Die Anteilnahme der Trauernden nach dem tödlichen Attentat auf Yasin Bulut ist groß. Viele Menschen haben bereits das im Viertel Çarçira in der südkurdischen Metropole Silêmanî aufgestellte Trauerzelt besucht, in dem Beileidsbekundungen für den PKK-Revolutionär erbracht werden. Bulut war am Freitag an selber Stelle von einem Todeskommando des türkischen Geheimdienstes erschossen worden, als er sich auf dem Weg in ein Krankenhaus befand. Der Anschlag auf den 64-Jährigen hat große Wut und Entsetzen innerhalb der kurdischen Gesellschaft ausgelöst.
Unter den Gästen, die Yasin Bulut im Trauerzelt die letzte Ehre erweisen, befindet sich auch Lahur Şêx Cengî Talabanî. Der nominelle Ko-Vorsitzende der Patriotischen Union Kurdistans (YNK) und Kritiker der Barzanî-Partei PDK kann sein Amt momentan nicht ausüben, da er im Juli putschartig entmachtet wurde. Das Attentat auf Yasin Bulut bezeichnete Talabanî als „große Katastrophe“. Er verurteile diesen Angriff auf das Schärfste und hoffe, dass die Geheimdienste die Verantwortlichen so schnell wie möglich fassen. „Silêmanî gilt seit jeher als eines der Zentren der kurdischen Nationalbewegung. Ich wünsche mir, dass dies so bleibt“, so Talabanî. Im Flüchtlingslager Mexmûr ist ebenfalls ein Kondolenzzelt für Yasin Bulut errichtet worden.
Wer war Yasin Bulut?
Yasin Bulut (Şükrü Serhat) wurde 1957 in der nordkurdischen Provinz Qers (tr. Kars) geboren. 1978 schloss er sich der frisch gegründeten PKK an. Nach dem Militärputsch vom 12. September 1980 wurde er verhaftet. Seine Gefängnisjahre verbrachte er mit zahlreichen weiteren PKK-Kadern im berüchtigten Kerker von Diyarbakir, der „Hölle von Amed“. Nachdem er 1991 entlassen wurde, ging er in die Berge. Die letzten 15 Jahre war er aktives Mitglied des PKK-Komitees für die Familien von Gefallenen. Das Komitee hat Vergeltung für den Mord an Yasin Bulut angekündigt und erklärt: „Der türkische Staat will die kurdische Freiheitsbewegung eliminieren, weil er sie als Hindernis für seine kolonialistischen Ziele betrachtet.“
PKK: Beginn einer Serie von politischen Morden
Auch das Außenbeziehungskomitee der PKK hat den tödlichen Anschlag auf Yasin Bulut scharf verurteilt und als „brutales Massaker“ bezeichnet. „Unser Freund Yasin Bulut wurde auf niederträchtige Weise von hinten ermordet. Dieser Anschlag richtet sich nicht nur gegen uns, sondern gegen die gesamte Bevölkerung des Südens und die Stabilität in Silêmanî“, heißt es in einer Stellungnahme.
Dass sich dieser Mord nur einen Tag nach dem Tötungsversuch an dem aus der Türkei geflüchteten Ferhat Barış Kondu in Silêmanî ereignete, deute auf eine „Serie von politischen Morden“ hin, die von der „faschistischen Erdoğan-Regierung“ und dem türkischen Geheimdienst MIT eingeleitet worden sei. Von der Regionalregierung in Hewlêr und den Sicherheitsbehörden in Silêmanî fordert das Außenbeziehungskomitee der PKK eine umgehende Stellungnahme und sicherheitsrelevante Maßnahmen. Durch die dem MIT in Südkurdistan eingeräumte Bewegungsfreiheit herrsche in der Region ein „immerwährender Staatsterror“, hält das Gremium fest:
„Auch in allen anderen Teilen Kurdistans kommt es zu Massakern des türkischen Staates an unserem Volk. Diese Tatsache macht es für alle Kurdinnen und Kurden unabdingbar, eine gemeinsame Haltung einzunehmen und zu handeln. Die Täter müssen umgehend gefasst und ihre Identität preisgegeben werden. Geschieht dies nicht, werden die Mörder zu weiteren Massakern ermutigt.“