DBP-Vorsitzender Keskin Bayındır als „Terrorist“ verhaftet

Der kurdische Politiker Keskin Bayındır ist in Amed verhaftet worden. Der DBP-Vorsitzende wird beschuldigt, Mitglied einer „bewaffneten“ Organisation zu sein. Seine Partei bezeichnet den Vorgang als „Ergebnis der Verzweiflung“ des Regimes.

Gegen den Ko-Vorsitzenden der Partei der demokratischen Regionen (DBP), Keskin Bayındır, ist Untersuchungshaft angeordnet worden. Das entschied ein Gericht in Amed (tr. Diyarbakır), nachdem Bayındır am Montag bis Mitternacht mehrere Stunden lang vernommen worden war. Dem kurdischen Politiker droht wegen Terrorvorwürfen eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren.

Die türkische Justiz beschuldigt Bayındır der „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation“ – gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Neben Bayındır wurde auch der Ko-Vorsitzende des Provinzverbands der DBP Amed, Hayrettin Altun, inhaftiert. Dreizehn weitere Politiker:innen, die zeitgleich mit Bayındır und Altun am vergangenen Freitag in verschiedenen Städten festgenommen worden waren, wurden gegen Meldeauflagen auf freien Fuß gesetzt.

Ermittlungsakte unter Geheimhaltung

Was dem 1984 in Sason geborenen Ko-Vorsitzenden der DBP konkret zur Last gelegt wird, ist aufgrund einer Geheimhaltungsverfügung nicht bekannt. Seine Anwält:innen erklärten, bei den Vernehmungen seien fast ausschließlich Fragen zu den Prinzipien und Zielen der Partei gestellt worden: „Zu welchem Zweck und von wem wurde die DBP gegründet? Wann hat Ihre Beziehung zur Partei begonnen? Wer hat die Satzung formuliert? Welche Rolle spielte Abdullah Öcalan in der Gründungsphase der Partei und bei ihren laufenden Aktivitäten?“ Weitere Fragen drehten sich den Angaben nach unter anderem um abgegebene Presseerklärungen und Interviews.

Keskin Bayındır bei der Eröffnung des DBP-Provinzverbands in Dersim im Juni 2022 | Pirha

Krieg gegen die kurdische Politik

Im Rahmen des politischen Vernichtungsfeldzugs der islamistischen AKP und der faschistischen MHP gegen Kurdinnen und Kurden folgt in der Türkei seit Monaten eine Verhaftungswelle auf die andere, zehntausende Oppositionelle sitzen im Gefängnis. Die Herrschenden in Ankara zerschlagen jegliche parlamentarische und außerparlamentarische Opposition und führen einen Krieg gegen die legale kurdische Politik und die Zivilgesellschaft.

„Ergebnis von Verzweiflung und Depression im Gefühl von Ausweglosigkeit“

Die DBP, größte Schwesterpartei der HDP, bewertet die Verhaftungen nicht im Rahmen der „üblichen Ermittlungs- und Strafverfolgungsprozeduren“. Vielmehr gehe es darum, die Kriminalisierung und Stigmatisierung der politischen Positionen der HDP und ihrer Verbündeten im Vorfeld der für Juni nächsten Jahres anstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen noch weiter zu torpedieren, die Organisationskraft des kurdischen Volkes zu brechen und das islamistisch-nationalistische Wählerlager unter Verweis auf eine angebliche „terroristische Bedrohung“ hinter dem AKP/MHP-Regime zu sammeln. Die Verhaftung von Keskin Bayındır sei daher als „Ergebnis von Verzweiflung und Depression im Gefühl von Ausweglosigkeit“ zu werten, sagte Saliha Aydeniz, die weibliche Hälfte in der genderparitätischen Doppelspitze der DBP, am Abend in Amed. „Die vorgebrachten Gründe für die Inhaftierung sind an Absurdität nicht zu überbieten. Das wissen auch jene, die diese Entscheidung getroffen haben. Sie werden wie alle anderen Feinde des kurdischen Volkes auf dem Müllhaufen der Geschichte landen.“

Partei der demokratischen Regionen

Die DBP ist im Juli 2014 durch Umbenennung der Partei des Friedens und der Demokratie (BDP) entstanden. Ihr erklärtes Ziel ist die Vertretung der Interessen der kurdischen Bevölkerung und eine Dezentralisierung der Türkei. Anders als zuvor die BDP konzentriert sich die DBP auf ein Engagement auf lokaler Ebene. Die Teilnahme an nationalen Parlamentswahlen übernimmt als Schwesterpartei die HDP.