Dersim-Kommandant und zwei Kämpfer:innen gefallen

Yaşar Botan, Şevger Semsûr und Arjîn Sarya sind bei Gefechten mit der türkischen Armee in Dersim gefallen.

Die Guerillakämpfer:innen Yaşar Botan, Şevger Semsûr und Arjîn Sarya sind bei Gefechten mit der türkischen Armee in Dersim gefallen. Das hat das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HGP) bekannt gegeben. Yaşar Botan war Kommandant der Region Dersim und ist am 1. März bei einem Gefecht ums Leben gekommen. Şevger Semsûr war Mitglied der Kommandantur von Dersim, Arjîn Sarya war Kämpferin der Verbände Freier Frauen (YJA Star). Beide sind am 24. Dezember gefallen, nachdem es am Tag zuvor zu einem Feindkontakt und einem anschließenden Gefecht gekommen war. Wie die HPG mitteilen, kämpften Şevger Semsûr und Arjîn Sarya stundenlang mit großem Mut. Yaşar Botan gelang es, den türkischen Truppen einen schweren Schlag zu versetzen und lebend aus diesem Gefecht herauszukommen. Am 1. März fand ein weiteres Gefecht in Dersim statt. Yaşar Botan schloss sich nach längerem Kampf gegen die Armee der Karawane der Gefallenen an, um nicht in feindliche Gefangenschaft zu geraten. Die HPG würdigen die drei Gefallenen als unvergessliche Beispiele des Heldenmuts. Dersim sei ein Zentrum des Widerstands, der Befreiungskampf werde fortgesetzt, erklären die HPG und sprechen den Angehörigen der Gefallenen und dem Volk Kurdistans ihr Mitgefühl aus.

                             

Codename: Yaşar Botan
Vor- und Nachname: Osman Manak
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Cahide – Mahmut
Todestag und -ort: 1. März 2023 / Dersim

 

Codename: Şevger Semsûr
Vor- und Nachname: Zeynal Küçük
Geburtsort: Semsûr
Namen von Mutter und Vater: Hayriye – Mehmet
Todestag und -ort: 24. Dezember 2022 / Dersim

 

Codename: Arjîn Sarya
Vor- und Nachname: Şehrîban Tekmenüray
Geburtsort: Antalya
Namen von Mutter und Vater: Fatma – Ramazan
Todestag und -ort: 24. Dezember 2022 / Dersim

 

Yaşar Botan

Yaşar Botan ist in Silopya in der Provinz Şirnex geboren und gehörte zu Stamm der Zêvkî. Sein Dorf wurde 1994 vom türkischen Staat niedergebrannt und zerstört. Die Familie ging wie Zehntausende weitere Menschen nach Südkurdistan, wo sie Angriffen der mit dem türkischen Regime kollaborierenden PDK ausgesetzt war. Die aus türkischen Staatsgebiet Geflüchteten mussten mehrmals den Ort ihre Lagerplätze wechseln, bis 1998 Camp Mexmûr gegründet wurde. In diesem selbstverwalteten Camp wuchs Yaşar Botan in einer revolutionären Atmosphäre auf. Sein Onkel Zindan Cizre (Abdullah Manak) war bereits 1994 als Guerillakämpfer im Zagros-Gebirge gefallen. Nach der Verschleppung Abdullah Öcalans in die Türkei schlossen sich Dutzende junge Menschen aus Mexmûr der Guerilla an. Yaşar Botan ging am 27. Februar 1999 in die Berge. Er machte eine militärische Grundausbildung und wurde Anfang 2000 auf eigenen beharrlichen Wunsch Teil der Fedai-Organisierung, aus der später die Sondereinheit Hêzên Taybet hervorging. In diesem Zusammenhang absolvierte er eine intensive ideologische und militärische Weiterbildung. Als es 2003 zu Spaltungsversuchen innerhalb der kurdischen Befreiungsbewegung kam, übernahm er den Personenschutz von Genossen aus der Leitung. Im Zuge der Guerillaoffensive vom 1. Juni 2004 ging er nach Dersim und kämpfte dort fünf Jahre lang in allen Gebieten. 2009 kehrte er in die Medya-Verteidigungsgebiete zurück und setzte sich ein Jahr im Hauptquartier der Hêzên Taybet mit seiner bisherigen Praxis in Bakur (Nordkurdistan) auseinander. 2010 bis 2011 nahm er an einer Ausbildung an der Haki-Karer-Akademie teil und übernahm im Anschluss die Verantwortung für die Sicherheit eines Leitungsmitglieds der Bewegung. Diese Aufgabe erfüllte er drei Jahre lang. 2013 wurde er Verantwortlicher für die Koordinierung der Grundausbildung neuer Kämpferinnen und Kämpfer, darunter auch viele Internationalist:innen. 2016 kam er zur Ausbildung an die PKK-Schule und ging danach zusammen mit Kommandant Yilmaz Dersim nach Dersim, wo er Verantwortung in der Regionalkommandantur übernahm. Da er die Region bereits sehr gut kannte, hatte er keine Eingewöhnungsschwierigkeiten und konzentrierte sich mit großer Opferbereitschaft auf taktische Maßnahmen gegen die speziellen Angriffsformen des türkischen Staats in Dersim. Er organisierte Guerillaaktionen und zeigte intensive Anstrengungen, um die neuzeitlichen Taktiken in der Region zu etablieren. „Als Regionalkommandant machte er keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Aufgaben“, erklären die HPG. Mit seinem bescheidenen, enthusiastischen und entschlossenen Führungsstil motivierte er seine Mitkämpfer:innen und gab ihnen Kraft.

