HPG geben Namen von Gefallenen bekannt

Özgür Ronî, Armanc Cemre, Avesta Sîpan und Engin Tolhildan sind vor einem Jahr bei einem Angriff der türkischen Armee in Südkurdistan ums Leben gekommen. Die HPG gedenken der Gefallenen und würdigen ihren entschlossenen Freiheitskampf.

Die Guerillakämpfer:innen Özgür Ronî, Armanc Cemre, Avesta Sîpan und Engin Tolhildan sind vor einem Jahr bei einem Angriff der türkischen Armee in Südkurdistan gefallen. Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat Angaben zu den Gefallenen veröffentlicht und erklärt:

„Die Freiheitsguerilla Kurdistans kämpft mit einer in der Geschichte kaum anzutreffenden Willensstärke gegen die Angriffe, die der türkische Besatzerstaat zur Besatzung der Medya-Verteidigungsgebiete und zur Vervollständigung des Genozids an unserem Volk durchführt. Angesichts des Einsatzes von verbotenen Bomben und jeder Art der Kriegstechnik durch die Besatzer leistet die Guerilla mit opferbereitem apoistischem Geist, unerschütterlichem Willen und großem Mut Widerstand und ist für die Freiheit unseres Volkes zu jedem Tribut bereit. Özgür Ronî, Armanc Cemre, Avesta Sîpan und Engin Tolhildan haben mit diesem Bewusstsein und Gefühl und in der festen Überzeugung vom Sieg gekämpft und sind am 17. Juli 2022 bei einem feindlichen Angriff in den Medya-Verteidigungsgebieten gefallen.“

Die HPG würdigen die Gefallenen als wertvolle Kinder des kurdischen Volkes, die ihre historische Verantwortung erfüllt haben, und sprechen ihren Familien und der Bevölkerung Kurdistans ihr Mitgefühl aus.

                                    

Codename: Özgür Ronî
Vor- und Nachname: Özgür Alparslan
Geburtstag: Wan
Namen von Mutter und Vater: Kudret – Muzaffer
Todestag und -ort: 17. Juli 2022 / Medya-Verteidigungsgebiete

 

Codename: Armanc Cemre
Vor- und Nachname: Fatoş Zuğurli
Geburtstag: Düzce
Namen von Mutter und Vater: Netice – Mehmet
Todestag und -ort: 17. Juli 2022 / Medya-Verteidigungsgebiete

 

Codename: Avesta Sîpan
Vor- und Nachname: Derya Altıntaş
Geburtstag: Wan
Namen von Mutter und Vater: Perihan – Cevdet
Todestag und -ort: 17. Juli 2022 / Medya-Verteidigungsgebiete

 

Codename: Engin Tolhildan
Vor- und Nachname: Hüseyin Bağcı
Geburtstag: Êlih
Namen von Mutter und Vater: Fatma – Şehmus
Todestag und -ort: 17. Juli 2022 / Medya-Verteidigungsgebiete

 

Özgür Ronî


Özgür Ronî ist in Wan-Qelqelî geboren und gehörte zum Stamm der Milan. Er wuchs in einer der gesellschaftlichen Ethik verbundenen Familie mit dem Widerstand und den Legenden der Stammestradition auf. Nach dem Gymnasium musste er aufgrund der staatlichen Assimilierungs- und Verarmungspolitik in Kurdistan zum Arbeiten nach Istanbul gehen. In der westtürkischen Metropole wurde ihm schnell deutlich, dass seine Arbeitskraft ausgebeutet wird. Er bekam Kontakt zur kurdischen Jugendbewegung und wurde politisch aktiv. 2009 schloss er sich der Guerilla an und kam in die Medya-Verteidigungsgebiete. Nach seiner Grundausbildung kämpfte er lange Zeit im Zagros-Gebirge. Özgür Ronî war einer der Überlebenden des türkischen Chemiewaffenangriffs im Gebiet Geliyê Tiyarê im Jahr 2011, bei dem 36 Guerillakämpfer:innen ums Leben kamen. Danach konzentrierte er sich vollständig darauf, seine gefallenen Weggefährt:innen zu rächen. Bei einem weiteren Angriff wurde er schwer verwundet. Nach seiner Genesung setzte er seinen Kampf in den Regionen Zap, Avaşîn und Xakurke entschlossen fort. Seine körperliche Beeinträchtigung aufgrund der erlittenen Verletzungen überwand er mit Willensstärke. Nach vierjähriger erfolgreicher Praxis kam er für eine ideologische Weiterbildung an die nach Sakine Cansız benannte Parteischule und bereitete sich auf seine weiteren Aufgaben vor. Zuletzt kämpfte er im Widerstand gegen die türkische Invasion in den Medya-Verteidigungsgebieten.

