Die türkische Generalstaatsanwaltschaft Diyarbakır (ku. Amed) holte zu einem massiven Schlag gegen die Partei der Demokratischen Regionen (DBP) aus. In einem als „PKK/KCK-Operation“ deklarierten Vernichtungsfeldzug gegen die kurdische Opposition wurden am Freitag Wohnungen und DBP-Zentralen in neun Städten in Nordkurdistan und der Türkei durchsucht.
Nicht nur in Amed wurde die DBP von der türkischen Polizei angegriffen. Die DBP-Zentrale in Balgat, Ankara, sowie die Büros in Mêrdîn, Şirnex, Wan, Êlih (tr. Batman), Riha (tr. Urfa), Agirî und Dîlok (tr. Antep), wurden gestürmt und die Türen von der Polizei eingeschlagen.
Bisher 14 Festnahmen
15 Politiker:innen sind zur Festnahme ausgeschrieben, bisher wurden 14 Personen festgenommen, unter ihnen der Ko-Vorsitzende der DBP, Keskin Bayındır. Nach bisherigen Informationen wurden neben Keskin Bayındır auch der Ko-Vorsitzende des Provinzverbands Şirnex, Zeki Irmez, die Ko-Vorsitzenden des Provinzverbands Wan, Şengül Polat und Harun Okay, der Ko-Vorsitzende des Provinzverbands Riha, Hidayet Enmek, die Ko-Vorsitzenden des Provinzverbands Dîlok, Ethem Ünal und Zeliha Aslan, sowie der Ko-Vorsitzende des Provinzverbands Mêrdîn, Şerafettin Aslan, festgenommen.
Die Durchsuchungen der DBP-Zentralen in Agirî und Êlih dauern an. Gegen die Ko-Vorsitzenden der DBP in beiden kurdischen Provinzen liegen Festnahmeanordnungen vor.
Festnahme des DBP-Vorsitzenden Keskin Bayındır in Amed
Die Polizei stürmte unter anderem auch die Wohnung des Ko-Vorsitzenden der DBP, Keskin Bayındır. Seine Wohnung wurde durchsucht und der Politiker festgenommen. Er befindet sich im Moment auf der Polizeidirektion von Diyarbakır. Als Bayındır abgeführt wurde, zeigte er das Victory-Zeichen. Die Polizisten versuchten ihn mit Gewalt daran zu hindern und drückten seinen Kopf beim Einstieg ins Fahrzeug nach unten. Bayındır leistete gegen den Versuch einer öffentlichen Demütigung Widerstand.
Die DBP erklärte zu dem Angriff: „Es war schon oft zu sehen, dass wir nicht durch Repression, Verhaftungen und politischen Vernichtungsversuchen eingeschüchtert werden können. Man wird keinen einzigen Kurden, keine einzige Kurdin finden, die sich dem Faschismus beugt und einen Schritt zurückweicht. Das politische Leben der Regierung wird dafür nicht reichen.“
Solidarität durch HDP-Abgeordnete
Die HDP-Sprecherin Ebru Günay, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Meral Danış Beştaş sowie die Abgeordneten Dersim Dağ, Remziye Tosun, İmam Taşçıer und Feleknas Uca kamen aus Solidarität zur DBP-Zentrale in Amed. Die Ko-Vorsitzenden des HDP-Provinzverbands, Zeyyat Ceylan und Gülistan Atasoy, warten ebenfalls vor dem durchsuchten Gebäude.
KCK-Verfahren
Offenbar soll durch eine Neuauflage der sogenannten KCK-Verfahren die Opposition bereits vor den Wahlen ausgeschaltet werden. Nach dem großen Wahlerfolg der Vorgängerparteien der DBP und HDP, BDP/DTP, bei dem diese im April 2009 in den kurdischen Provinzen der Türkei in 99 Kommunen (zuvor lediglich in 58) gewannen, begann der türkische Staat einen Vernichtungsfeldzug gegen die kurdische und demokratische Opposition: Die sogenannte KCK-Operation. Über Tausende Menschen wurden im Rahmen der KCK-Operationen unter Terrorparagraphen festgenommen und Tausende inhaftiert.