HPG geben den Tod von Havîn Gabar und Delîl Tolhildan bekannt

Die Guerillakämpfer:innen Havîn Gabar und Delîl Tolhildan sind im Widerstand gegen die türkischen Besatzungsangriffe in der Zap-Region in Südkurdistan gefallen.

Die Guerillakämpfer:innen Havîn Gabar und Delîl Tolhildan sind am 4. Dezember bei einem Angriff der türkischen Armee in der westlichen Zap-Region in Südkurdistan gefallen. Das teilte das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) heute in Behdînan mit. Die HPG würdigen Havîn Gabar und Delîl Tolhildan als wertvolle Weggefährt:innen, die sich die Opferbereitschaft zur Lebensform gemacht hatten und mit ihrem mutigen Einsatz für ein freies Leben und ihrem ideellen Reichtum ihr Umfeld prägten. „Als ihre Genossinnen und Genossen empfinden wir die Verantwortung, Havîn und Delîl auf dem von ihnen geebneten Weg gerecht zu werden. Wir geben unser Wort, den Freiheitskampf der apoistischen Fedai zum Sieg zu führen. Mit diesem Gefühl sprechen wir ihren wertvollen Familien und dem patriotischen Volks Kurdistans unser Beileid aus“, so die HPG.

Zur Identität und den Lebensläufen der Gefallenen machen die HPG folgende Angaben:

Codename: Havîn Gabar
Vor- und Nachname: Canan Oral
Geburtsort: Aydın
Namen von Mutter und Vater: Rahmete – Abdulaziz
Todestag und -ort: 4. Dezember 2023 / Zap
Codename: Delîl Tolhildan
Vor- und Nachname: İsa Kahraman
Geburtsort: Agirî
Namen von Mutter und Vater: Kemali – Ağabey
Todestag und -ort: 4. Dezember 2023 / Zap


Havîn Gabar

Havîn Gabar ist in Aydın in der Westtürkei geboren. Ihre Familie stammte aus der Provinz Şirnex und bewahrte die uralte Kultur der Botan-Region. Havîn hatte daher nie Zweifel an ihrer kurdischen Identität. Später kehrte die Familie nach Şirnex zurück. Wie viele kurdische Kinder erlebte Havîn ihre ersten Konflikte mit dem türkischen Staat in der Schule, weil sie ihre Muttersprache nicht sprechen durfte. Sie lernte die feindliche Politik gegenüber dem kurdischen Volk früh kennen und bezog Haltung dagegen. Als Heranwachsende wurde sie in der Jugendbewegung aktiv und zunehmend bewusster. Wie sie später sagte, erschien ihr das Leben innerhalb des Systems nicht mehr ausreichend, nachdem sie sich mit der PKK und den Vorstellungen von Abdullah Öcalan auseinander gesetzt hatte. Ausschlaggebend für ihre Entscheidung zum bewaffneten Kampf war die Exekution des Schauspielers und Aktivisten Hacı Lokman Birlik in Şirnex, dessen Leichnam während des Widerstands für Selbstverwaltung im Oktober 2015 hinter einem Polizeifahrzeug über die Straßen geschleift wurden. Havîn schloss sich kurz danach in Besta der Guerilla an.


Von Besta aus kam Havîn für eine Grundausbildung nach Heftanîn. Sie nahm mit großer Begeisterung und Ernsthaftigkeit am Guerillaleben teil und konzentrierte sich darauf, das Geheimnis der Freiheit zu ergründen und in ihrer Persönlichkeit zu verankern. Dabei wurde ihr bewusst, dass der erste Schritt der Befreiung darin besteht, die klassische Frauenrolle in der Gesellschaft zu verlassen. Freiheit erfordert eine intensive Auseinandersetzung und harte Arbeit, und Havîn ging diesen Weg mit geduldigen und sicheren Schritten.

Aufgrund des Krieges und der Angriffe auf die Bevölkerung legte Havîn einen Schwerpunkt ihrer Ausbildung auf den militärischen Bereich. Dadurch wurde sie zu einer versierten Kämpferin der YJA Star (Verbände freier Frauen). Auf ihren eigenen beharrlichen Wunsch ging sie ins Kriegsgebiet in der westlichen Zap-Region und nahm an vielen erfolgreichen Aktionen gegen die türkischen Besatzungstruppen teil. Sie kämpfte sowohl in mobilen Einheiten als auch in den Tunnelanlagen der Guerilla. Havîn Gabar kam am 4. Dezember zusammen mit Delîl Tolhildan bei einem feindlichen Angriff ums Leben.

Delîl Tolhildan

Delîl Tolhildan ist in Agirî-Panos geboren und mit der Kultur und der gesellschaftlichen Ethik der Serhed-Region aufgewachsen. Als Heranwachsender hinterfragte er sein Leben und beschäftigte sich mit der Geschichte Kurdistans, insbesondere mit dem Aufstand von Agirî (Ararat). Seine Recherchen zu den kurdischen Aufständen der Vergangenheit führten ihn schließlich in die Gegenwart und er kam zu der Überzeugung, dass die Menschen in Serhed ihren unerfüllten Traum von Freiheit mit dem Kampf der PKK wahrmachen können. Ihn beeindruckten die konsequente revolutionäre Haltung der kurdischen Freiheitsbewegung und der Kampf der Guerilla. 2014 ging er in Tendurek in die Berge und schloss sich der Guerilla an.


Seine erste Zeit als Guerillakämpfer verbrachte Delîl in Bakur, dem Norden Kurdistans, zusammen mit erfahrenen Genossinnen und Genossen, die ihm grundsätzliches Wissen über das Leben und den Kampf in den Bergen beibrachten. Delîl beteiligte sich mit großem Enthusiasmus an allen Arbeiten und fühlte sich für alles mitverantwortlich. Seine Mitkämpfer:innen vermittelten ihm den Wert genossenschaftlicher Beziehungen und diese Erfahrung prägte sein weiteres Leben. Nach einer kurzen Zeit der Praxis in Serhed kam er in die Medya-Verteidigungsgebiete und bildete sich weiter. Er hielt sich zunächst eine Weile in Metîna auf und ging dann nach Şengal, um die ezidische Gemeinschaft gegen den IS zu verteidigen. Dort wurde er Zeuge der islamistischen Massaker an der Bevölkerung. Delîl war einer der mutigen Kämpfer:innen, die zur Befreiung von Şengal beigetragen haben. Er gewann erste Kriegserfahrungen und kehrte danach zurück in die Berge. Aufgrund seines historischen Bewusstseins war ihm klar, dass die Völker Kurdistans immer von Genozid bedroht sind und wie wichtig die Fähigkeit zur Selbstverteidigung ist.

In den Bergen setzte er seine militärische und ideologische Ausbildung für den Guerillakampf der demokratischen Moderne fort und übernahm verantwortliche Aufgaben. Als die türkische Armee die Besatzungsangriffe auf die westliche Zap-Region intensivierte, leistete er bis zuletzt als bewusster apoistischer Militanter mit großem Mut Widerstand.