HPG gedenken Guerillakämpfer Azad Serdem

Der Guerillakämpfer Azad Serdem ist 2016 im Widerstand um demokratische Autonomie in Nisêbîn gefallen. Die HPG haben seine Identität bekannt gegeben und würdigen seinen Kampf.

Der Guerillakämpfer Azad Serdem ist 2016 im Widerstand um demokratische Autonomie in Nisêbîn (tr. Nusaybin) gefallen. Das gaben die Volksverteidigungskräfte (HPG) am Freitag in Behdînan bekannt. Die späte Bekanntmachung sei darauf zurückzuführen, dass der Tod Azad Serdems bis zuletzt nicht sicher festgestanden habe, teilte die Organisation über ihr Pressezentrum mit. „Wir sprechen der Familie unseres Weggefährten und der patriotischen Öffentlichkeit Kurdistans unser Mitgefühl aus“, so die HPG.

                             

Codename: Azad Serdem

Vor- und Nachname: Hacı Oran

Geburtsort: Mêrdîn

Name von Mutter und Vater: Fatma – Beşir

Todeszeitpunkt und -ort: 2016 / Nisêbîn

 

Über Azad Serdem

Azad Serdem wurde in Midyad, einem Landkreis der Provinz Mêrdîn, in eine dem Befreiungskampf in Kurdistan verbundene Familie geboren. Eine Weile nach der Gründung der PKK im Jahr 1978 wurde sein Vater verhaftet und verschwand einige Jahre in den Folterkerkern des türkischen Putschregimes. Nach dem Militärputsch vom 12. September 1980 wehte ein Sturm der Unterdrückung und Verfolgung in der Türkei. Das gesamte Land wurde in eine einzige Folterkammer verwandelt – tausende kurdische und türkische Revolutionäre und Werktätige wurden unter dem Vorwand, „das Wohl und die Unteilbarkeit des Landes wiederherzustellen“ verhaftet. Beşir Oran war einer von ihnen. Er wurde Opfer von Folter, Misshandlungen und anderen Menschenrechtsverletzungen und beteiligte sich an den Gefängniswiderständen, die von den Kadern verschiedener Gruppen initiiert wurden. Nach seiner Entlassung verließ die Familie Mêrdîn und ließ sich in Êlih (Batman) nieder. Diese Erfahrungen und die fortgesetzte Unterdrückung prägten Azad Serdem. 2003 schloss er sich der Guerilla an.


Die erste Zeit in den Bergen verbrachte Azad Serdem in der Qendîl-Region in Südkurdistan. Hier hatte er die Gelegenheit, taktisch-militärische Kampferfahrungen zu sammeln und seine ideologischen Prioritäten zu verfolgen. In Heftanîn vertiefte er sein Wissen und wirkte am Ausbau der militärischen Planungs- und Verhaltensfähigkeit der Guerilla mit. „Bei diesen Aufgaben zeichnete Hevalê Azad sich besonders durch ein hohes Maß an Selbstlosigkeit aus”, schreiben die HPG über den Kämpfer. In der Folge ging Azad Serdem nach Botan in Nordkurdistan. Er beteiligte er sich in Gabar, Mawa, Kerboran (Dargeçit) und weiteren Gebieten in der Botan-Region am Widerstand gegen die türkische Armee, bevor er nach Nisêbîn ging.

Nachdem die Demokratische Partei der Völker (HDP) bei den Parlamentswahlen im Juni 2015 mehr als 13 Prozent der Stimmen bekam und damit das Streben Erdoğans nach einem Präsidialsystem abbremste, verkündete der türkische Staatspräsident das Ende des Friedensprozesses mit der PKK. Dies hatte zur Folge, dass der schmutzige Krieg gegen die kurdische Zivilbevölkerung wieder ausgeweitet wurde. Den Auftakt gab ein Überfall türkischer Militärs in Silopiya am 7. August 2015.  Unter dem Deckmantel „Operation“ wurden drei Menschen von Scharfschützen erschossen, 15 weitere überlebten.

Als Reaktion auf die wieder aufgeflammte Politik des Krieges und der Vernichtung wurde wenige Tage nach dem Angriff in Silopiya in einer Reihe kurdischer Städte und Gemeinden die Selbstverwaltung proklamiert, die den demokratischen Gegenentwurf zu dem von der AKP vorgeschlagenen totalitären „Präsidialsystem“ darstellte. Nordkurdistan diskutierte damals schon länger die autonome Organisation im Stil von Kantonen, deren Verständnis die Antithese zur offiziellen Ideologie des türkischen Staates und seinem strikt zentralistischen und bürokratischen Verständnis bildet. Ankara reagierte mit voller Härte gegen die selbstverwalteten Orte. Einer über mehrere Monate andauernden Militärbelagerung in Orten wie Sûr, Şirnex, Cizîr und Nisêbîn, die mit Ausgangssperren begonnen hatte, fielen Hunderte Menschen zum Opfer. Obwohl mehr als sieben Jahre seitdem vergangen sind, ist die genaue Zahl der Toten dieses Widerstands noch immer nicht bekannt.

HPG: Wendepunkt im Kampf des kurdischen Volkes

„Der Widerstand um demokratische Autonomie stellt einen wichtigen Wendepunkt im Kampf des kurdischen Volkes um Freiheit und Selbstbestimmung dar. Unser Freund Azad Serdem war einer von Unzähligen, die diese historische Rebellion miterlebt haben“, betonen die HPG und würdigen ihren Kämpfer. „Er wirkte in Nisêbîn an diesem Widerstand, der zu einem Syndrom beim Feind geführt hat, mit. Er war Zeuge dessen, dass die Besatzer ihren Krieg immer wieder neu ausrichten mussten, um dem Widerstand standzuhalten. An einem nicht bekannten Tag im Jahr 2016 ließ Azad Serdem in Nisêbîn sein Leben und schloss sich der Karawane der Gefallenen an.“