HPG geben Identitäten gefallener Kommandant:innen bekannt

Die Guerillakommandant:innen Amed Avesta, Binevş Vejîn und Baran Çirav sind am 26. November bei einer revolutionären Vergeltungsoperation in Metîna gefallen. Die HPG haben nun ihre vollständigen Identitäten veröffentlicht und würdigen ihren Kampf.

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat die Namen von drei Guerillakommandant:innen veröffentlicht, die im Zuge einer „revolutionären Vergeltungsoperation“ gegen die türkische Armee in Südkurdistan ums Leben gekommen sind. Es handelt sich um Amed Avesta, Binevş Vejîn und Baran Çirav.

Zum Jahrestag der Gründung der PKK hatte die Guerilla in der Metîna-Region Stellungen der Besatzungstruppen überrannt und für dutzende Verluste in den Reihen der Militärs gesorgt. Die Aktion fand am Girê Hekarî statt, ein strategischer Gipfel, der nun wieder von der Guerilla kontrolliert wird. „Unsere Freund:innen Amed, Binevş und Baran nahmen an dieser revolutionären Operation aufopferungsvoll teil, überrannten die feindlichen Stellungen und kämpften bis zu ihrem letzten Atemzug. Trotz schwerer Verletzungen setzten sie die Operation fort, bis alle Stellungen eingenommen waren“, erklären die HPG. 

Die Identitäten der Gefallenen lauten:

Codename: Amed Avesta
Vor- und Nachname: Diyar Solmaz
Geburtsort: Amed
Namen von Mutter und Vater: Menice – Yılmaz
Todestag und -ort: 26. November 2022 / Metîna
Codename: Binevş Vejîn
Vor- und Nachname: Yonca Gökalp
Geburtsort: Wan
Namen von Mutter und Vater: Nuran – Şefik
Todestag und -ort: 26. November 2022 / Metîna
Codename: Baran Çirav
Vor- und Nachname: Çekdar Oğuz
Geburtsort: Sêrt
Namen von Mutter und Vater: Xatûn – Mehmet Ali
Todestag und -ort: 26. November 2022 / Metîna


Amed Avesta


Amed Avestas Familie stammte aus dem Dorf Fîs in der Widerstandhochburg Licê in der nordkurdischen Provinz Amed (tr. Diyarbakır). In Fîs wurde 1978 die PKK gegründet - Licê war stets eines der Zentren des Widerstands, aber auch des Staatsterrors. Unzählige Dörfer und auch die Kreisstadt Licê wurden vom türkischen Staat in den 1990er Jahren zerstört. Die Menschen aus Licê haben sich jedoch nie gebeugt, tausende kämpften in der Guerilla. Aufgrund der Vertreibungspolitik des türkischen Staates musste die Familie von Amed Avesta jedoch nach Amed migrieren. Er hegte jedoch großes Interesse und große Sehnsucht nach der Ursprungsregion seiner Familie und empfand größte Wut angesichts der Zerstörungen, die der türkische Staat dort angerichtet hatte. Amed Avesta wurde Zeuge der Angriffe des türkischen Staates auf den Widerstand für Selbstverwaltung im Jahr 2015 in Nordkurdistan und der Vernichtung des Altstadtbezirks Sûr in Amed. Der mutige Widerstand und die Brutalität der Angreifer führten dazu, dass er im Jahr 2015 in Amed der Guerilla beitrat.

Amed Avesta integrierte sich schnell in das Leben der Guerilla und übernahm sofort Verantwortung in den verschiedenen Lebensbereichen. Als Guerillakämpfer ging er nach Rojava, um die Region gegen den IS zu verteidigen. Mit großem Mut kämpfte er gegen den IS und wurde mehrmals verletzt. Dennoch kurierte er sich schnell und ging sofort wieder zu seinen Genoss:innen an die Front. Nach der Befreiung der Region vom IS kehrte er in die kurdischen Berge zurück. Er hatte von Anfang an verstanden, dass ein professioneller Guerillakämpfer nicht nur militärisch stark sein muss, sondern vor allem auch ideologisch gebildet. Zur Bewertung und Diskussion seiner Praxis und zur ideologischen Weiterbildung erhielt er eine Ausbildung an einer Akademie der Guerilla und ging damit den ersten Schritt, zu einem führenden Kommandanten zu werden. Nach seiner erfolgreichen ideologischen Weiterbildung beschäftigte er sich tiefgreifend mit den neuen Guerillataktiken und wurde zu einem professionellen Kommandanten.

In Metîna war Amed Avesta einer derjenigen, die sich vom ersten Tag an vorderster Front gegen die türkische Invasion stellten. Er beschäftigte sich immer damit, wie die Invasionstruppen noch effektiver getroffen werden können, und setzte seine Erkenntnisse in die Praxis um. Gleichzeitig gab er seine militärische und ideologische Erfahrung an seine Mitkämpfer:innen weiter.

