Verbot für „Wahrung des gesellschaftlichen Friedens“
Am Internationalen Frauentag am 8. März gehen auf der ganzen Welt Frauen für ihre Rechte auf die Straße. In der Türkei sind die Frauenbewegungen eine tragende Kraft für den gesellschaftlichen Wandel, ein Höhepunkt ihrer Aktivitäten ist der „Feministische Nachtmarsch“ in Istanbul. Seit 2003 veranstaltet das Feministische Kollektiv bereits die abendliche Demonstration, die traditionell im zentralen Stadtteil Beyoğlu rund um den Taksim-Platz stattfindet, zum Ausklang des wichtigen Tages,. Doch die türkischen Behörden haben den diesjährigen Nachtmarsch verboten – und auch alle anderen rund um den Taksim geplanten Aktionen.
Verbot zur „Wahrung des gesellschaftlichen Friedens“?
Zur Begründung des Verbots führte die örtliche Bezirksverwaltung am Freitag den Schutz der „öffentlichen Ordnung“ und die „Wahrung des gesellschaftlichen Friedens“ an. Laut Mitteilung sollen der Taksim-Platz, der Gezi-Park, die Einkaufsmeile Istiklal und umliegende Viertel für den Fußgänger- und Fahrzeugverkehr gesperrt werden. Nur in Ausnahmefällen seien „kontrollierte Zugänge“ möglich, jedoch würden zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um mögliche „gesellschaftliche Vorfälle“ zu verhindern. Das Verbot soll für eine Dauer von 24 Stunden in Kraft bleiben.
Verbote auch in vergangenen Jahren
Das Verbot stößt auf scharfe Kritik von Frauenrechtsgruppen und Aktivist:innen. Der Feministische Nachtmarsch gilt als zentrale Demonstration für die Rechte von Frauen und LGBTQ*-Menschen und zieht jedes Jahr Tausende Teilnehmer:innen an, die kurdische Frauenbewegung beteiligt sich an der Veranstaltung. Frauenrechtsorganisationen sehen das Verbot als einen weiteren Versuch der Regierung, feministische und oppositionelle Bewegungen einzuschränken und Proteste zu unterdrücken. Bereits in den vergangenen Jahren hatten die Behörden versucht, die Demonstration zu verhindern, doch viele Frauen versammelten sich dennoch und setzten ein starkes Zeichen für Gleichberechtigung und gegen patriarchale Strukturen.
„Unser feministischer Kampf verändert unser Leben, verändert die Welt!“
Die Organisator:innen des Feministischen Nachtmarsches fordern unter anderem mehr Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt, rechtliche Gleichstellung und die Wahrung und Einhaltung der Frauenrechte. Sie kritisieren den Rückzug der Türkei aus der Istanbul-Konvention, einem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, und setzen sich für einen Wiedereintritt des Landes in den völkerrechtlichen Vertrag ein. Das Feministische Kollektiv kündigte daher an, den Marsch trotz der Verbotsverfügung durchführen zu wollen. Man werde sich nicht einschüchtern lassen und den Kampf für Frauenrechte in gewohnt rebellischer Manier auf die Straßen tragen. In diesem Jahr lautet das Motto des Nachtmarschs: „Unser feministischer Kampf verändert unser Leben, verändert die Welt!“