedlungspolitik.

Vertreibung durch arabische Siedler

Die neue Repression gegen die Kakai-Kurden begann bereits im Oktober 2017 mit der Ernennung von Rakan Said Cubir zum Gouverneur von Kerkûk. Vor zwei Tagen griffen arabische Siedler das Dorf Ferik an und forderten die Kakai auf, ihre Häuser innerhalb von vier Tagen zu verlassen. Ein Bauer aus Ferik berichtet gegenüber ANF: „Wir haben die irakischen Sicherheitskräfte aufgesucht und erklärt, dass wir mit Waffen bedroht worden sind. Die Sicherheitskräfte taten aber überhaupt nichts. Sie sagten, sie würden sich in ‚solche Angelegenheiten‘ nicht einmischen und erklärten den Bauern: ‚Löst das Problem unter Euch‘.“

Aufgrund der Drohungen haben allein in den letzten zwei Monaten dreißig Kakai-Familien ihre Dörfer verlassen. Mela Hasan Germiyani ist Mitglied des Rats des an Kerkûk angrenzenden Gouvernements Selahadîn (Salahaddin). Er bestätigt ebenfalls, dass „Araber von auswärts das Dorf angegriffen haben“ und erklärt: „Die vorher von außerhalb hierhergebrachten Araber bewegen sich mit Unterstützung der irakischen Sicherheitskräfte.“  Er kann allerdings auch keine Lösungsperspektiven für das Problem benennen.

PDK boykottiert Provinzrat

Auch in anderen Gebieten im Distrikt Daquq gab es ähnliche Ereignisse. So wurden die Dörfer Avayê Dara und Ali Mansur im Gebiet Heftexar und die Dörfer Abdulaxanim, Kobanî und Ebunecîm im Talabanî-Gebiet gestürmt und die Bewohner*innen aufgefordert, ihre Heimat zu verlassen.

Die Repression gegen die Kurd*innen in der Region wird auch darauf zurückgeführt, dass der Gouverneur bisher nicht gewählt, sondern lediglich eingesetzt worden ist. Anlass für die Einsetzung des Gouverneurs ist, dass die Mitglieder des Rats bisher keine vollständige Versammlung abhalten konnten.

Seit Oktober 2017 wird der Rat von der PDK boykottiert und somit auch die Wahl eines Gouverneurs verhindert. Die PDK wollte selbst den Gouverneur stellen und auch die YNK beansprucht den Sitz des Gouverneurs auf der Basis eines Abkommens mit der PDK. Als Grund für die Bedrohung gegenüber den Kurden, insbesondere den Kakai und die damit einhergehende Siedlungspolitik in der Region wird daher hauptsächlich der Konflikt zwischen den rivalisierenden PDK und YNK angesehen.