Hezex: Militäroperation nach tödlichem Angriff auf Dorfschützer

In Hezex ist ein Dorfschützer bei einem bewaffneten Angriff getötet worden, zwei weitere sind verletzt. Die angegriffenen Männer sollen an der Auslieferung eines HPG-Kämpfers ans türkische Militär beteiligt gewesen sein.

Im nordkurdischen Kreis Hezex (tr. Idil) ist in der Nacht zum Montag ein bewaffneter Angriff auf sogenannte Dorfschützer verübt worden. Dabei wurden drei Mitglieder der paramilitärischen „Sicherheitswachen“ von mehreren Schüssen getroffen und mit einem Militärhubschrauber in das staatliche Krankenhaus in Cizîr (Cizre) geflogen. Einer von ihnen, Mehmet A., starb in der Klinik, Abdullah Erçel (23) und Eşref Erçel (49) liegen auf der Intensivstation.

Der Vorfall ereignete sich in der Nähe der Ortschaft Zergûza Banê. Dort war Ende März ein Guerillakämpfer von Dorfschützern aufgegriffen und misshandelt worden, bevor er anschließend an die türkische Armee ausgeliefert wurde. Der betroffene Kämpfer Harun Elbak (Selim Adiyaman) hatte den Anschluss an seine Gruppe verloren und war unbewaffnet aus den Bergen ins Tal gekommen. Nach seiner Übergabe an das Militär wurde er verhaftet und in ein Hochsicherheitsgefängnis in der Provinzhauptstadt Şirnex (Şırnak) überstellt. Die Ermittlungsakte steht unter Geheimhaltung.

Die Volksverteidigungskräfte (HPG), denen Elbak angehört, hatten den Sicherheitswachen nach der Auslieferung ihres Mitglieds mit Rache gedroht. Aktivisten aus Şirnex verbreiteten die Namen der beteiligten Dorfschützer, nachdem diese auf Twitter selbst ein Video des Übergriffs auf den HPG-Kämpfer in Umlauf brachten. Die Häuser dieser Sicherheitswachen wurden seither vom türkischen Militär geschützt. Vergangene Nacht bewegten sich drei von ihnen laut Informationen der Nachrichtenagentur MA mit einem Fahrzeug auf der Landstraße zwischen Cizîr und Hezex, als ihr Wagen unter Beschuss gesetzt wurde. Ob es sich dabei um eine Vergeltungsaktion der Guerilla handelt, ist noch unklar. Die HPG haben sich bislang nicht zu dem Vorfall geäußert.

Die türkische Armee hat derweil in Hezex eine Militäroperation eingeleitet. Die Offensive wird von der türkischen Luftwaffe unterstützt, wie es heißt. Über das Dorf Zergûza Banê wurde eine Ausgangssperre verhängt, darüber hinaus ist laut MA ein Zutrittsverbot in Kraft. Die ortsansässige Bevölkerung dürfte aufgrund der Maßnahme für unbestimmte Zeit von der Außenwelt abgeschnitten sein.

Was sind Dorfschützer?

Dorfschützer sind paramilitärische Einheiten, die in Kurdistan gegen die Guerilla und unliebsame Oppositionelle eingesetzt werden. Sie bestehen zu einem beträchtlichen Teil aus Stammesführern, Großgrundbesitzern, Familien und Einzelpersonen, die oft seit Jahrzehnten mit dem Staat zusammenarbeiten und versuchen, in Kurdistan für die Interessen des Staates einzutreten. Ein Teil tritt diesem System freiwillig bei, andere werden mit Mord, Verhaftung und Vertreibung bedroht und müssen unter Druck Dorfschützer werden. Als historisches Vorbild gelten die Hamidiye-Regimenter: eine zur „Aufstandsbekämpfung in Ostanatolien“ Ende des 19. Jahrhunderts durch einen osmanischen Sultan gegründete Kavallerietruppe mit teils kurdischen Mitgliedern, die sich am Genozid an der armenischen Nation beteiligte.

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