Als freie Kurdin im Widerstand
Die Guerillakommandantin Edessa Cejna ist im Oktober 2023 bei einem feindlichen Angriff in Dersim gefallen. Das gab das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) am Dienstag bekannt, die Information sei inzwischen sicher bestätigt worden. Die Kommandantin der Verbände freier Frauen (YJA Star) stammte aus Cizîra Botan (tr. Cizre) und ist in Êlih (Batman) geboren. Die HPG sprachen ihrer Familie und der Bevölkerung Kurdistans ihr Mitgefühl aus und machten folgende Angaben zu ihrer Identität und Biografie:
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Codename: Edessa Cejna
Vor- und Nachname: Ece Yılmaz
Geburtsort: Êlih
Namen von Mutter und Vater: Leyla – Mehmet Ali
Todestag und -ort: 14. Oktober 2023 / Dersim
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Edessa Cejna verbrachte ihre ersten zehn Lebensjahre in Êlih und zog dann aufgrund von staatlicher Repression mit ihrer Familie nach Istanbul. Ihre Familie hielt auch dort an ihrer kurdischen Identität fest und Edessa wuchs mit ihrer Muttersprache und im Bewusstsein der eigenen Kultur auf. Als Heranwachsende wurde sie politisch aktiv und hinterfragte die Gesellschaft und ihr eigenes Leben. Dabei wurde ihr bewusst, welche Rolle Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft auferlegt wird. Sie entschied sich zum Widerstand. Als 1999 Abdullah Öcalan in die Türkei verschleppt und auf der Gefängnisinsel Imrali interniert wurde, beteiligte sie sich noch stärker an den Aktivitäten der Jugendbewegung. 2001 ging sie in die Berge und schloss sich der Guerilla an.
Für eine Grundausbildung kam Edessa Cejna nach Xakurke. Sie lebte sich schnell ein und beschrieb die Guerilla als einen Ort mit hohen Zielen und Gefühlen, nach dem sich alle Menschen sehnen. Mit dieser Einstellung und ihrer schlichten Herzlichkeit nahm sie vorbehaltlos am Guerillaleben teil. Bis 2003 hielt sie sich in Xinêre auf. In dieser Zeit wurde sie eine ideologisch und militärisch gewappnete Kämpferin der YJA Star. Als innerhalb der kurdischen Bewegung in Folge der Gefangennahme von Öcalan Widersprüche auftraten und zu Kapitulation und Verrat gedrängt wurde, ging Edessa ins Kriegsgebiet und war drei Jahre lang im Zagros-Gebirge. Sie gewann wichtige militärische Erfahrung und wechselte 2003 auf eigenen dringenden Wunsch nach Dersim. Dort traf sie auf wertvolle Kommandant:innen, von denen sie lernte und mit denen sie kämpfte. An Guerillaaktionen gegen den Feind nahm sie mit einer über viele Jahre angestauten Wut teil. In ihren neun Jahren in Dersim lernte sie jeden Winkel der Region kennen. Sie ließ keinen Pfad aus und empfand es als Sinn ihres Leben, wenn sie das Quellwasser von Dersim trank. Bei jedem Atemzug erinnerte sie sich an das Gas, mit dem 1937/38 vor dem Massaker geflüchtete Menschen in Höhlen getötet wurden. Wenn sie sich nach einem langen Guerillamarsch ausruhte, hörte sie die Schreie der Frauen, die sich damals von den Felsen stürzten. Die intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte und ihre innige Verbundenheit mit den Menschen von Dersim vergrößerten ihre Wut und ihre Entschlossenheit zum Kampf.
2015 kehrte Edessa zurück in die Medya-Verteidigungsgebiete und setzte sich in zwei aufeinander folgenden Bildungsprozessen mit allen Dimensionen ihrer Praxis in Dersim auseinander. Dabei verfolgte sie den Ansatz, eigene Fehler und Schwächen zu erkennen und ihre Erfahrungen mit ihren Genossinnen zu teilen. Danach hielt sie sich in Gare, Xakurke und Gever auf und übernahm Aufgaben in der Regionalkommandantur. Ihr Herz schlug jedoch immer für Dersim, wo sie gemeinsam mit wertvollen Weggefährt:innen den schwierigen Bedingungen getrotzt und dem Feind schwere Schläge versetzt hatte. Sie ging zurück in die Region und war sich dabei ihrer großen Verantwortung bewusst. Mit großer Entschlossenheit, Willensstärke und Liebe gelang es ihr auch unter unmöglichen Umständen, gegen feindliche Angriffe standzuhalten. Als freie Kurdin und Kommandantin hisste sie die Fahne des Widerstands auf den Berggipfeln von Dersim. Sie verteidigte die apoistische Ideologie bedingungslos und schuf damit ein freies Leben.