Armanc Cemre


Armanc Cemre ist in Düzce in der Westtürkei geboren. Ihre Familie stammt aus dem Dorf Fis in Amed, in dem 1978 die PKK gegründet wurde. Die Zuğurlis stehen der kurdischen Befreiungsbewegung seit einem halben Jahrhundert nahe und haben einen hohen Preis gezahlt. Viele nahe Verwandte von Armanc sind gefallen und ihre Eltern mussten die Heimat aufgrund der staatlichen Repression verlassen. Armanc wuchs mit einem entsprechenden Bewusstsein auf und stellte sich schon früh auf die Seite der Unterdrückten, Armen und Ausgebeuteten. Als sich Menschen aus ihrem nahen Umfeld der PKK anschlossen, beschäftigte sie sich eingehend mit der Befreiungsbewegung. Ab 2015 beteiligte sie sich aktiv an der Arbeit der Komalên Ciwan und nahm am Widerstand für Selbstbestimmung in Nisêbîn teil. Beim Rückzug aus der Stadt geriet sie in Gefangenschaft und war anderthalb Jahre im Gefängnis. Nach ihrer Entlassung ging sie in die Berge, durchlief mehrere Ausbildungen und wurde schließlich Teil der Hêzên Taybet. Sie kämpfte bis zuletzt mit großer Überzeugung und Opferbereitschaft in den Medya-Verteidigungsgebieten.

Avesta Sîpan


Avesta Sîpan ist in Wan geboren und in Istanbul aufgewachsen. Sie ging nicht lange zur Schule und begann früh, in der Textilproduktion zu arbeiten. Wie viele junge Kurdinnen hinterfragte sie das staatliche und gesellschaftliche System, in dem ihre Identität nicht anerkannt und ihr als Frau eine untergeordnete Rolle beigemessen wurde. Sie sympathisierte mit der kurdischen Freiheitsbewegung, vor allem die von Frauen angeführte Revolution von Rojava übte einen starken Einfluss auf sie aus. Dass Frauen entschlossen und erfolgreich gegen den IS kämpften, dem sich selbst Staaten und reguläre Armeen nicht entgegenstellten, gab ihr Selbstbewusstsein. 2014 ging sie in die Berge und wurde Guerillakämpferin. Mit jugendlicher Energie und ihrer dynamischen Persönlichkeit widmete sie sich ihrer Ausbildung und setzte sich mit der von Abdullah Öcalan vorgelegten Frauenbefreiungsideologie auseinander. Im Zagros-Gebirge reifte sie zu einer versierten Militanten der YJA Star heran und kämpfte bis zuletzt in dem Bewusstsein der Stärke von Frauen.

Engin Tolhildan


Engin Tolhildan ist in einem Dorf in Êlih-Kercos geboren. Seine Familie stand der kurdischen Befreiungsbewegung nahe und einer seiner Brüder betätigte sich als Milizionär und kam 1993 bei einem Angriff ums Leben. Ein anderer Bruder wurde aufgrund seiner Aktivitäten für die Bewegung verhaftet. Engin war der jüngste der Geschwister und empfand bereits als Kind Sympathie für die Guerilla. Aufgrund der staatlichen Repression wurde er von seiner Familie zum Arbeiten in eine türkische Metropole geschickt. Dort nahm er Kontakt zur kurdischen Jugendbewegung auf und beteiligte sich an politischen Aktivitäten. Dieses Engagement empfand er selbst immer als unzureichend. Als der türkische Staat 2018 Efrîn besetzte, schloss Engin sich der Guerilla an. In seiner Ausbildung setzte er sich intensiv mit der PKK-Ideologie und seiner eigenen Persönlichkeit auseinander. Dabei spielte insbesondere die Freiheit von Frauen eine große Rolle und er kämpfte gegen klassische patriarchale Denkweisen. Er nahm an der Arbeit der YPS für die Entwicklung des revolutionären Volkskrieges teil und kämpfte bis zuletzt als entschlossener Militanter in den Medya-Verteidigungsgebieten.