Bei der revolutionären Operation am Girê Hekarî kämpfte er als Kommandant einer Kolonne. Die HPG berichten: „Unser Genosse Amed, der während der revolutionären Operation verwundet wurde, gab trotz seiner Verletzungen nicht auf, rückte für den Erfolg der revolutionären Operation weiter vor und kämpfte mutig bis zu seinem letzten Atemzug. Wir versprechen, dass wir dem Vermächtnis des Widerstands, das uns unser Weggefährte Amed, einer der führenden Kommandant:innen der revolutionären Offensive Cenga Xabûrê Şehîd Savaş Maraş, der sein ganzes revolutionäres Leben lang opferbereit gelebt und gekämpft hat, hinterlassen hat, gerecht werden. Wir werden das Andenken an alle unsere Gefallenen in unserem Kampf lebendig halten und es mit dem Sieg krönen.“

Binevş Vejîn


Binevş Vejîn stammte aus der Keisstadt Şax (Çatak) in der nordkurdischen Provinz Wan. Ihre Familie gehört dem Stamm der Êzdînan an. Binevş Vejîn wuchs von klein auf mit den Erzählungen über den Guerillawiderstand auf und empfand der Guerilla gegenüber große Neugier. In ihrer Jugend suchte sie nach Wegen zur Freiheit als Kurdin und als Frau. Sie akzeptierte die ihr zugewiesene Rolle als Objekt und Sklavin nicht. Gleichzeitig nahm sie die Vernichtungspolitik des türkischen Staates gegenüber dem kurdischen Volk in aller Deutlichkeit wahr. Einige Verwandte von ihr waren bereits bei der Guerilla und auch sie zog die Konsequenz und schloss sich 2014 an.

Sie passte sich schnell an das Guerillaleben in den Bergen an und erhielt ihre Grundausbildung in der Region Zap. Dort tat sie auch ihre ersten Schritte als Kämpferin und reifte in zwei Jahren zu einer erfahrenen Kämpferin der Frauenguerilla YJA Star heran. Anschließend wechselte sie ins Gebiet Cîlo. Am Cîlo nahm sie an vielen erfolgreichen Aktionen teil. Sie wurde einmal schwer verwundet. Ihr Zustand besserte sich jedoch schnell und sie kehrte zur Front zurück. Anschließend kämpfte sie in der Region Xakurke und fügte den türkischen Truppen schwere Verluste zu. Obwohl sie erneut verwundet wurde, verließ sie das Kampfgebiet nicht.

Mit ihrer wachsenden militärischen Erfahrung wurde sie zu einer Kommandantin. Sie bildete sich ideologisch und militärisch intensiv weiter und beschäftigte sich vor allem auch mit der Frauenbefreiungsideologie. Gleichzeitig wurde sie in neuen Guerillataktiken ausgebildet. Nach ihrer Ausbildung zur Kommandantin ging sie nach Metîna und kämpfte am Girê Hekarî. Von der ersten türkischen Angriffswelle an stand sie dort an der Front. Sie bestand als YJA-Star-Kommandantin darauf, an der revolutionären Operation teilzunehmen, mit der die türkische Armee vom Girê Hekarî vertrieben werden sollte. Die HPG schreiben über sie: „Unsere Genossin Binevş kämpfte bis zum letzten Atemzug unermüdlich für den Sieg über den Feind im Gebiet von Girê Hekarî. Sie hat als eine der Pionierinnen und beispielhaften Kommandantinnen der revolutionären Offensive Cenga Xabûrê Şehîd Savaş Maraş einen ehrenhaften Platz in unserer Geschichte des Widerstands eingenommen.“

Baran Çirav


Baran Çirav stammte aus Dih (tr. Eruh) in der nordkurdischen Provinz Sêrt. Dih ist der Ort, an dem die erste Kugel im Befreiungskrieg am 15. August 1984 abgefeuert wurde. Er wuchs im Dorf Torik in einer patriotisch eingestellten Familie auf und beteiligte sich schon früh an der politischen Arbeit im Freiheitskampf. 2004 schloss sich sein großer Bruder Şehîd Çirav Botan (Cemal Oğuz) der Guerilla an und kam 2016 als Kommandant der Spezialeinheiten im Widerstand für demokratische Autonomie in den Städten Nordkurdistans ums Leben. Der Widerstand seines Bruders verstärkte Baran Çiravs Interesse an der Guerilla.


Als Baran Çirav an der Universität Siirt Maschinenbau studierte, schloss er sich der Jugendarbeit der Freiheitsbewegung an und vertiefte seine ideologischen Kenntnisse. Er war an vielen Aktivitäten beteiligt und wurde immer wieder festgenommen. 2012 wurde er inhaftiert und befand sich für 14 Monate im Gefängnis. Diese Zeit nutzte er als Gelegenheit, sich weiterzuentwickeln und seine Entschlossenheit zum Kampf zu stärken. Nach seiner Entlassung schloss er sich 2014 der Guerilla in Dih an. Von dort ging er in die Medya-Verteidigungsgebiete und erhielt dort seine Grundausbildung, die er mit großem Erfolg abschloss. Er entwickelte sich schnell weiter und bildete sich ideologisch und militärisch an den Akademien der Freiheitsbewegung. Aufgrund seiner militärischen Fähigkeiten und seiner ideologischen Bildung wurde er schnell zu einem Kommandanten und kämpfte in Heftanîn und Xakurke. Bei einem türkischen Angriff im Jahr 2019 wurde er verwundet. Nach seiner Genesung ging er wieder in den Kampf zurück.

Baran Çirav hatte sich auf die Taktik der mobilen Einheiten spezialisiert und kämpfte als Kommandant. Er nahm an der revolutionären Offensive Cenga Xabûrê Şehîd Savaş Maraş teil und versetzte der türkischen Armee bei Aktionen schwere Schläge. Bei er revolutionären Operation gegen die türkische Armee am Girê Hekarî am 26. November kämpfte er an vorderster Front und zog sich trotz einer Verwundung nicht zurück. Die HPG beschreiben ihn als einen „der PKK würdigen Kämpfer und Kommandanten“.