„Internationale Einigung zur Besatzung Südkurdistans“

„Die internationalen und regionalen Kräfte haben sich auf eine Besatzung der Region geeinigt“, sagt Dr. Rêbiwar Kerîm, Sprecher der „Demokratie und Gerechtigkeit“-Koalition in Südkurdistan.

Dr. Rêbiwar Kerîm hat sich im Interview als Sprecher der Koalition „Demokratie und Gerechtigkeit“ zu der Neuauszählung der bei den irakischen Parlamentswahlen abgegebenen Stimmen, der momentanen Einflusslosigkeit des Parlaments angesichts der Entwicklungen in der Region, den auf eine Besatzung abzielenden Angriffen des türkischen Staates auf Südkurdistan und den bevorstehenden südkurdischen Regionalwahlen geäußert.

Was für eine Stimmung entsteht durch die Wiederholung der Stimmauszählung der irakischen Parlamentswahlen in der Bevölkerung? Sind damit Erwartungen oder Hoffnungen in der Gesellschaft ausgelöst worden?

Wir trauen den Ergebnissen dieser Wahlen nicht mehr und haben daher vorgeschlagen, die Wahlen gänzlich zu annullieren. Bei der Neuauszählung in Kerkûk waren nicht alle Mitglieder der festgelegten Kommission dabei. Für Silêmanî haben wir uns jedoch gut vorbereitet. Wir haben in fast ganz Kurdistan Widerspruch gegen die Wahlergebnisse eingelegt, in Silêmanî betraf das sogar alle Wahlurnen.

Glauben Sie, dass sich die Ergebnisse ändern werden?

Sollten sie sich nicht ändern, verlieren wir jeglichen Glauben an Wahlen.

Wie werden Sie sich verhalten, wenn sich nichts ändert?

Im Moment warten wir auf die Ergebnisse. Wir werden etwas dazu sagen, wenn sie veröffentlicht werden. Wir wissen, dass die Urnen nicht in sicheren Händen sind. Mit dieser Meinung sind wir allerdings nicht allein, auch andere Kräfte stimmen mit uns überein. Daher werden wir eine gemeinsame Haltung entwickeln.

Ein weiteres Problem im Irak ist der Ablauf der dritten Legislaturperiode des Parlaments. Es entsteht eine legislative Lücke. Welche Probleme können sich daraus für den Irak ergeben?

Diese Lücke ist natürlich sehr schlecht. Die Verantwortung dafür müssen die herrschenden Kräfte übernehmen, die bei den Wahlen betrogen haben.

Als das irakische Parlament noch regulär arbeitete, hieß es, dass sich die Nachbarländer in die inneren Angelegenheiten des Irak eingemischt hätten. Kommt es durch das momentane Fehlen der Legislative zu Interventionen von außen?

Im Irak ist immer von außen interveniert worden. Die aktuelle Funktionslosigkeit des Parlaments trägt zu einer Verstärkung der Einmischung ausländischer Kräfte in der Region bei. Außerdem haben sich die regionalen Kräfte auf eine Intervention geeinigt. Der Irak kann dagegen nur seine eigenen Entscheidungen setzen.

Was ist Ihrer Meinung nach der Zweck der Besatzung südkurdischen Territoriums durch das türkische Militär?

Die internationalen und regionalen Kräfte haben sich auf eine Besatzung der Region geeinigt. Diese Besatzung muss aus einer weiten Perspektive betrachtet werden. Die Staaten der Region müssen internationales Recht befolgen und die territoriale Souveränität des Iraks respektieren. Die kurdische Regionalregierung muss entsprechend ihrer Verantwortung vorgehen. Die territoriale Unversehrtheit des Irak und Südkurdistans dürfen unter keinen Umständen verletzt und das Leben der Zivilbevölkerung nicht gefährdet werden. Menschenleben sind für uns die rote Linie.

Es heißt, dass die Parlamentswahlen in Kurdistan auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Was sagen Sie zu dieser Debatte?

Wir sind gegen eine Verschiebung.

Sind Sie für ein Präsidialsystem in der Autonomieregion Kurdistan?

Das System eines Landes wird im gesetzlichen Rahmen festgelegt. Das Problem der Region Kurdistan ist jedoch das Fehlen von Gesetzen. Diesbezügliche Aufbauversuche sind in der Vergangenheit von der bestehenden Regierung abgewehrt worden.

Was werden Sie unternehmen, um die Urnen bei den kurdischen Regionalwahlen zu schützen?

Der Wahlbetrug ist vorprogrammiert. Ihn zu verhindern, liegt nicht in unserer Hand. Die Regierung und die Wahlkommissionen müssen ihn verhindern. Beispielsweise werden Kurden aus anderen Teilen Kurdistans für die Wahlen Ausweise ausgestellt. In den Wahllisten sind ungefähr eine halbe Million Menschen, die mit falschen Ausweisen wählen gehen. Das Wahlregister muss von der zuständigen Kommission neu erstellt werden.

RojNews