Am 1. März kam es im Zuge einer türkischen Militäroperation in Dersim zu einem Feindkontakt. „Unser Genosse Yaşar hat seit seinem Beitritt zur PKK auf die Linie der ständigen Opferbereitschaft gesetzt und sich nach einem lang andauernden Gefecht der Karawane der Gefallenen angeschlossen, um nicht lebend in die Hände des Feindes zu fallen. Er war ein mutiger Spross unseres Volkes aus Botan und hat als kurdischer Jugendlicher, der nach der Vertreibung aus seiner Heimat unter sehr schwierigen Bedingungen aufwuchs, mit der apoistischen Ideologie einen Entwicklungssprung gemacht. Von einem Fedai-Militanten wurde er zu einem mutigen Guerillakommandanten und mit seinem 24-jährigen atemlosen Kampf zu einem großen Volkshelden. Sein soziales und revolutionäres Leben war ein großes Abenteuer und eine Kampflegende. Unser Weggefährte und Kommandant Yaşar Botan weist unserem Kampf den Weg und wird ihn zum Sieg führen. In diesem Sinne erneuern wir unser Versprechen der Verbundenheit mit unseren Gefallenen und erklären, dass das Andenken an sie in unserem Kampf für ein freies Kurdistan mit einem freien Rêber Apo für immer weiterleben wird“, so die HPG.

Şevger Semsûr

Şevger Semsûr ist im Dorf Trintil in Semsûr geboren und aufgewachsen, seine alevitische Familie stammte eigentlich aus Hesenko in derselben Provinz. Er musste früh arbeiten und lernen, Verantwortung im Leben zu übernehmen. Wie viele junge Kurdinnen und Kurden kam er in eine der Internatsschulen, die als Zentren der staatlichen Assimilierungspolitik gelten. Er wehrte sich dagegen und kam als Gymnasiast in Kontakt mit anderen kurdischen Jugendlichen, wodurch ihm seine Identität und der Existenzkampf seines Volkes noch stärker bewusst wurden. Nach dem Abitur begann er ein Studium an der Uludağ-Universität, das er nach kurzer Zeit abbrach. Als er später an der Firat-Universität studierte, wurde er in der Jugendbewegung aktiv und war viel in den kurdischen Provinzen unterwegs. 2004 schloss er sich der Guerilla an und machte eine Grundausbildung in Xinêrê. Danach war er in der Praxis in Xakurke, Xinêrê und Zagros. 2010 kam er nach Dersim und übernahm bald Verantwortung in der Kommandantur. „Unser Weggefährte Şevger war ein apoistischer Militanter und führender Kommandant der Neuzeit, der mit großem Anspruch und Überzeugung für seine Ziele kämpfte. In seinem 18-jährigen Guerillaleben hat er große Erfolge gehabt. Er machte keine Kompromisse bei seiner Genossenschaftlichkeit und seiner apoistischen Militanz und hat uns mit seiner unerschütterlichen Haltung ein großes Widerstandserbe hinterlassen“, erklären die HPG.

Arjîn Sarya

Arjîn Sarya stammte aus Şirnex, kam jedoch in Antalya zur Welt, weil ihre patriotische Familie die Heimat aufgrund von staatlicher Unterdrückung verlassen musste. Aus ihrem sozialen Umfeld schlossen sich Menschen der Guerilla an und mehrere Verwandte von ihr waren im Gefängnis. Daher war ihr die PKK bereits als Kind ein Begriff. Gleichzeitig gab es faschistische Tendenzen in ihrer Umgebung und sie erlebte diverse Angriffe auf ihr Volk mit. 2014 ging sie nach Kurdistan und schloss sich in Amed der Guerilla an. Von dort aus kam sie nach Dersim, wo sie eine erste Ausbildung erhielt. Den Guerillakampf erlernte sie in der Kriegspraxis, dadurch entwickelte sie sich schnell zu einer fähigen Kämpferin. Gleichzeitig setzte sie sich mit der Frauenbefreiungsideologie von Abdullah Öcalan auseinander und vertrat diese Linie überall. Die HPG beschreiben Arjîn Sarya als führende Militante der YJA Star, die mit ihrer aufrichtigen, herzlichen und einsatzbereiten Haltung ein Vorbild für ihre Weggefährt:innen war und im opferbereiten Kampf gefallen ist.